Frage im Expertenforum Erziehung an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens:

Grenzen?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens
Diplom Sozialpädagogin

zur Vita

Frage: Grenzen?

Clarinette21

Beitrag melden

Sehr geehrte Frau Ubbens, Meine Tochter, 18 Monate, geht seit sie 8 Monate ist gerne in den Kindergarten. In der letzten Woche hat sie mehrfach geweint, als ich sie abgeholt habe, sie wollte dem Anschein nach noch bleiben. Ich habe sie dann die nächsten Tage später abgeholt, dann, wenn auch die anderen Kinder abgeholt werden. Dann war es ok und sie ist gerne mitgekommen. Gestern suchte eine der Erzieherinnen dann mit mir das Gespräch und hat mir im wesentlichen gesagt, ich müsse meiner Tochter zeigen, dass ich „der Boss“ sei und dass ich bestimme, wann wir gehen, notfalls solle ich sie mir einfach packen. Sie hätte das Gefühl, ich wolle um jeden Preis verhindern, dass meine Tochter weint. Diese würde mich aber nur austesten, wie weit sie gehen kann. Im Kindergarten sei sie immer sehr brav, äße ordentlich, trinke ordentlich aus dem Becher, würde teilen, hören etc., alles also bestens. Dieses Gespräch hat mich nachdenklich gemacht. Ich bin eigentlich nicht dafür irgendeine Hierarchie („Boss“) zu errichten und versuche eigentlich meine Tochter möglichst gleichberechtigt aufwachsen zu lassen. Verbote versuche ich zu begrenzen und stets sachlich zu begründen. Allerdings tanzt meine Tochter mir in letzter Zeit ziemlich auf der Nase rum: Sie schmeißt Erbsen runter, wenn ich sie dann wegfege, schmeißt sie weitere hinterher und gleich noch die Schüssel, das selbe mit einem Becher Milch. Sie schmeißt insgesamt sehr häufig einen Großteil des Essens absichtlich runter und guckt mich dabei teils herausfordernd an. Ich sage ihr ernst und streng, dass ich das nicht möchte und das sie damit aufhören soll. Ansonsten mache ich aber nichts. Ich habe nun darüber nachgedacht, ob es sich bei diesem Verhalten möglicherweise tatsächlich um den berühmten „Schrei nach Grenzen“ handelt und ob ich meiner Tochter „Konsequenzen“, sprich im Grunde Strafen für ihr Verhalten zeigen soll. ZB, dass es dann halt nichts mehr zu essen gibt. Das ist für mich leider sehr schwer vorstellbar, da meine Tochter seit ihrer Geburt sehr zierlich ist und ich um alles froh bin, was sie isst. Zudem stille ich abends und morgens (immer-)noch und denke immer, wenn sie nichts isst, dann stillt sie gleich umso mehr und eigentlich möchte ich mich ja in Richtung abstillen bewegen. Meistens kriegt sie dann also am Ende trotz ihres Verhaltens was sie will (Käse pur, ohne Brot, und Milch auf meinem Schoß ). Heute habe ich, die Erzieherin im Ohr, versucht „konsequent“ zu sein und habe die Erbsenattacke „bestraft“ indem ich sie erstmal aus ihrem Hochstihl genommen und in ihr Zimmer gesetzt habe. Dort hat sie erstmal seelenruhig gespielt, bis sie gemerkt hat, dass ich dann allein im Wohnzimmer gegessen habe. Da wollte sie dann auf meinen Schoß und nur meinen Käse vom Brot essen. Als ich das abgelehnt habe, und gesagt habe, sie dürfe den Käse nur mit Brot essen, hat sie einen sehr langen Weinanfall bekommen. Jetzt bin ich sehr erschöpft und frage mich, ob das Vorgehen wirklich das richtige ist. Ich möchte meine Tochter nicht strafen, ich möchte ihr nicht meine Liebe entziehen (allein im Zimmer, nicht auf den Schoß) und auch nicht das Essen (kein Käse wenn kein Brot), aber was soll ich tun, um ihr zu zeigen, dass es wirklich nicht in Ordnung ist, das Essen und trinken auf den Boden zu schmeißen? In der Kita und bei anderen tut sie es nicht, es scheint also mit meiner Reaktion auf ihr Verhalten zusammen zu hängen. Über Ihren Ratschlag würde ich mich sehr freuen! Mit vielen freundlichen Grüßen Clarinette


