Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Ist eine lange Kitabetreuung schädlich?

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Ist eine lange Kitabetreuung schädlich?

NewMom13

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Hallo Frau Henkes! Danke für Ihre Zeit! Mein Sohn wird bald 4 und ist seit seinem ersten Geburtstag in der Kita bzw. Krippe. Er wird dort täglich zwischen 8 und 9 Stunden betreut und das ist so seit er ca. 1,5 Jahre alt ist. Mein Mann und ich arbeiten beide in Vollzeit. Wir sind mit der Kita sehr zufrieden. Die Erzieher*innen sind sehr zugewandt, sind stets gut über den Tagesablauf meines Sohns und kommen auf uns zu, wenn ihn etwas komisch erscheint. Es ist allerdings auch eine recht große Kita mit über 70 Kindern.  Mein Sohn ist aufgeweckt, kann sehr gut sprechen für sein Alter und hat ein paar Freunde in der Kita gefunden. Er ist eher introvertiert wie seine Eltern, aber nicht schüchtern. Ab und zu hat er zuhause einen kleinen Trotzkopf momentan und balgt sich gerne mit seinem Vater und Opa, aber anderen Kindern gegenüber wird er nie aggressiv oder würde sie (zurück-)hauen.  Ich bin Führungskraft im öffentlichen Dienst. Oft werde ich (in erster Linie von anderen Frauen) gefragt, warum ich nicht in Teilzeit arbeite. Ich antworte, dass es momentan für uns funktioniert und dass mein Sohn gut damit zurecht kommt. Aber ich frage mich auch, ob das wirklich stimmt. Zeitungsartikel reden von schrecklichen und unumkehrbaren Folgen für die kindliche Psyche. Allerdings auch von Aggression und Rückzug als Symptome, die wir an ihm noch nicht entdecken konnten. Mein Mann und ich sind in Ostdeutschland aufgewachsen und hatten ähnliche Betreuungszeiten in der Kita, viele Freunde auch. Wir finden den sozialen Aspekt der Kita super und sind überzeugt, dass dies wichtig ist für die Entwicklung unseres Sohns. Ich möchte der psychischen Gesundheit meines Sohnes nicht schaden. Sind die Gefahren durch eine lange Kitabetreuung Ihrer Erfahrung nach so präsent und tiefgreifend, wie ich es in Artikeln lesen? Ist es ohnehin schon zu spät, da wir so früh damit angefangen haben? Oder reden ich mir Probleme ein, da ich so oft durch Kolleg*innen damit konfrontiert werde? Danke im Voraus!    


Ingrid Henkes

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Guten Tag, Sie kennen und beobachten Ihren Sohn. Ihm scheint es gut zu gehen und er entwickelt sich altersgerecht. Der Kitabesuch schadet ihm also offensichtlich nicht. Sie können vermutlich nicht sicher sein, dass die Fragen Ihrer Kolleg/Innen tatsächlich dem Wohl Ihres Sohnes dienen sollen. Möglicherweise hängen sie mehr mit dem Neid zusammen, dass Sie als Frau eine Führungsposition haben, die Sie in Teilzeit vielleicht so nicht hätten. Sonst könnte man ja auch fragen, warum denn Ihr Mann nicht in Teilzeit arbeitet. Ähnlich verhält es sich mit manchen Zeitungsartikeln. Sie scheinen ein eher veraltetes Fraunbild tradieren zu wollen, indem psychische Schäden für Kinder durch die Berufstätigkeit der Mutter vermutet werden. Eine erzwungene Kinderbetreuung für ein Kind, das dazu noch nicht reif genug ist oder die Trennung noch nicht verkraftet, ist sicherlich nicht hilfreich für die psychische Entwicklung. Diese Situation besteht bei Ihrem Sohn nicht. Selbst dann haben viele Eltern heute gar nicht mehr die Wahl, ob sie ihr Kind in Fremdbetreuung geben wollen. Finanzielle Notwendigkeit erfordert oft die Berufstätigkeit beider Eltern. Eine gute Kita ist ein wichtiger Lebensraum für ein Kind, in dem es sich sicher aufgehoben fühlen kann und soziale Kompetenzen entwickelt. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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