Frage im Expertenforum Erziehung an Christiane Schuster:

Triple P: Kind nicht mit dem Bade ausschütten.

Christiane Schuster

 Christiane Schuster
Sozialpädagogin
Frage: Triple P: Kind nicht mit dem Bade ausschütten.

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Hallo Frau Schuster, dass im Posting zu Ullis Frage "Chaos" den Eindruck entstand, Triple P sei ein Programm, das jede Zuwiderhandlung gegen den elterlichen Willen mit Stillem Stuhl und Auszeit bestrafe und das auch noch ohne Erklärung fürs Kind, war nicht beabsichtigt. Dieses Missverständnis lag an mir, nicht an dem Programm. Ich habe leider in meinem Antwortposting an Ulli nicht klar genug erwähnt, dass auch das Positive Parenting Program natürlich und selbstverständlich immer zunächst mit der logischen Folge zu arbeitet. Ein typisches Alltagsbeispiel hierzu aus einem der Elternratageber, die Triple P anbietet: Das Kind geht zu nah an den Fernseher beim Fernsehgucken. Man erklärt ihm, dass dies nicht gut für die Augen ist und bittet es, sich weiter nach hinten zu setzen. Meist ist das kein Problem. Wenn das Kind sich aber vielleicht hartnäckig weigert, die Ohren auf Durchzug stellt und weiterhin so nah vor dem Bildschirm hocken bleibt, wird das TV für einige Minuten abgestellt. Es wird erklärt, warum man das macht (weil man nämlich nicht möchte, dass das Kind seine Augen zu sehr anstrengen muss). Nach der angekündigten Zeit wird der Fernseher wieder angemacht und der Vorfall nicht weiter thematisiert, auch werden dem Kind keine Vorwürfe gemacht und es wird nicht geschimpft oder gejammert über seine "Bockigkeit". Das finde ich fair und souverän. Stiller Stuhl und Auszeit sind Schritte, die nur kommen, wenn die logische Folge nicht funktioniert bzw. sich in der gegebenen Situation nicht anwenden lässt. Was ja im Alltag durchaus vorkommt. Sie ist sozusagen das letzte Mittel - und allemal besser, als das Kind irgendwann entnervt anzuschreien oder gar handgreiflich zu werden, wie es leider immer noch in vielen Familien Alltag ist. Die Gefahr einer "Dressur" sehe ich daher nicht. Triple P besteht im übrigen nicht überwiegend im Grenzensetzen. Kernpunkt ist vielmehr, das Kind positiv zu verstärken, indem man als Eltern bewusster darauf achtet, dem Kind Aufmerksamkeit zu schenken oder kooperatives Verhalten des Kindes durch Lob zu fördern. Ihm zum Beispiel nicht aus Ungeduld ein Messer oder einen Kochlöffel wegnimmt, wenn es helfen will. Sondern sich freut und es lässt. Oder ihm vielleicht sagt, dass man es klasse findet, dass es einen hat einige Minuten telefonieren lassen, ohne zu quengeln. Weil man nun etwas Wichtiges besprechen und abhaken konnte und daher jetzt auch wieder Zeit für das Kind hat. Wir Eltern nehmen ja gutes Verhalten des Kindes oft für selbstverständlich und meckern lediglich los bei "Fehlverhalten". So entsteht negative Aufmerksamkeit. Das Kind lernt, dass es nur trotzen muss, um die volle Aufmerksamkeit der Eltern zu bekommen. Besser ist es, es bekommt einfach so genug Aufmerksamkeit, und positives Verhalten wird gelobt. Ich habe damit bei meiner Tochter sehr gute Erfahrungen gemacht. Kinder wollen, dass sich Eltern für es interessieren. Je mehr Interesse sie bei den Eltern spüren, je mehr sie helfen dürfen, desto stärker wird ihr Selbstvertrauen. Solche Kinder brauchen viel seltener zu negativen Verhaltensweisen greifen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Im übrigen ist es natürlich so, dass es kein Erziehungsprogramm gibt, das als Allheilmittel und wirklich immer funktioniert und unreflektiert ununterbrochen angewendet werden kann. Das Leben ist hierzu viel zu dynamisch und komplex. Diese Erfahrung haben ja alle Eltern schon gemacht. Manchmal muss man auch mal alle Fünfe gerade sein lassen oder nach Gefühl vorgehen. Aber jedes gute Erziehungskonzept enthält einige Dinge, die man für seine Situation und die alltäglichen Konflikte mit Kindern gut gebrauchen kann. Wohingegen man in anderen Bereichen dann vielleicht lieber einen anderen Weg geht. Triple P wurde von Kinderpsychologen entwickelt, um der Gefahr von verbalen oder handgreiflichen Eskalationen in Familien ebenso vorzubeugen, wie der Entwicklung von Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern oder Fehlentwicklungen in der Art, wie eine Familie im Alltag miteinander kommuniziert. Es soll nicht Kinder zu Wohlverhalten dressieren, sondern einfach diejenigen Konfliktsituationen entschärfen helfen, die uns Eltern oft mit Tempo 180 auf die Palme jagen und die immer wieder auftreten im Alltag. Vielen Dank für Ihre Geduld beim Lesen dieses arg langen Postings :-) und liebe Grüße, Gabi


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Hallo Gabi Ist es nicht so, dass jede Art von Erziehung der Gewalt-Prävention gilt?- Erziehung bedeutet mit anderen Worten nichts Anderes als das Hinführen zu einer sicheren! Selbständigkeit. Dazu gehört, dass verbalen oder handgreiflichen Eskalationen innerhalb und außerhalb der Familien vorgebeugt wird, dass Verhaltensauffälligkeiten durch äußere Einflüsse gar nicht erst entstehen und dass Meinungsverschiedenheiten diskutiert werden um eine für alle zufrieden stellende Konflikt-Lösung zu erreichen. Erziehung ist m. E. nach immer positiv zu sehen und bedarf keines besonderen Programms, das die Individualität in den Hintergrund stellt, bzw. die einzigartige Persönlichkeit eines Kindes m. E. nach zu wenig beachtet. Ein "stiller Stuhl" oder eine "Auszeit" entbehrt eigentlich jeder aktiven Auseinandersetzung zwischen Eltern und Kind, da das Kind sich dem Willen der Eltern kommentarlos zu fügen hat.- Ein solches "Programm" sehe ich nicht als allgemeingültig an, wenn auch ich durchaus Ihrer Meinung bin, dass es manchmal für das eine oder andere individuelle Erziehungsverhalten als "letzter Ausweg" angenommen werden kann, bevor noch unqualifiziertere Handlungen durchgeführt werden. Erziehung ist mit diesem "Triple P" mal wieder zur Diskussion gekommen, aber sagt m. E. nach eigentlich nichts Neues!- Liebe, sonntägliche Grüße und: bis bald?


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jjj


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