Mami_seit_2015
Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, meine Tochter (fast fünf) fragt meinen Mann und mich seit einiger Zeit, wie denn bestimmte Lebensmittel hergestellt werden. Bisher haben wir ihre Fragen immer gut beantworten können. Irgendwann kam natürlich auch die Frage nach dem Fleisch und der Wurst. Zunächst begnügte sie sich mit ausweichenden Antworten ("Aus Schwein / Rind / Huhn..."). Als sie gezielter nachfragte, haben wir uns um eine altersgerechte, möglichst unblutige Antwort bemüht, die den Tötungsprozess zwar weg ließ, aber die Tötung an sich natürlich beinhaltete. Seitdem bricht sie regelmäßig in Tränen aus wenn wir Fleisch zubereiten und isst von dieser Mahlzeit nur das Gemüse ("Ich will keine Tiere essen!"). Wenn sie den Verarbeitungsprozess nicht vorher gesehen hat, isst sie das Fleisch. Ich fühle mich dann immer als würde ich sie betrügen, nehme das aber in Kauf, weil ich es wichtig finde, dass sie tierische Eiweiße zu sich nimmt. Haben Sie einen Tipp für uns wie wir gut mit der Situation umgehen können? Viele Grüße aus Berlin, Julia.
Dr. med. Ludger Nohr
Liebe Julia, wahrscheinlich wären Sie mehr erstaunt, wenn Ihrer Tochter egal wäre, wenn Tiere dafür sterben müssen, damit wir Fleisch essen können. Oft ist in diesem Alter das Mitleid mit Tieren groß, weil diese meist als lieb, niedlich, sanft o.ä. erlebt werden. Und ist es nicht auch spannend, wie schnell wir an die Grenzen unserer "Erklärungsmodelle" kommen, wenn uns die Kinder nach Alltäglichem fragen? Was soll erst sein, wenn sie Tiertransporte oder Tierhaltung sehen müssen, die wir Erwachsenen schlimm finden, und schnell wieder verdrängen. Dabei könnte die Frage Anlass sein mal zu schauen, welche Mengen Fleisch eigentlich ernährungsphysiologisch günstig sind. Ich würde versuchen, mit ihr ins Gespräch zu kommen (das geht mit 5j. schon gut), sehen was sie berührt, ihr wichtig ist und was sie verstört. Welche Rolle spielen Tiere für uns, wie gehen wir mit ihnen um usw.? Und dann kann man gemeinsam zu Lösungen kommen, die vielleicht tatsächlich für die ganze Familie richtig und gesund sind. Es geht also nicht um beschwichtigen oder "betrügen", sondern darum, die Frage wirklich ernst zu nehmen. Ernst genommen werden als Kind ist eine wichtige Erfahrung. Dr.Ludger Nohr
cube
Mama-Antwort :-) 1. Hätte deine Tochter gesagt, sie will vegan leben, das wäre ein Problem. Dann müsstest du dich gut auskennen und entsprechend supplementieren. Vegetarisch leben zu wollen, ist hingegen kein Problem für die Entwicklung. In allen KiGas und auch Schulen können Kinder zwischen vegetarischem oder fleischhaltigem Essen wählen. Auch in denen, die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zertifiziert sind. Tierisches Eiweiß ist so vielen Lebensmitteln enthalten (zb. Eier, Milch etc) - selbst in Gummibärchen (tierisiche Gelantine) - also Fleischverzicht heißt eh nicht, komplett auf tierisches Eiweiß zu verzichten. Das wäre dann eben vegan. 2. Deine Tochter merkt also gar nicht, dass in der Bolo Hackfleisch ist oder lügst du dann sozusagen auf Nachfrage bzw. redest dich irgendwie raus? Wenn euer Tochter das gerade (sowas kann sich auch schnell wieder ändern) so wichtig ist, würde ich sie da auf keinen Fall belügen oder beschummeln. Irgendwann wird sie es merken und das wäre ein großer Vertrauensbruch. Redet doch lieber mit ihr darüber, wies sie darauf gekommen ist (Freundin isst kein Fleisch? Im KiGa hat irgendwer etwas dazu gesagt oä kann ja auch der Hauptauslöser sein), warum ihr das so wichtig ist etc. Und evt. könnt ihr auch einen Kompromiss schließen: wenn Fleisch, dann wirklich Bio. Also die Tiere wurden gut gehalten, zB freilaufende Hühner, Fleisch vom Bio-Bauern etc. Es scheint ihr ja um die Tiere zu gehen, die schlecht gehalten werden. Da kann man ja auch gut erklären, dass dies bei Billig-Fleisch so ist, dass es aber auch Betriebe gibt, in denen die Tiere ein gutes Leben haben.
