Frage im Expertenforum Erziehung an Christiane Schuster:

Crash-Kurs Papa

Christiane Schuster

 Christiane Schuster
Sozialpädagogin
Frage: Crash-Kurs Papa

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Hallo Frau Schuster, seit fünf Wochen unterlaufe ich quasi einen Intensivkurs als Papa. Meine Freundin hat aus erster Ehe zwei Mädchen, 3 und 5 Jahre, und ich bin seitdem direkt sehr intensiv ins Familienleben eingebunden. Grundsätzlich klappt alles viel besser, als meine Freundin und ich es uns erhofft hätten. Die Kleine wollte schon am ersten Tag mit mir "verfreundet" sein und die Große hat mich nach anfänglicher Skepsis auch ins Herz geschlossen. Ablehnung habe ich nie erfahren. Die beiden kommen zum "Familienkuscheln" ins Bett, wollen mit mir spielen, malen mir Bilder, fragen nach mir, etc. Auch ihr leibliche Vater scheint bei dem Papawochenende alle 14 Tage die Kindern nicht gegen mich aufzuwiegeln, eher im Gegenteil. Insofern schätze ich mich sehr glücklich. In vielen Situationen fühle ich mich aber noch überfordert und weiß auch nicht, inwiefern ich (jetzt schon) erzieherisch eingreifen kann und vielleicht auch sollte. Bislang versuche ich nur über Freundlichkeit und Zuwendung eine möglichst gute Bindung zu den Kindern aufzubauen und überlasse jegliche Disziplinierung der Mutter. Auf Dauer kann das aber bestimmt nicht die Lösung sein. Folgende Probleme sehe ich derzeit, an denen ich gerne "arbeiten" würde. Ich weiß allerdings nicht wie. Als Ursache dafür vermute ich zumindest teilweise, dass meine Freundin nach der Trennung von ihrem Mann vor einem Jahr und dem Auszug aus dem Haus den Kindern einerseits zur Kompensation alles "zu recht" machen wollte, sie andererseits aus der eigenen Stresssituation heraus auch ab und an nicht gelassen genug im Umgang mit den Kindern war, auch schon mal "explodiert" ist, wenn die Kindern ihr zu sehr auf der Nase herum getanzt sind. Ständige Problemfelder: 1. Die Große ärgert die Kleine, schubst sie, bespuckt sie, haut sie, nimmt ihr Sachen weg, gibt ihr Sachen nicht, beharrt unnötig und zu sehr auf ihr Eigentum. Nichts dramatisch, aber kleine, unschöne Nickeligkeiten. Die Kleine weint, schreit, rennt zur Mama und "petzt". Für uns als Eltern ist das auf Dauer sehr stressig, und wir wissen nicht so recht, was wir tun können. 2. Wir müssen arbeiten, aber die Kinder trödeln. Beim anziehen, beim Frühstücken, beim Zähneputzen. Entweder, wir helfen bei Sachen, die die Kinder schon längst alleine können, oder wir kommen zu spät zur Arbeit. Was können wir da tun? 3. Beide Kinder gehen immer zwischen 20 und 21 Uhr nach der Gute Nacht Geschichte zu Bett. (Ist die Zeit eigentlich angemessen?) Die Kleine schläft sofort ein und durch. Die Große schläft nie sofort ein, kommt 3-15 Mal aus dem Bett "Mama, ich kann nicht schlafen", meistens schon nach zwei Minuten. Unabhängig davon, ob wir den ganzen Tag zu Hause waren oder unterwegs im Wald. Es wird zunehmend zum Ritual, die Mama reagiert verständlicherweise zunehmend gereizter. Am nächsten Morgen kommt die Große um 7 Uhr schlecht aus dem Bett, die Kleine ist häufig schon 10 Minuten vor dem Wecker wach. Was können wir tun? 4. Beide Kinder sind mit dem Essen sehr mäkelig. Manchmal probieren sie noch, häufig nichtmal das. Ich habe häufig dass Gefühl, dass sie sich fast ausschließlich von Beilagen wie Pommes und Nudeln ernähren. Dazu erquengeln sie sich im Laufe des Tages meistens noch Kekse, Eis und Bonbons. Letzteres haben wir in den letzten Wochen zwar schon stark reduziert, aber am Essverhalten hat sich nicht viel geändert. 5. Die Kinder verstehen kein Nein, insbesondere die Kleine nicht. Natürlich beschränken wir die Zeit vor dem Fernseher mit DVDs und Wii stark, aber wenn die Kinder das oder anderes wollen und wir es verweigern, dann wird oft minutenlang nachgefragt, geweint und gequengelt. Am Ende ist die Mama die "doofste Mama der Welt" und "nicht mehr meine Freundin". Ist das völlig normal und sollten man das Gequengel einfach ignorieren? Das ist jetzt etwas länger geworden, aber ich hoffe und freue mich trotzdem über eine erhellene Antwort. Über ein paar Buchtipps für meine Situation würde ich mich natürlich auch freuen! Einen ganz lieben Gruß Momo.


