Hallo Herr Posth,
bei unserem 2 jährigen Sohn gibt es zwei Verhaltensweisen, die wir uns nicht erklären können. Die eine ist, dass er anfängt mich zu schlagen, wenn er sich weh getan hat. So, als ob er mir die Schuld dafür geben würde, dass er sich weh getan hat. Wenn ich dann weg gehe, weil ich mich nicht schlagen lassen möchte, dann läuft er panisch hinter mir her und erkennt, so glaube ich, dass er etwas falsch gemacht hat. Was hat dieses Verhalten zu bedeuten und wie soll ich damit umgehen?
Die zweite seltsame Verhaltensweise ist, dass er richtige Wutanfälle bekommt, zum einen, wenn er sich weh tut und zum anderen, wenn wir etwas verbieten. Sie sind so stark, dass er sich schon mal übergeben hat von seinem starken Weinen. Ist das die Trotzphase, die so stark bei ihm ausgeprägt ist?
Vielen Dank schon mal für Ihre Hilfe. Wir wissen nämlich so langsam nicht mehr weiter und ob sich sein Verhalten im Rahmen des Normalen bewegt.
Viele Grüße
Joanna Wodniok
von
Jojo166
am 03.06.2013, 08:08
Antwort auf:
Wutanfälle und Schlagen bei 2 jährigem
Liebe Joanna W., das ist in der Tat Trotzverhalten, das Ihr Sohn da zeigt, und er braucht dieses Trotzen für die Ausbildung seiner Selbstvorstellung und seiner sich entwickelnden Persönlichkeit. wie man mit Trotz am besten umgeht, dazu gibt es hier im Forum einmal den gezielten Suchlauf, wo Sie unter dem Stichwort "Trotz" viele erklärende Antworten finden. Zum anderen gibt es den ausführlicheren Text unter dem Stichwort "Das emotionale Bewusstsein" im Teil 3. Denn mit wenigen Worten lässt sich das ganze Trotzgeschehen nicht beschreiben.
Das Phänomen, das Sie zuerst beschreiben, hängt mit einer neuen Erfahrung Ihres Sohnes zusammen. Diese Erfahrung lautet: ein Verhalten meinerseits (Ungeschicklichkiet) fügt mir etwas zu, dass mir Schmerzen bereitet. Bislang konnte er sich nicht vorstellen, dass das so sein kann bzw. er hat es zwar wahrgenommen, aber für gegeben hingenommen und nicht danach gefragt, warum das passiert ist. Jetzt mit 2 Jahren aber lernt er die Welt besser verstehen und sucht Gründe und Ursachen dafür (Kausalprinzip). Dabei erkennt er, dass er verletzlich ist und Schmerzen durch Zusammentreffen mit Gegenständen etc. erlebt. NUn ist er sich unsicher, wie er reagieren muss (außer es schmerzt ihn so sehr, dass er auschließlich mit dem Schmerz beschäftigt ist). Um das nun verstehen zu lernen, fügt er Ihnen als seiner Huaptbezugsperson etwas zu, dass dem Erlebten etwa gleichwertig ist und will von Ihnen erfahren, wie Sie denn auf so etwas reagieren. Und so wird er dann auch reagieren. Weichen Sie ihm nun aus und lassen ihn stehen, weil Sie sich provoziert fühlen, lernt er natürlich nichts außer, dass Sie jetzt auch noch "gegen ihn sind". Im schlimmsten Fall bricht er in einen Trotzanfall aus, weil er alles gegen sich gerichtet sieht. Halten Sie diesen "Schlag" aber tapfer aus" und zeigen ihm, dass es gar nicht so weh tut und Sie nicht weinen müssen, dann lernt er, dass er es auch nicht tun muss. Sagen Sie ihm trotzdem aber, dass Sie es nicht gut fänden, dass er Sie schlägt, weil Ihnen das tatsächlich weht tut (obwohl Sie nicht weinen) und hindern Sie ihn am Schlagen, falls er das zu oft macht (z.B. aufgrund angeborener Aggression, die er jetzt entdeckt). Ist Ihr Sohn dann etwas älter, können Sie diese "Angriffe" ausnutzen, die entstehende Empahtie zu verstärken (s. "Induktion" wieder im gezielten Suchlauf). Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 05.06.2013