Wie kann ich die Eingewöhnung bei der Tagesmutter positiv fördern?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Wie kann ich die Eingewöhnung bei der Tagesmutter positiv fördern?

Sehr geehrte Frau Ubbens, vorab: entschuldigen Sie bitte den langen Text. Meine Tochter ist 1,5 Jahre alt und wird seit Anfang August bei der Tagesmutter (insgesamt 5 Kinder) eingewöhnt. Meine Tochter hatte aufgrund der Corona-Pandemie kaum Kontakte, wurde ausschließlich von uns betreut. Wurde immer getragen, nie schreien gelassen, schläft im Familienbett, stillt noch abends/nachts. Verwandtschaft hat sie eher selten gesehen, zum einen wegen der Pandemie, aber auch, weil diese größtenteils relativ weit entfernt lebt. Gefremdelt hat sie schon seit sie 3 Monate alt ist. Mit Oma und Opa kommt sie jetzt langsam zurecht, diese wohnen aber wie gesagt weit weg und sie sieht sie nur sehr unregelmäßig. Leider funktioniert die Eingewöhnung bei der Tagesmutter bisher sehr schleppend. Wir machen eine sanfte Eingewöhnung. Nach nun 4 Wochen (eine Woche davon war Pause aufgrund von Krankheit) ist sie immernoch extrem anhänglich. Es gab noch keinen Trennungsversuch. Sie ist fast immer nur bei mir, klettert auf mich drauf, hält sich an meinen Beinen oder meiner Hand fest - sie vergräbt sich oft regelrecht in mir. Geht selten alleine Spielzeug holen und wenn doch, dann kommt sie schnell wieder zu mir zurück. Ich merke, dass sie schon auch das Interesse daran hat, was die anderen Kinder mit der Tagesmutter spielen, aber sie traut sich einfach nicht alleine dort hin. Setze ich mich mit zu den anderen Kindern, bleibt sie trotzdem nur auf meinem Schoß. Wenn ich zu sehr versuche passiv zu sein und mich auf Abstand setze fühlt sie sich merklich unwohl oder weint, streckt die Hände nach mir aus und signalisiert mir, dass ich zu ihr kommen soll. Ich weiß einfach nicht was ich machen kann, um sie gut zu unterstützen. Ich soll einerseits passiv sein und darf sie dort nicht zu sehr unterhalten, mit ihr spielen oder animieren. Andererseits möchte ich sie nicht abweisen, zu oft hatte ich schon das Gefühl, dass ich nicht auf sie eingehen kann/darf. Eine Eingewöhnung unter Tränen wäre das schlimmste für uns. Mir fällt die Eingewöhnung sehr schwer, gerne würde ich loslassen können. Ich versuche immer positiv zu sein, erzähle im positiven von der Tagesmutter und kündige freudig an, dass wir wieder zu der Tagesmutter fahren. In den letzten 4 Wochen gab es auch ein paar kleine Fortschritte, das möchte ich auch gar nicht kleinreden. So lässt sie sich mittlerweile schon auch von der Tagesmutter anfassen, wie zum Beispiel das Lätzchen ummachen oder füttern. Manche Dinge funktionieren nach kurzem Protest, wie das Anziehen für das draußen spielen oder das Wickeln. Aber dennoch sucht sie immer wieder den Kontakt zu mir (und dies verstärkt nach Situationen, in denen sie in Kontakt mit der Tagesmutter war - wie die erwähnte Wickelsituation oder das Anziehen unter anfänglichen Protest). Momentan sehe ich es leider noch gar nicht, dass sie irgendwann mal alleine dort bleibt. Ich muss aber Ende Oktober wieder arbeiten gehen, habe keine Möglichkeit dies zu schieben. Ebenso kann niemand anders die Eingewöhnung übernehmen. Ich hatte mir schon extra viel Zeit eingeplant (von August bis Ende Oktober). Gibt es Kinder, bei denen die Eingewöhnung ähnlich verläuft und es trotzdem klappt? Wie können wir es gestalten? Wie verhalte ich mich am Besten vor Ort? Wie kann ich meiner Tochter nur helfen, dass sie sich wohler fühlt und sich traut, sich von mir zu trennen? Haben Sie einen Rat für mich? Herzlichen Dank vorab und beste Grüße

von Vanda am 07.09.2021, 23:02



Antwort auf: Wie kann ich die Eingewöhnung bei der Tagesmutter positiv fördern?