Sylvia Ubbens

Sylvia Ubbens

Beitrag melden

Liebe Clarinette, vermutlich werden Sie sich einen Gefallen tun, gerade bei den Mahlzeiten konsequenter zu sein. Geben Sie Ihrer Tochter immer nur kleine Mengen auf den Teller. Werden Lebensmittel auf den Boden geworfen, ermahnen Sie Ihre Tochter einmal. "Wenn du noch mehr Essen auf den Boden wirfst, nehme ich dir den Teller weg." Handeln Sie auch entsprechend. Sie müssen Ihre Tochter ja nicht alleine ins Zimmer setzen. Anfangen können Sie damit, den Teller für vielleicht zwei Minuten wegzustellen. Danach darf Ihre Tochter es noch einmal versuchen. Bei weiterem Runterwerfen beenden Sie die Mahlzeit. Schüsseln stellen Sie außer Reichweite, ebenso Getränkebecher. Möchte Ihre Tochter trinken, reichen Sie ihr den Becher und stellen ihn dann wieder weit genug weg, so dass Ihre Tochter diesen nicht erreichen kann. Scheuen Sie sich nicht, darauf zu bestehen, dass es den Käse nur mit Brot gibt. Ihre Tochter wird nicht verhungern und auch nicht massiv abnehmen, wenn Sie das Umdenken einführen. Sicherlich wird es Protest geben, doch wenn Ihre Tochter Hunger hat, wird sie auch essen. Im Kindergarten klappt es ja auch. Ihre Tochter weiß eben genau, bei wem sie versuchen kann ihren Willen durchzusetzen. Nach ein paar Tagen wird Ihre Tochter verstanden haben, wie die Regeln sind und sicherlich auch nicht mehr so oft protestieren/weinen und nicht mehr so oft das Essen runter werfen. Wie viele Zwischenmahleiten bekommt Ihre Tochter und wie viel Zeit liegt zwischen den Mahlzeiten? Überlegen Sie, ggf. eine Zwischenmahlzeit wegzulassen, damit Ihre Tochter zu den Hauptmahlzeiten auch wirklich Hunger hat. Viele Grüße Sylvia


cube

Beitrag melden

Hi! Ich glaube, die Erzieherin hat zum teil recht: du möchtest deine Tochter gleichberechtigt aufwachsen lassen und ihr möglichst wenig Anlass zum Weinen geben. Das ist auch nicht verkehrt, aber: deine Tochter ist das Kind und die die Erwachsene - Gleichberechtigung in dem Sinne, dass sie versteht, was du alles erklärst, gibt es so noch nicht. Es ist richtig, deine Beweggründe zu erklären - erwarte aber nicht, dass sie auch entsprechend handelt, dafür ist sie noch zu klein. Und das funktioniert dann eben nur über Konsequenzen. Mach dich davon frei, dass du sie bestrafst, wenn du z.B. das Essen beendest. Es ist keine Strafe, sondern eine Konsequenz, aus der sie lernen wird, deine Erklärungen auch zu begreifen. Es ist nicht schön, wenn das eigene Kind weint - aber das wird sich nicht immer verhindern lassen und du tust ihr tatsächlich keinen Gefallen damit, immer in ihrem Sinne zu handeln.


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.

Ähnliche Fragen

Hallo, unser Sohn ist 7 geworden, geht in die 1. Klasse. Er ist ein guter Schüler, ist selbstbewusst, hat Freunde und ist in vielen Dingen schon recht selbstständig (trifft sich oft mit Freunden, kann sich in der Kleinstadt frei bewegen, kennt sehr gut die Uhr, geht allein zum Schwimmtraining etc.). Wir können uns auf ihn verlassen, Absprachen wie ...

