Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Erziehung Kita + Bemutterung

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Erziehung Kita + Bemutterung

Diana5

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Der Kinderarzt hat festgestellt, dass meine Tochter(1) sich manipulativ verhält, zurückzuführen auf Überbemutterung. Ich bin aber leider irgendwie führungsschwach. Und mir wurde als Kind der Wille gebrochen. ZB als ich mit 3 Jahren das Essen eingestellt habe, hat man mir in der Klinik zwangsweise Essen reingestopft. Das schlimmste war, dass meine Mutter dabei stand und es geschehen ließ. Ich sehe dieses Bild heute noch manchmal. Ich will den Willen meiner Tochter nicht brechen. Andererseits will ich keine Tyrannin "heranziehen", die mir auf der Nase herumtanzt. Der Kinderarzt meinte, ich könnte sie täglich 2 Stunden in die Kita geben, dort sei sie nicht der Mittelpunkt der Welt (aber nicht länger wegen Mutter-Kind-Bindung). Unsere Kita bietet aber nur mindestens 4 Stunden täglich (oder gar nicht). Meinen Sie aus kinderpsychologischer Sicht, dass es meiner Tochter auch gut tun könnte, wenn sie 4 Stunden täglich in der Kita ist? Wie sehen Sie das mit dem Willen-Brechen: Wenn ich Zähneputzen "muss", mein Kind aber schreit und sich mit aller Kraft wehrt, welche Alternative habe ich zB, als die Zahnbürste mit Zwang zu benutzen? Was mache ich, wenn ich dem Kind psychisch nicht schaden will, die Zähne aber ja irgendwie putzen muss und sie für an den Verstand gerichtete "Vorträge" über Kariesprophylaxe noch zu jung ist??


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Hallo Diana, ich kann die Einschätzung des Kollegen aus der Ferne nicht beurteilen. Es kann aber sein, dass sein Vorschlag Sinn macht, dann sollte er auch ermöglichen, dass das in diesem Fall auch in der KiTa umgesetzt werden kann. Zum zwingen oder nicht gilt Folgendes: Es ist selten (z.B. medizinisch) nötig. Meist gelingt es einem sein Ziel (z.B.Zähneputzen) zu erreichen, wenn man es beharrlich verfolgt. Das heißt das Kind lernt, dass auch ausdauerndes sich weigern nichts bringt, weil das Thema jeden Abend neu da ist. Auch gelingt es oft spielerisch ("es war einmal eine Zahnbürste, die fand keine Zähne mehr zum putzen und war sehr traurig......") oder mit Handel ("erst putzen wir die Zähne und dann gibt es eine besondere Geschichte" o.ä.) solche Situationen zu meistern. Und wenn mal einen Abend keine Zähne geputzt werden, dann ist das kein Drama, aber morgen steht die Frage wieder an. Zähne putzen hat für Kinder keinen Reiz, noch macht es für sie Sinn und doof ist es auch (wie vieles andere). Deshalb müssen wir da unsere Phantasie nutzen, sinnvolle, aber wenig angenehme Tätigkeiten schmackhaft zu machen. Also nicht zwingen, nicht alles akzeptieren und beharrlich und phantasievoll das Ziel verfolgen. Dr.Ludger Nohr


Diana5

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Also er hat es daran festgemacht. Er hat versucht, ihr in die Ohren zu leuchten. Dabei hat sie geschrien und mit den Händen das Gerät abgewehrt. Wenn er das dann weggenommen hat, war sie sofort wieder tiefenentspannt. Und wenn ein Kind wirklich Angst hat, dass eine Untersuchung zum Beispiel schmerzhaft sein könnte, dann wäre sie nicht so schnell wieder ganz normal. Also hat sie quasi gelernt, unbewusst zu manipulieren, indem sie im richtigen Moment schreit und zappelt. Und der Mittelpunkt meiner Welt ist sie wirklich. Jede der beiden Omas hat sie jede Woche ein Mal für 2 Stunden, und dort ist sie auch der Mittelpunkt der Welt. Meine Mutter kann sie nicht häufiger nehmen, weil sie Vollzeit beschäftigt ist. Meine Schwiegermutter meinte, meine Tochter mit ihrem extrem aktiven Forschungs- und Bewegungsdrang sei für sie nicht öfter oder länger zu händeln, weil sie schon über 60 ist... (Besonders einfach ist die kleine willensstarke Persönlichkeit ja übrigens auch nicht). Wir besuchen ein Mal wöchentlich zusammen die Krabbelgruppe für 1 Stunde; dort ist sie für die anderen Kinder nicht der Mittelpunkt der Welt, aber das ist ja nur eine Stunde in der Woche. Wenn ich das richtig verstanden habe, besteht die Sorge darin, dass sie dadurch das Gefühl hat, alles richtet sich nach ihr. Das wirkt wohl negativ auf ihr Sozialverhalten. Und das könnte dazu führen, dass sie später keine Freunde findet. Also sollte sie auch mal erleben, dass sie nicht der Mittelpunkt der Welt ist. So habe ich es verstanden und es erscheint mir logisch. Und ich will ja das Beste für sie und ihre Zukunft. Nur ich selber werde immer rennen, wenn sie schreit, ich kann nicht anders. Deswegen eine ganz kurze Fremdbetreuung, die die Mutter-Kind-Bindung nicht erschwert, aber trotzdem diese anderen Eindrücke zulässt. Sehen Sie dazu eine Alternative? Ich habe mir noch etwas überlegt: Ist eine Tagesmutter-Betreuung vielleicht irgendwie "schonender" für ein so kleines Kind als eine Kindertagesstätte? Weil eine Tagesmutter wirkt auf mich so ein bisschen mehr wie eine "natürliche" Betreuungsform, so ähnlich als wenn eine Großmutter oder Tante da wäre, die jeden einzelnen Tag bereit wäre, sie für 1-2 Stunden nehmen übernehmen würde, so wie früher in den Großfamilien.


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Liebe Diana, es ist kein Nachteil (im Gegenteil) für ein Kind, für die Mutter der Mittelpunkt der Welt zu sein. Schwierig kann das werden, wenn die Eigenbewegung, das Lösungen selbst finden, das Erlebnis der Eigenmächtigkeit eingeschränkt werden. Sowohl das alles abnehmen als auch das alles zulassen machen Lernschritte schwierig. Insofern kann die Idee mit der Tagesmutter eine Ergänzung zu der wesentlichen Beziehung und Bindung zu Ihnen sein. Dr.Ludger Nohr


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