Frage im Expertenforum Erziehung an Christiane Schuster:

Entwicklung meiner 6jährigen Tochter

Christiane Schuster

 Christiane Schuster
Sozialpädagogin
Frage: Entwicklung meiner 6jährigen Tochter

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Liebe Frau Schuster, ich habe eine Frage zur geistigen Entwicklung meiner Tochter. Ich habe keine Ahnung, was in ihrem Alter normal ist und was nicht. Wir haben nur ein Kind und ich habe keinen Vergleich. Meine Tochter ist jetzt 6 Jahre und drei Monate alt. Ich möchte gleich voran schicken, dass ich hier auch nicht angeben möchte mit meinem Kind (für alle anderen Mamis hier auf dieser Seite) – für uns wird das Ganze hier wirklich so langsam zu einem Problem! Am besten fange ich von vorn an. Angefangen hat alles ziemlich früh. Theresa wollte mit zwei Jahren unbedingt Geige spielen. Uns war dies noch zu früh. Sie bekam eine Spielzeug-Geige. Theresa probierte sie aus und beschwerte sich mit den Worten („So eine wollte ich nicht! Ich wollte eine die richtig spielt!“). Das war am 6. Dezember 2002, zwei Monate nach ihrem zweiten Geburtstag. Wir trösteten sie mit den Worten, dass sie noch warten muß, da sie noch zu klein für eine Musikschule ist. Mit drei Jahren hatte sie zum ersten mal den Kinderchor in der Kirche gesehen und so wollte sie dann wenigstens dort mitsingen, wenn sie schon auf ihre Geige noch so lange warten mußte. Da die Kantorin bei uns in der Straße wohnte, konnte Theresa immer beobachten, wenn sie montags zur Chorstunde fuhr. Es dauerte nicht lange und Theresa zog sich dann von selbst an im Flur. Auf meine Frage, wo sie denn hin wolle kam die probte Antwort: „Na in die Kirche – zum Singen!“. Also bat ich sie wenigstens noch bis zu ihrem 4. Geburstag zu warten, denn für den Chor war sie einfach zu jung. Direkt nach ihrem 4. Geburtstag habe ich mir dann einen Ruck gegeben und bin mit ihr zur Kantorin gegangen um das Problem anzusprechen. Sie meinte, dass Theresa noch zu klein wäre mit gerade vier Jahren. Allerdings fiel ihr dann das enttäuschte traurige Gesichtchen meiner Tochter auf und so gab sie nach und meinte Theresa darf zur Probe so eine Stunde mal besuchen. Schon nach dieser Stunde war für Theresa klar, dass sie in der nächsten Woche wieder hingeht und auch die Chorleiterin meinte – kein Problem. Sie macht mit wie die „Großen“ (Altersgruppe dieser Chorgruppe 1. und 2. Klasse). Ihr Wunsch nach einer Geige war auch nicht zu bremsen und so hat sie dann mit vier ¾ Jahren endlich den gewünschten Unterricht erhalten. Aus einer Geigenstunde wurden dann zu ihrem 5. Geburtstag (nach 3 Monaten Geigespielen) wöchentlich zwei Geigenstunden, da sie laut Lehrerin sehr talentiert sei. Theresa besuchte nun montags den Chor, dienstags und donnerstags den Geigenunterricht und Samstags das Orchester. Für mein „Mami-Hirn“ eindeutig zu viel in diesem Alter! Aber Theresa ließ nicht mit sich reden. Sie war voll begeistert. Nun ja – immerhin hatte sie noch Mittwoch und Freitag frei, um sich mit Freundinnen zum Spielen zu treffen. Aber es wurde noch besser. Ab diesem Schuljahr findet die Orchesterstunde mittwochs statt. Und so geht Theresa nun montags, dienstags, mittwochs und donnerstags zum musizieren! Dazu kommen alle 2 Wochen Samstags Orchesterstunde für die größeren Spieler, die schon mehrere Jahre spielen. Ihrer Lehrerin meinte, wenn Theresa Lust hat, kann sie da ruhig auch mitspielen. Die Antwort meiner Tochter war eindeutig. Das „Oh ja“ war laut und jubelnd. Inzwischen möchte sie nun auch noch Querflöte spielen! Und ich krieg hier ne Krise. Es ist schon fast unmöglich sie mit Freunden zu verabreden, da ich auch noch arbeiten gehe – sonst könnten wir ihr das alles nicht finanzieren. Aber irgendwas weglassen – nein das möchte sie auf keinen Fall. Egal wie behutsam ich das anspreche – ich bekomme nur eine wütende Ablehnung meines „Antrages“. Ihre Lehrerin schickt sie nun auch zu Wettbewerben. Einen hat sie schon hinter sich und zu meiner Überraschung mit dem Prädikat „Sehr gut“ abgeschlossen. Einen weiteren hat sie jetzt vor sich. Auch da bin ich etwas erstaunt, sie spielt u. a. ein mehrseitiges Conzertino auswendig. Sie muß natürlich auch dafür üben und kaum eine Freundin hat dafür Verständnis. Das ist für Theresa ziemlich schlimm. Ich sprach schon sehr oft mit ihr um ihr klar zu machen, dass Mama und Papa sie auch lieb haben, wenn sie nicht zu Wettbewerben und Konzerten fährt. Dann bräuchte sie nicht mehr so viel üben und hätte mehr Zeit um mit ihren Freundinnen zu spielen. Ihre Antwort ist jedes Mal klar und deutlich: „Ich will aber zum Wettbewerb und zu Auftritten und ich will auch Üben!“. Meine Frage was ihr mehr Spaß macht wurde beantwortet mit „Beides gleich viel.