Hallo, Unser Sohn ist jetzt 3.5 Jahre alt und soweit ein sehr liebes aufgewecktes interessiertes Kind. Diese Woche hatte ich zwei Situationen, mit denen ich nicht wirklich umzugehen weiß: Wir leben auf einem Hof, der direkt an einer stark befahrenen 70er Zone liegt, haben ein Tor mit Zaun. Fußweg auf der andern Straßenseite. 1. Als ic ...

Hallo mein Sohn ist 5 Jahre . Zu unserer Situation ist so das wir seit ca 2 Wochen sagen können was wir wollen,er reagiert nicht und macht einfach weiter. Meine Mutti meint ich rede zu viel das er aufhören soll. Es ist alles nicht ganz einfach da wir auch eine pflegebedürftige demenzkranke Oma die sehr aggressiv verbal und körperlich ist und das se ...

Guten Abend.. Ich weiß mir einfach nicht mehr zu helfen. Mein Sohn ist jetzt 2Jahre und 4 Monate alt und ist bereits seit einigen Monaten in dieser 'berühmtberüchtigten' Autonomiephase ;) Lieblingswörter 'leine' und 'Nein.' Über Weihnachten hat sein sprachwortschatz enorm zugenommen in sehr kurzer Zeit und auf der anderen Seite macht er nur noc ...

Hallo, eine kleine Frage. Meine Tochter ist 15 Monate und hört mal mehr, mal weniger auf nein. Heute hat sowohl der Papa als auch später ich ein nein verwenden müssen. Sie hat es als eine Art Spiel angesehen - sprich immer weiter gemacht und am Ende gelacht Ich bin mir absolut unsicher, ob sie langsam ihre Grenzen aus testet oder sie ein and ...

Liebe Frau Ubbens! Es geht mal wieder um meine Zwillingsbuben, die im Jänner 5 werden. Als Folge einer Auseinandersetzung heute Früh (die Buben mussten getestet werden, sie wollten aber die Gurgellösung nicht im Mund behalten, mein Mann wurde laut, ich habe für die Buben Partei ergriffen, was dazu geführt hat, dass mein einer Sohn meinem Man ...

Moin Frau Ubbens, meine Tochter ist 14 Monate alt und testet natürlich mich und meine Mann sehr aus ..wie schaffe ich es ihr trotzdem Grenzen aufzuzeigen? Ein "Nein" wird komplett überhört...das war schon mal besser auch wenn ich sie beim Namen rufe reagiert sie nicht. Aufgrund meiner eigenen doch sehr schwierigen Kindheit, habe ich Angst ihr ...

Hallo Frau Ubbens, meine Kleine (17. Monate alt) Wir haben folgendes Problem, was mir oftmals passiert. Heute war die Familie mit den Kindern bei uns. Papas und Kinder waren auf dem Spielplatz, doch als sie wieder zurückkamen hatten alle Kinder einen Eis und meine Tochter hatte einen Keks in der Hand. Da sie etwas erkältet ist wollte mein Mann fü ...

Guten Tag! Haben Sie eine Idee, wie wir unserem Wildfang (3,5 Jahre alt) beibringen können, anderen Menschen nicht wehzutun? Besonders seinen Vater verletzt er gegen Abend oft, wenn der heimkommt, was dann zu Streit und Geschrei führt und dass mein Mann sich zurückzieht. Sohnemann meint dann schon, dass er mich lieber mag weil der Papa immer sc ...

Liebe Fr. Ubbens. Ich hätte zwei Fragen. Zum einen, ich hatte schon mal eine  ähnliche Frage, möchte gerne weiter  berichten und mich absichern. Mir fällt nach wie vor auf, dass in allem Spiel meines Sohnes irgendwas zerstörerisches oder  vielleicht eher abenteuerliches, dramatisches liegt. Er ist wirklich ein lustiger, aufgeweckter und fröh ...