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Hallo Momo Zunächst einmal empfehle ich Ihnen darauf zu achten, dass Sie über Ihre Beobachtungen zunächst mit Ihrer Freundin sprechen und Sie mit ihr gemeinsam über die ihr und Ihnen wichtigen Eckpunkte bezügl. der Erziehung der Kinder sprechen. Achten Sie gemeinsam mit ihr darauf, dass Sie auf jeden Fall im Beisein der Kinder auf gleiche Weise reagieren. Hat Ihre Freundin Etwas gesagt, sollten Sie nicht widersprechen, auch wenn Sie anderer Meinung sind. Für eine Diskussion bleibt sicherlich noch genügend Zeit, wenn die Kinder nicht anwesend sind, bzw. bereits schlafen. Die KInder werden sonst versuchen, den Einen gegen den Anderen auszuspielen; zwar nicht, um Sie oder Ihre Freundin zu ärgern, sondern um das Beste für sich "rauszuschlagen". Zu 1. Bitte achten Sie darauf, dass das ganz persönliche Eigentum eines jeden Kindes von allen übrigen Familienmitgliedern respektiert wird. So kann für jedes Kind eine ganz persönliche Spielkiste, ein persönliches Regalfach o.Ä. zusammengestellt werden, wie auch eine Kiste, ein Regal,... für die Allgemeinheit. Machtkämpfchen unter Geschwistern sind grundsätzlich wichtig, damit Jedes seine ganz persönliche Position findet und zu verteidigen lernt. Dennoch braucht weder gehauen, noch geschubst oder gar gespuckt, aber auch nicht "gepetzt" zu werden. Bieten Sie nach einem bestimmten und kurz begründeten Nein eine geeignete Handlungs-Alternative an. So können Sie das ausgezeichnete Sprachverhalten beider Kinder loben und darauf hinweisen, dass sie sagen können, was ihnen nicht gefällt, sodass ggf. gemeinsam nach einer Konflikt-Lösung gesucht werden kann. Zu 2. Gestalten Sie das Anziehen usw. spielerisch, nachdem Sie den Kindern genügend Zeit gelassen haben, um sich von einer Situation: Schlafen auf die Nächste: Wachen umstellen zu können. Stellen Sie z.B. 2 Wecker. Zu 3. Passt die derzeitige Schlafenszeit zu den allgemeinen Gewohnheiten und sind Kinder wie bezugspersonen mit dieser Lösung überwiegend einverstanden, brauchen Sie durch sanftes Verschieben auch nichts zu verändern. Damit die Kinder erntspannt einschlafen können, achten Sie bitte auf einen möglichst geregelten, wenig aufregenden Tag mit möglichst einer Ruhepause um die Mittagszeit und dem stets gleichen Einschlafritual. Dieser geregelte Tagesablauf ermöglicht den Kindern ein sicheres Orientieren und sie kommen nicht überreizt ins Bett. Fällt das Einschlafen dennoch schwer, erlauben Sie evtl. im Bett noch das Anhören eines altersgerechten Hörspiels, sanfter Musik oder Kinderlieder. Zu 4. Nehmen Sie die Mahlzeiten möglichst gemeinsam mit den Kindern ein, bereiten Sie (oder Ihre Freundin) die Speisen abwechslungsreich, kindgerecht und appetitlich zu und richten Sie sich auch mal nach den Essens-Wünschen der Kinder. Lassen Sie es zur Gewohnheit werden, dass konsequent am Tisch gegessen wird und dass es Süßes als Nachtisch oder zu besonderen Gegebenheiten gibt. Extra-Essen gibt es nicht (außer bei Krankheit, Zahnverlust, Unwohlsein). Wer nicht isst, scheint keinen Hunger zu haben und kann auch konsequent bis zur nächsten Mahlzeit warten! Zu 5. Haben Sie begründet, warum Etwas zeitlich begrenzt wird und die Kinder quengeln o.Ä., weisen Sie 1 Mal (!) möglichst gelassen darauf hin, dass die Quengelei auch nicht weiterhelfen wird, bevor Sie das unzufriedene Verhalten der Kinder so gut es geht ignorieren. Das "doofe Mama" usw. registrieren Sie achselzuckend, da es nur für den konkreten Augenblick gilt, sehr spontan, aber auch erfrischend ehrlich ist.:-)) Nun konnte ich Ihnen hoffentlich ein wenig weiterhelfen, obwohl Sie stets berücksichtigen sollten, dass die familiäre Situation, wie auch jedes Kind auf Grund der Individualität aus der Ferne nur schwer einzuschätzen sind. Liebe Grüße und: bis bald?


