Carokue
Guten Tag Frau Henkes Sie haben mir bereits vor einiger Zeit sehr freundlich auf meine Frage zum Thema Bindung geantwortet. Nun habe ich jedoch nochmal eine Frage, da mich das Thema immer noch sehr beschäftigt. Mein Sohn ist 10,5 Monate alt. Ich betreue ihn Vollzeit zu Hause seit Geburt. Die ersten 6 Monate hat mein Mann zu 90% die nächtliche Betreuung übernommen, da ich leider nicht stillen konnte u er mit der Flasche gefüttert wurde. Ich denke, dass wir eine gute Bindung haben. In Krabbelgruppen ist er sehr neugierig und zeigt ein schönes Maß an Selbstsicherheit und Exploration. Er kommt zwischendurch immer wieder zu mir gekrabbelt. Wenn wir unter der Woche allein sind, ist er auch auf mich bezogen, wir spielen, lachen, essen zusammen. Er zieht sich an mir hoch etc. Er zeigt Bindungsverhalten in fremden Situationen, wenn ich den Raum verlasse und sucht meine Nähe. Bis zu seinem 8. Lebensmonat konnte er gleichermaßen von mir und meinem Mann beruhigt, gewickelt und ins Bett gebracht werden. Er schien sich bei beiden wohl zu fühlen. Seit seinem 9. Lebensmonat ist es nun so, dass er vollkommen auf seinen Vater bezogen ist. Kommt er nach Hause, krabbelt er ihm aufgeregt entgegen und weicht ihm nicht mehr von der Seite. Das ist nicht nur wenn der Vater von der Arbeit kommt sondern im Grunde immer wenn er da ist. Auch an den Wochenenden ist mein Mann seine Hauptbezugsperson. Ich kann ihn weiter wickeln, füttern und ins Bett bringen etc. Es gibt dabei kein größeres Geschrei. Aber er sucht mit den Augen ständig meinen Mann, will permanent auf seinen Arm. Wenn ich ihn hoch nehme, "kämpft" er sich los und will zu Papa. Es gibt im Grunde keine Situation, in der er aktiv meine Nähe sucht. Auch nicht wenn er müde oder hungrig ist oder sich weh getan hat. Er will in jeder Situation zu meinem Mann. Er ist permanent alert und bekommt mit wo Papa sich befindet, wo er hingeht, was er macht. Er merkt wenn er den Raum verlässt, krabbelt hinterher (auch wenn ich im Raum bin) sucht ihn, freut sich sehr stark wenn er wieder da ist. Bei mir macht er nichts von alledem. Er scheint nicht zu registrieren wenn ich den Raum verlasse, freut sich nicht besonders wenn ich zurück komme. Ist mein Mann da, krabbelt er ihm oft auf die Brust, lacht ihn an, faßt sein Gesicht an, "erforscht" ihn. Das alles macht er nie bei mir. Natürlich turnt er wenn wir allein sind auch auf mir rum, kommt zu mir gekrabbelt, zieht sich an mir hoch. Aber er schaut mich selten direkt an, eher an mir vorbei. Nun frage ich mich was das bedeutet. Fühlt er sich nicht richtig wohl bei mir und sucht deshalb wenn wir zu dritt sind niemals meine Nähe? Oder ist der Vater durch die nächtliche Betreuung in den ersten 6 Monaten die primäre Bezugsperson (wiegt das nächtliche so viel mehr als die Tagesbetreuung)? Oder ist es eine frühe Loslösung von der Mutter (die Hinwendung zum Vater ging zeitgleich mit einem enormen Schub einher - krabbeln, sich hoch ziehen und stehen) ? Allein die Rarität des seltener anwesenden Vaters kann es doch nicht sein, dann würde er doch in "brenzligen" Situationen (Hunger, müde, weh getan) doch den Schutz der Mutter suchen und nicht selbst dann lieber zu meinem Mann wollen!? Auch wenn ich mich über die Bindung zum Vater freue, fühle ich mich als hätte ich als Mutter etwas falsch gemacht oder als fühlte er sich nicht sicher und wohl bei mir. Herzlichen Dank für Ihre Antwort.
Guten Tag, Sie müssen sich keine Sorgen machen, etwas falsch gemacht zu haben oder als sei Ihr Sohn bei Ihnen nicht sicher. Ich finde es immer hilfreich, die Bindung vom Kind aus zu betrachten. Ihr Sohn entwickelt sich sehr gut, zeigt altersgerechtes Bindungsverhalten, das es ihm ermöglicht, seine Umgebung zu erkunden. Das gelingt nur, wenn die Bindung gut ist. Es kommt oft vor, dass Kinder phasenweise einen Elternteil bevorzugen. Erklären lässt sich das oft nicht. Diese Bevorzugung ändert sich aber häufig auch wieder und dann wird der andere Elternteil präferiert. Mit der nächtlichen Betreung durch den Vater hat das Verhalten Ihres Sohnes vermutlich nichts zu tun. Für Ihren Sohn ist es sicher bereichernd, zu beiden Eltern eine gute Beziehung zu haben. Ihnen kann seine derzeitige Orientierung am Vater Freiräume schaffen, in denen Sie wieder mehr an sich denken dürfen. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
Ähnliche Fragen
Sehr geehrte Frau Henkes, haben Sie vielen Dank für Ihre Beantwortung der Fragen in diesem Forum. Nun zu meiner Frage: Meine Tochter ist 9 Monate alt und sehr häufig ein quengeliges Baby. Sie ist sehr auf mich bezogen und hat mal mehr, mal weniger starke Phasen des Fremdelns. Leider gibt es nunmal auch Momente, in denen sie vom ...