Liebe Vanda, bleiben Sie passiv. Setzen Sie sich an den Rand des Raumes und bleiben dort sitzen. Ihre Tochter kann sich entscheiden, ob sie spielen gehen möchte oder bei Ihnen sein möchte. Wenn Sie immer wieder zu ihr gehen, muss sie sich gar nicht alleine bei den anderen Kindern aufhalten. Dies weiß sie und versucht durch ihr Verhalten Mama zu "überreden", was ja auch scheinbar oft klappt. Bleiben Sie noch ein paar Tage auf diese Weise dabei und trauen sich dann auch mal kurz aus dem Raum heraus. Wichtig ist, Ihrer Tochter Bescheid zu geben. "Mama geht zur Toilette und kommt gleich wieder." Halten Sie aus, wenn Ihre Tochter anfängt zu weinen. Sie kennt die Tagesmutter mittlerweile sehr gut und kann sich sicherlich auch von der Tagesmutter trösten lassen. Seien Sie mutig. Sie müssen Sicherheit und Entschlossenheit ausstrahlen, damit sich dies auf Ihre Tochter übertragen kann. Sie braucht Ihre positiv gestimmte Haltung. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 08.09.2021



Antwort auf: Wie kann ich die Eingewöhnung bei der Tagesmutter positiv fördern?

Liebe Frau Ubbens, vielen Dank für Ihre ermutigende Antwort. Es wird mir zwar weiter schwer fallen, dennoch klingt Ihre Antwort für mich aber so, als sei noch nicht alles verloren. Können Sie mir noch einen Ratschlag geben, wie ich mich verhalte, wenn meine Tochter nur zu mir kommt? Ich versuche in den Situationen meist besonders langweilig zu sein, rede nur das nötigste (was mir wirklich äußerst schwer fällt), versuche ihr aber auch mal Aufgaben zu geben, etwas zu holen o.ä., nehme sie aber auch auf den Schoß, wenn sie förmlich an dem Sofa hochklettern möchte, um zu mir kommen. Wenn ich das ignoriere, weint sie auch - klar, sie versteht ja auch nicht, warum Mama so abweisend und ruhig ist. Außerhalb der Betreuung ist es ja absolut nicht so bei uns. Die Tagesmutter ist allerdings auch eher passiv. Sie möchte, dass die Kinder von selbst heraus zu ihr kommen und bindet meine Tochter daher auch weniger aktiv in das Spiel ein. Ich persönlich denke, dass sie das aber brauchen würde. Ich denke nicht, dass meine Tochter aus eigenem Antrieb dort hin geht, wenn sich niemand aktiv mit ihr beschäftigt. Deswegen sitzt sie vermutlich auch immer bei mir. Wie sehen Sie das? Ich verstricke mich wahrscheinlich auch zu sehr in das Thema, aber wie Sie merken, fällt es mir wirklich schwer. Vielleicht haben Sie ja noch den ein oder anderen Handlungsvorschlag.. Herzlichen Dank

von Vanda am 08.09.2021, 23:02



Antwort auf: Wie kann ich die Eingewöhnung bei der Tagesmutter positiv fördern?

Liebe Vanda, werden Sie noch langweiliger. Das kann bedeuten, dass Sie Ihrer Tochter keine Aufgaben geben, wie etwas zu holen. Setzen Sie sich gerne auf den Fußboden ggf. auf ein Kissen o.ä.. So müssen Sie Ihre Tochter nicht einmal aktiv hochnehmen. Sie kann dann selbst entscheiden, ob sie zu Ihnen auf den Schoß kommt oder spielen geht. Und trauen Sie sich und Ihrer Tochter spätestens Mitte nächster Woche kleine Trennungen zu. Auch wenn sie weint, wird sie lernen, dass Mama wieder kommt und sich vermutlich spätestens nach ein paar Tagen in den Zeiten, in denen Sie nicht da sind, von der Tagesmutter beruhigen lassen. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 09.09.2021



Antwort auf: Wie kann ich die Eingewöhnung bei der Tagesmutter positiv fördern?