wundertuete
Hallo! Ich bin ebenfalls Mutter einer Tochter und hoffe, dass du nichts dagegen hast, wenn ich hier meinen Senf dazugebe. Vegetarische Ernährung ist für Kinder aus ärztlicher Sicht unbedenklich, solange sie abwechslungsreich ist. Hier gibt es eine Stellungnahme der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu diesem Thema: https://www.kindergesundheit-info.de/themen/ernaehrung/1-6-jahre/vegetarische-ernaehrung/ Tierisches Eiweiß ist nicht nur in Fleisch, sondern auch in Milch, Käse, Joghurt, Butter, Eiern etc. enthalten. Nur Gemüsebeilagen zu essen ist natürlich zu einseitig. Morgens (zuckerfreies) Müsli mit Milch oder ein Frühstücksei, nachmittags Naturjoghurt mit frischem Obst, zur Gemüsebeilage mittags ein Vollkornbrot mit Butter/Frischkäse/Käse und ein Glas Orangensaft (verbesserte Eisenaufnahme), und schon hat deine Tochter ordentlich tierisches Eiweiß zu sich genommen, ohne dass du wesentlichen Mehraufwand hättest und selbst mittags auf Fleisch verzichten müsstest. Im Kartoffelbrei stecken auch Butter und Milch, im Kuchen Eier etc. Und es gibt sehr viele ausgewogene klassisch-vegetarische Gerichte, die der ganzen Familie schmecken und eben öfter mal auf den Tisch kommen könnten (Linseneintopf, Senfeier, Kartoffeln mit Kräuterquark, Omelett, Käsespätzle, ach, mir fällt da noch viel mehr ein). Es gibt auch viele kreative und ebenfalls gesunde Abwandlungen der klassischen Fleischgerichte, z.B. Linsen-Bolognese, Kichererbsen-Bratlinge, Pilz-Frikassee, Bulgur-Chili etc. Objektiv gesehen gibt es keinen Grund, deiner Tochter heimlich Fleisch zu verabreichen, sofern du auf abwechslungsreiche Ernährung achtest (was man ja auch bei Fleischkonsum tun sollte). Sprich auch gern mit eurem Kinderarzt über deine Sorgen. Ich persönlich würde das Vertrauen meines Kindes nicht dadurch aufs Spiel setzen wollen, dass ich ihre Gefühle zu bestimmten Produkten nicht ernst nehme und ihr heimlich etwas unterjubele. Du schreibst ja selbst, dass es dir wie Betrug vorkommt, und das ist es objektiv gesehen auch. Früher oder später wird deine Tochter merken/verstehen, dass die Klümpchen in der Bolognese-Sauce Fleisch sind. Wie soll sie dir in anderen Belangen vertrauen, wenn sie sich in diesem Punkt hintergangen fühlt?
cube
Unser Kind hatte auch so eine Phase - ich sage Phase, weil sich das von selbst auch wieder erledigte. Wir haben dann (eh wenig Fleisch essend , ca. 1x wöchentlich) vegetarische Wurst, Veggie/Vegan-Burger etc gekauft. War auch lecker nebenbei gesagt. Nach ein paar Monaten kam dann "können wir mal wieder richtige Wurst kaufen? Salami?". Und seit dem ist Fleisch zwar wieder Bestandteil, aber wie gesagt, essen wir eh wenig Fleisch und dann eben soweit als möglich vom Bio-Metzger.
oktopus
Hallo Julia, meine Töchter haben in dem Alter ebenfalls beschlossen, kein Fleisch mehr zu essen. Wir haben mit dem Kinderarzt gesprochen, der keine Einwände hatte, es so zu machen. Ich dachte erst, es wäre eine Phase, aber die Beiden sind heute 11 Jahre alt und immer noch überzeugte Vegetarierinnen. Der Rest der Familie inzwischen auch ;-).
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