Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Bindung Arzt

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Bindung Arzt

Efeu1889

Hallo Herr Dr Nohr, Ich habe zwei Fragen: 1)Unsere Tochter ist jetzt 8 Wochen alt, ich habe Elternzeit genommen und sollte so die Hauptbezugsperson werden. Jetzt ist es durch Corona so, dass der Vater im Homeoffice arbeitet, wahrscheinlich auch noch mehrere Monate. So ist der Vater auch die ganze Zeit da und beschäftigt sich mit der Kleinen. Ist es so trotzdem möglich die Hauptbezugsperson zu werden bzw. ist es überhaupt nötig, dass das jetzt eine Person ist? Wenn ja, wie kann man das trotzdem erreichen? Ich Stille zumindest voll. Vater aber auch sehr liebevoll. 2)Am Montag ist die erste Impfung meiner Tochter, da wird sie ja wahrscheinlich weinen und schmerzen haben und ich kann es nicht verhindern. Schadet das der Bindung? Ich wollte sie während der Impfung auf dem Arm halten und direkt trösten, sie bekommt aber 2 Impfung, besser beide schnell hintereinander weg oder Pause nach der ersten und erstmal trösten und dann die zweite? Danke! Viele Grüße Efeu


Hallo, es ist keinesfalls ein Nachteil zwei primäre Bezugspersonen zu haben. Trotzdem wird das Kind unterschiedliche Beziehungen eingehen (allein schon durch das Stillen), werden die Personen unterschiedlich erlebt. Das ist aber kein Problem, im Gegenteil, es ist ein besonderer Vorteil, zwei Menschen so nahe und vertraut zu haben. Zum Impfen: Bindung entsteht ja nicht nur durch gemeinsamen Sonnenschein, sondern wird auch durch das gemeinsame Überstehen unangenehmer Situationen gestärkt. Aus Sicht des Kindes ist es erstmal unverständlich, dass Sie den Schmerz nicht verhindern und dann angenehm, dass Sie zum Trösten da sind. Letzteres überwiegt dann in der Erinnerung. Deshalb glaube ich, dass man das Unangenehme kurz hinter sich bringt und dann tröstet, sonst hat man den Ablauf zwei Mal. Irgendwann können die Kinder auch den Sinn verstehen und dann wird der Ärger auch nicht mehr Ihnen zugeordnet. Dr.Ludger Nohr


Mamamaike

Hallo, ich kann Dir von uns berichten. Mein Mann ist seit der Geburt viele Stunden am Tag zu Hause und genauso Bezugsperson unseres Sohnes wie ich (mittlerweile erweitert um die Großeltern, besonders die Opas). Ein Kind kann sehr gut damit umgehen, wenn es verlässliche Beziehungen zu mehreren Personen hat, das "muss" sich nicht nur auf die Mutter beschränken. Im Gegenteil: Stell Dir mal vor, Du würdest kurzfristig "ausfallen" (durch zB Krankenhausaufenthalt), da ist es nur gut, wenn das Kind auch Vertrauen und eine Bindung zu anderen hat. Zur Impfung: Natürlich ist es weder angenehm, geimpft zu werden, noch dabei zuzusehen, wie das Kind leidet. Aber es ist eben notwendig. Aus Erfahrung kann ich Dir aber sagen: Das schadet der Bindung nicht. Bei unserem Arzt war es immer so, dass beide Impfungen schnell hintereinander gegeben wurde, ich habe währenddessen und danach getröstet und direkt danach gestillt zur Beruhigung (besser nicht vorher, zumindest bei uns). Ich habe meinem Kind (und mir) seit der 1. Impfung immer gesagt: "Impfen tut weh und man muss weinen, aber wenn man alle Krankheiten bekommt, ist das schlimmer und man muss mehr weinen." Selbst heute (er ist jetzt 22 Monate alt), nimmt er mir bzw seinem Vater das Impfen nicht übel - er weint und wehrt sich, lässt sich hinterher aber gut trösten (mit Kuscheln, seinem Lieblingsgetränk Wasser und einem Stück Bretzel). Viele Grüße


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