Ich danke Ihnen nochmals vielmals! Ich hoffe, ich darf noch einmal kurz etwas nachfragen? Die Tagesmutter hat heute die Initiative ergriffen. So haben wir heute schon 2 kurze Trennungsversuche unternommen. Bei dem Ersten bin ich ca. 5 Minuten auf die Toilette gegangen, bei dem Zweiten habe ich ein paar Minuten etwas geholt. Beim Ersten gab es kurz Protest, aber sie ließ sich tatsächlich schnell beruhigen, weinte nicht und spielte bei meiner Rückkehr mit der Tagesmutter. Der Zweite war ohne Protest. Sie kam dann aber nach meiner Rückkehr trotzdem recht zügig wieder zu mir. Für mich war das dennoch ein großer Erfolg. Beim Wickeln hat die Tagesmutter sie heute mitgenommen, obwohl sie schon beim Betreten des Raumes geweint hat und von mir gewickelt werden wollte. Ich durfte auch nicht mehr dabei stehen (die Tage zuvor war ich daneben). Sie hat dann das gesamte Wickeln über geschrien, sich in Rage geweint. Die Tagesmutter ist aber sehr ruhig geblieben, hat sich nicht stressen lassen und war sehr einfühlsam dabei. Irgendwann hat sich meine Tochter auch ablenken lassen, aber trotzdem noch geschlurzt. Ich war währenddessen im Raum, nach dem Wickeln habe ich sie dann in den Arm genommen. Es war für mich schwer auszuhalten, ich habe wirklich Angst um die Bindung, wenn ich dort sitze und sie verzweifelt schreit und zu mir will. Andererseits fand ich es auch wichtig, dass ich das Wickeln nicht unterbreche, weil ich ihr ja vermitteln wollte, dass es okay ist, wenn die Tagesmutter das macht. Ich denke, dass ein "Eingreifen" sie eventuell in ihren negativen Gefühlen bestärkt hätte (= "mein Weinen scheint gerechtfertigt zu sein, wenn Mama mich hier weg holt")? Aber war es richtig, dass ich abgewartet habe und sie dann nach dem Wickeln erst wieder genommen habe? Ich habe sie dann natürlich schon auch tröstend gestreichelt, aber auch positiv zum Ausdruck gebracht, wie toll es ja ist, dass jetzt ihre Windel wieder frisch ist. War mein Verhalten so richtig? Wann sollte man dann doch hingehen und trösten? Oder muss sie da jetzt "einfach durch"? Danach war sie sehr erschöpft, anhänglich und hat viel "nachgeweint". Die Tagesmutter schickte uns dann heute früher nach Hause. Entschuldigen Sie meine vielen Nachfragen. Aber sie helfen mir mit Ihrer Expertensicht von außen wirklich sehr! Herzliche Grüße

von Vanda am 09.09.2021, 21:30



Antwort auf: Wie kann ich die Eingewöhnung bei der Tagesmutter positiv fördern?

Liebe Vanda, es war genau richtig, nicht einzuschreiten. Das Wickeln dauert nicht lange. Ihre Tochter weiß, dass Sie nebenan sind und darum schreit sie sich in Rage. Wenn Ihre Tochter sieht, dass Sie gar nicht da sind, sprich, Sie sich an der Tür verabschiedet haben und sich nicht in den Räumen der Tagesmutter aufhalten, wird sie sich nicht in Rage schreien. Sie weiß ja, dass Sie nicht da sind. Womöglich wird Ihre Tochter beim Abgeben ein paar Tränen vergießen. Das ist aber in Ordnung, wenn sie sich in kurzer Zeit von der Tagesmutter beruhigen lässt. Es wird ihrer Bindung nicht schaden. Halten Sie es aus. Trauen Sie sich als Mama, sich zu trennen. Sie müssen dem Tagesmutterbesuch positiv gegenüber stehen, damit sich dies Gefühl auf Ihre Tochter überträgt. Ihre Tochter wird sich lösen können. Lösen Sie sich auch gerne von ihr. Ihrer Tochter wird es bei der Tagesmutter gut gehen. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 13.09.2021



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