“ Sie will, dass es so bleibt wie es ist. Wir werden inzwischen schon komisch angeschaut, weil wir immer erst Theresas „Termine“ durchsehen müssen, bevor wir eine Zeit festlegen können, wo sie spielen kann. Des weiteren muß ich feststellen, dass es immer schwieriger wird, mit ihr in der Freizeit etwas anzufangen. Zum Glück (oder auch nicht) kommt sie dieses Jahr nun endlich in die Schule. Sie begann mit vier ½ Jahren die Zahlen von 1 bis 10 zu rechnen. Mit fünf fing sie an, die ersten Buchstaben zu binden. Anfangs hat sie, um sich die Langeweile beim Essen zu vertreiben, immer gerechnet (was auch nicht dazu beitrug, dass das Essen schneller ging) und jetzt liest sie uns vor, was auf den Packungen steht! Ihr Hirn ist scheinbar immer in Action. Auch abends, wenn sie schlafen soll. Sie ist nur am erzählen. Es ist schon einiges was sie so beschäftig. Z. b. dass der Ätna in Italien ist und Klara´s Oma (ihre Freundin ist Italienerin) bestimmt in Gefahr ist, wenn der Vulkan ausbricht. Das führte schon dazu, dass ich mich mit ihr an den PC setzte und ihr über Google Erth zeigte, dass der Ätna nicht auf dem Festland ist. Dann erst war sie beruhigt, dass Klaras Oma wirklich nichts passiert. Inzwischen hat ihr Onkel ihr einen Globus geschenkt. Sie liebt es, wenn ich ihr vorlese und ihr dann alles bis ins Detail erkläre. Sie ist voll in ihrem Element, wenn ich ihr zeige wo Indien liegt (im „Dschungelbuch“ findet ja Baghira bekanntlich ein Menschen-Junges im indischen Dschungel – also Globus oder Atlas ran und nachgeschaut), oder Rodos, da sie eine Karte gesehen hatte, wo Rodos drauf stand. Und so erweitert sie ihr Wissen immer mehr, aber ich habe Angst, dass es zu viel ist. Ich bin doch kein Lehrer und es steht mir doch gar nicht zu mit ihr so etwas zu machen! Oder???!!!!! Ich weiß nicht mehr, was ich richtig mache und was falsch. Mit vier Jahren war ihr Lieblingsbuch das „Kinder-Lexikon“. Allerding weigerte ich mich dann, ihr ständig draus vorzulesen, da sie so viele Informationen gar nicht behalten konnte. Als ich jetzt wegen Stimmverlust krank geschrieben war, meinte sie abends zu mir „Nicht so schlimm Mama, dann lese ich die Gute-Nacht-Geschichte heute eben selbst“ und das tat sie dann auch. Es hat zwar etwas länger gedauert, aber sie hat es geschafft. Ich mache mir so meine Sorgen, wenn sie in die Schule kommt. Sie ist nämlich auch sehr bequem. Und wenn sie sich nicht anstrengen muß oder ihr irgendwas zu langweilig wird, dann fängt sie an zu träumen und zu trödeln (aus diesem Grund spielte Theresa im Geigenunterricht auch nicht lange Kinderlieder – sie wollte von Anfang an gleich Klassik spielen und nur dann gab sie sich auch etwas Mühe). Dort allerdings erkannte es die Lehrerin. War auch nicht so schwer, denn sie bekommt Einzelunterricht. In der Schule aber beträgt die Klassenstärke in allen Klassen 25 Kinder. Erst ab 30 Kindern wird die Klasse geteilt. Wenn das nicht interessant genug ist, was der Lehrer macht – dann macht Theresa auch nicht mit. Und sie kann sehr stur sein. Ich glaube kaum, dass sie eines ihrer persönlichen Grundeigenschaften ablegt. (Siehe Musikschule – da spielte sie auch nur das, was sie wollte). Ich habe keine Idee, was in der ersten Klasse unterrichtet wird. Und ich habe große Angst, dass sie in der Schule nichts macht außer zur trödeln und zu träumen. Wir haben hier keine Schulwahl. Es gibt nur eine Grundschule und weiter weg fahren kann ich auch nicht, wir haben nur ein Auto, dass der Papa braucht um zur Arbeit zu fahren. Wieviel darf ich meinem Kind denn selbst bei bringen? Was wird dann in der ersten Klasse unterrichtet? Was mache ich, wenn ihr das alles zu langweilig ist – was ich fast vermute???? Abgesehen von den komischen Blicken, die wir von vielen Seiten ernten, weil Theresa „nie Zeit hat“!!! (Was ich den Leuten nicht übel nehmen kann, weil nur mit meinem „Mama-Hirn“ gesehen ich vielleicht genauso denken würde – wenn ich nicht Theresa jeden Tag erleben würde). Was ihre Musik betrifft, so wäre es wunderschön, wenn Theresa jemanden in ihrem Alter kennenlernen würde, dem Musik genauso viel bedeutet wie ihr selbst. Und das ist sehr schwer. Es gibt zwar noch andere Kinder in der Musikschule, aber bei denen ist das anders. (Außer bei einigen 12 bis 14jährigen) und die geben sich nicht gerne mit so „kleinen“ Kindern ab. Egal wo ich suche, so ein Kind habe ich bis jetzt noch nicht finden können im nähren Umkreis. Was kann ich machen, um Theresa zu helfen? Denn ich habe das Gefühl, dass es für sie schon nicht schön ist, dass ihrer Freundinnen sie nicht verstehen. Sie setzt dennoch ihren Dickkopf durch. Und wie wird das dann in der Schule werden???? Wie ist das bei anderen 6jährigen? Ich hoffe ehrlich gesagt nicht, dass sie mehr kann bzw. weiß wie andere in ihrem Alter. Denn dann bekommen wir tatsächlich noch ein ganz große Problem, wenn sie in der Schule ist. Ich freue mich auf Ihre Antwort und hoffe sie hilft uns etwas weiter. Liebe Grüße Silvia