Liebe Frau Henkes Vielen Dank für Ihre Arbeit in diesem Forum. Mich beschäftigt schon länger etwas, mal mehr, mal weniger. Unsere Tochter ist 12 Monate alt und die ersten 10 Monate war ich Vollzeit mit ihr zu Hause. Sie ist ein total fröhliches Kind, schläft gut, isst gut (und nahezu alles) und läuft seitdem sie 10 Monate alt ist. Ein rich ...
Meine Frau und ich habe eine 16 Monate alte Tochter. In der Beziehung kam es oft zu Streit durch Fehlverhalten meinerseits. Ich habe mich so sehr auf mich selbst konzentriert, dass ich meine Frau alleine gelassen habe mit allen Situationen und schaffe es nun auch nicht zu entlasten. Sie ist sehr liebevoll und fürsorglich zu unserer Tochter, ist im ...
Liebe Frau Henkes, ich bin 38 Jahre alt, Mutter dreier Kinder (1, 4 und 7 J. alt) und leide selber unter einer generalisierten Angststörung und aktuell einer mittelschweren Depression. Vor 20 Jahren habe ich bereits eine Verhaltenstherapie gemacht, die auch vorerst gut half. Jedoch war die Zeit seit meiner ersten SS vor 8 Jahren geprägt von Äng ...
Mein Sohn ist ein absolutes Wunschkind und ich wusste von Anfang an um die Wichtigkeit sich feinfühlig und voller Liebe mit ihm zu beschäftigen und prompt auf seine Bedürfnisse einzugehen, um eine sichere Bindung aufbauen zu können. Leider entwickelte ich nach einer sehr schwierigen Geburt, bei der ich fast verstorben wäre, auch noch eine postnat ...
Sehr geehrte Frau Henkes, ich mache mir Sorgen um die Bindung zwischen meiner 10 Monate alten Tochter und mir. Schon im Krankenhaus hat meine Tochter mit mir keinen Blickkontakt aufgenommen, dafür aber mit dem Papa, der sie anfangs allein mit dem Fläschen fütterte, da ich Stillprobleme hatte. Noch lange Zeit danach hat sie nur den Papa ange ...
Guten Tag, momentan befindet sich meine Tochter (21. Monate) in der Eingewöhnung (Berliner Modell). Die ersten beiden Tage hat sie sich quasi direkt auf die Erzieherinnen eingelassen und eine Stunde gespielt+ sich nicht für mich interessiert (auch nicht wirklich geschaut); am Ende konnte ich sie zumindest ohne Protest nehmen und gehen. Am d ...
Liebe Frau Henkes, ich betreue mein Baby aktuell in Elternzeit zuhause, muss aber für 2 Monate wieder Vollzeit arbeiten gehen, wenn unsere Tochter 1 Jahr alt wird. In diesen 2 Monaten übernimmt mein Mann die Betreuung zuhause(er ist derzeit voll berufstätig, aber kümmert sich sonst viel um unsere Tochter) und danach nehme ich wieder Elternzeit. We ...
Guten Tag, ich hatte eine schwere Schwangerschaft, viele fachzentren immer wieder die Aussage alles sei topp obwohl ich spürte dass es das nicht ist. Letztlich kam meine Tochter /unterversorgt zur welt. Es war eine schwere Zeit und es gibt keine einzige schöner Erinnerung für mich an diese Zeit… nach der geburt gings ähnlich weiter die ...
Sehr geehrte Frau Henkes, seit geraumer Zeit beschäftigt mich das Verhalten unserer Tochter (15 Monate) sehr und bevor ich mich mit weiterer Google Recherche verrückt mache, wollte ich Ihnen gerne meine Beobachtungen schildern: Sie war schon immer sehr umgänglich mit fremden Personen und "pflegeleicht". Allerdings frage ich mich mittlerwe ...
Die letzten 10 Beiträge
- Trotzphase oder nicht?
- Wutausbrüche
- Bindung des eigenen Kindes undurchsichtig
- Schnuller abgewöhnen und Begleitung
- Kleinkind 3 Jahre will entfernt sich kaum 1 Meter
- Kind stiftet andere Kinder zum beißen an
- Einschlafproblem
- Tochter 9 Charakterzüge
- Eingewöhnung Kiga
- Betreuung durch Großeltern - Wutanfälle