Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Unsichere Bindung/ Trennungsangst

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Unsichere Bindung/ Trennungsangst

MiniKiwi

Lieber Dr. Nohr, mir ist bewusst, dass Ferndiagnosen kaum möglich sind aber eine Einschätzung würde momentan schon ausreichen. Ich möchte wissen ob mein Kind sicher gebunden ist. Mein Zwerg (m/2,5 Jahre) hatte schon immer große Schwierigkeiten sich zu Trennen. Explizit was mich betrifft. (Kurz zur Vorgeschichte: Es wurde bei 41+2 mit dem Wehencocktail eingeleitet und 15 Stunden später wurde er ohne weitere Interventionen geboren. Ca 2 Wochen nach Geburt wurde eine Saugschwierigkeit festgestellt; er hatte innerhalb kürzester Zeit fast 1 KG an Gewicht verloren. Durch Pre Nahrung und abgepumpter Muttermilch hat sich das aber schnell wieder gegeben.) Er hat die ersten 8 Monate praktisch nur an mir geklebt - Tags wie Nachts. Ablegen war nicht möglich oder wenn es tatsächlich mal sein musste mit (verständlich) großem Geschrei verbunden. Mittlerweile hat sich die Situation nicht großartig geändert. Er muss überall mit, bzw. läuft einfach hinterher. Sollte das mal nicht gehen steigert er sich total in die Situation rein (ich musste zu einem CT Termin wo ich ihn nicht mitnehmen konnte und meine Mutter war in dieser Zeit bei uns Zuhause. Laut Ihr stand er 1 Stunde an der Tür und weinte "Mama komm wieder" und ließ sich durch nichts beruhigen). Dieses Szenario haben wir egal in welchem Zusammenhang und unabhängig von der Zeitspanne der Trennung also auch wenn ich kurz im Keller bin. (Alle Versuche wie gezielt Verabschieden, Eieruhr etc scheitern) Det Papa ist hier keine Option da er zu 90% abgelehnt wird (mein Mann hat eine 6 Tage Woche und kommt oft erst spät heim) ; er darf nichts machen - es kommt immer "Nein, nur Mama kann das". Trennungen von seinem Papa klappen ohne "Probleme". Ist dieses extreme "Klammern" noch im so genannten Normalbereich oder tlw. abweichend? Ansonsten ist er ein aufgewecktes , neugieriges Kerlchen - solange ich in der Nähe bin. Liegt das nun einfach nur an seinem nicht ganz einfachen Start und daran dass ich hauptsächlich da bin oder evtl. daran dass er nicht sicher gebunden ist? Wie kann man diese Situationen reibungsarm gestalten? Legt bzw. gibt sich das Verhalten mit der Zeit? Er soll mit 3 hier in den Kindergarten und momentan Zweifel ich stark, dass er diesen Übergang packt. Danke für Ihre Einschätzung


Eine Einschätzung aus der Ferne ist tatsächlich mit vielen Fehlermöglichkeiten behaftet. Was mir aber auffällt ist, dass es gar keine andere Bezugsperson gibt, die zum Alltag ihres Sohnes gehört. Der Vater, der in diesem Alter zur sog. Triangulierung, also Löslösung von der primären Bezugsperson zu einer anderen mit starkem Beziehungsangebot, wichtig wäre, ist nicht da. Deshalb bleiben nur sie als sicherheitsgebende Person an der sich das Kind orientiert und festhält. Wen können sie da einführen, der auch eine ausreichende Beständigkeit und Zuwendung hat? Dieser Loslösungsprozess ist wichtig, darf aber nicht zu viel Angst auslösen, geht also nur mit Personen, die zum Alltag des Kindes gehören. Er ist auch wichtig, um die Selbstständigkeit, die Erfahrung der Selbstwirksamkeit, das Gefühl von eigener Entscheidung zu fördern. Auf dem Boden dieser Sicherheitserfahrung ist Trennung dann leichter. Wenn es da niemanden gibt kann es möglich sein, dass eine Erzieherin in der KiTa als Ersatz genommen wird. Besser wäre die Erfahrung in der Familie. Dr.Ludger Nohr


MiniKiwi

Lieber Dr. Nohr, zunächst ein herzliches Dankeschön für ihre Antwort. Das mit anderen Bezugspersonen macht Sinn bzw. Ihre Aussage ist für mich nachvollziehbar. Gestaltet sich aber leider etwas schwierig. Wir (also ich und Junior) besuchen 1 mal die Woche meine Eltern (die leider nicht gerade ums Eck wohnen ; eine Wegstrecke ca. 1 Stunde Fahrzeit). Mein Schwiegervater wohnt nur 5 Minuten entfernt hat aber immer wieder mit Depressionen zu kämpfen und ist somit auch keine Konstante- Treffen finden nur bei uns statt wenn dieser gerade " gut drauf " ist. Zur Mutter meines Mannes bestand schon vor Geburt kein Kontakt (von Ihr ausgehend) Somit wird das ganze nicht so einfach. Allgemein tut sich mein Kind schwer mit Übergängen , sei es jetzt das Kinderturnen , die Krabbelgruppe oder der Besuch meiner Eltern - Er hängt eben an meinem Rockzipfel... Danke nochmals und ein frohes Osterfest Liebe Grüße MiniKiwi


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