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Hallo, und sorry, wenn ich Frau Schuster vorgreife... Es ehrt dich sehr, dass du dir so viele Gedanken machst und dich so gut wie möglich einbringen möchtest - ich finde das toll. Was die Probleme angeht, so sind die in fast jedem Haushalt zu finden, alles ziemlich normal für das Alter der Beiden. Ich will man detaillert drauf eingehen: 1. Wenn die Mädchen streiten, möglichst nicht schimpfen oder Partei ergreifen, sondern eine Lösung finden. Beide fragen, was passiert ist, um herauszufinden, wo das Problem überhaupt liegt. Wenn sie dann selbst noch keine Lösung finden, könnt ihr eine vorschlagen (z.B. jetzt spielst du 10 Minuten mit der Puppe, dann deine Schwester oder so in der Art) 2. Mehr Zeit einplanen und das Ganze spielerisch gestalten (wer hat die Schuhe zuerst an? oder das Spiel "Hilfe, wir kommen zu spät" und alle beeilen sich ganz doll), ist nicht einfach und klappt nicht immer, aber generell sollte man sich seine eigene Hetze nicht so anmerken lassen, weil das die Kinder eher zu noch mehr Trodeln animiert. 3. Darf sie noch im Bett was spielen, Bücher ansehen, eine CD hören? Bei uns kommt das auch immer mal wieder vor, das sind oft nur Phasen. Konsequent ins Bett zurückbringen, freundlich bleiben (auch wenn das wirklich nervt, dass sie ständig wieder ankommt), wenig reden und immer wieder betonen, dass ihr nebenan seid, jetzt aber andere Dinge zu tun habt und sie gerne noch was lesen/hören kann in ihrem Bett. 4. Ihr könntet die Regel einführen, dass jeder immer probieren muss (da er sonst nicht weiß, wie es schmeckt - und jedes Essen kann immer wieder anders schmecken!), wenn er dann nichts essen möchte, muss er nicht - dann gibt es aber bis zur nächsten Mahlzeit nichts Süßes, Eis oder Kekse. Dabei wirklich konsequent sein (auch wenn man woanders ist und alle anderen dürfen was Süßes). Und ihr könntet abmachen, dass sich jeder einmal die Woche sein Lieblingsessen aussuchen darf, die restlichen Tage bestimmt ihr, was es gibt. 5. Richtet Zeiten ein, zu denen TV geguckt werden darf, am besten jeden Tag zur gleichen Zeit, dann haben die Kinder was, wonach sie sich richten können und ihr könnt das Gequengel, Weinen, Nachfragen freundlich damit abtun, dass die Fernsehzeit erst später ist. Ansonsten kann ich die Bücher ovn Jesper Juul empfehlen, z.B. "Nein aus Liebe" oder "Das kompetente Kind". Viel Erfolg, Anja


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