Beitrag melden

Hallo Silvia Bitte schauen Sie doch auch einmal auf nachfolgende Seite, um schon mal selbst herauszufinden, ob Ihre Tochter vielleicht zu den Hochbegabten zählt: http://www.kleverkids.de/ Sprechen Sie mit dem betreuenden Kinderarzt oder einem Arzt, der Ihre Tochter persönlich kennt und überlegen Sie gemeinsam, ob ein psychologischer Test sinnvoll ist, damit Ihre Tochter weder über- noch unterfordert wird. Auch wenn Ihre Tochter musisch sehr begabt zu sein scheint, sollten Sie klare Entscheidungen fällen und sie weiter am Geigenunterricht teilnehmen lassen, aber nicht auch noch am Chor. In eine SICHERE Selbständigkeit gelangt Ihre Tochter nur, wenn auch andere Fähigkeiten neben dem kognitiven Bereich gefördert und gefordert werden, wie z.B. der motorische, soziale, emotionale Bereich. Sicherlich möchten auch Sie, dass Ihre Tochter innerhalb unserer Gesellschaft ihren individuellen Platz findet und zu verteidigen lernt und nicht zum Außenstehenden wird?- Setzen Sie sich bitte durch und regen Sie sie zu Aktivitäten auch in den anderen Bereichen an. Gehen Sie z.B. mit ihr und evtl. einer Freundin zum Schwimmen, Reiten, Ballett. Besuchen Sie informelle Veranstaltungen, sodass Ihre Tochter nicht ständig "vermarktet" wird sondern auch dank Ihrer Unterstützung/Motivation lernt, ein mehr oder weniger großes Interesse für andere Bereiche zu zeigen und sich mit sich selbst beschäftigen zu können. Liebe Grüße und: bis bald?


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.

Ähnliche Fragen

Sehr geehrte Frau Ubbens! Ich wende mich heute an Sie, weil ich oft das Gefühl habe, mein Sohn 4, fällt in seinem Verhalten auf und ich fühle mich sehr verunsichert, weiß nicht wie was ich anders machen soll. Im kiga höre ich oft, er ist gerne dabei wenn sich gestritten gerauft wird. Manchmal stört er die Kreise, hört nicht auf Anweisungen, ärgert ...

Hallo Frau Ubbens, uns beschäftigen zwei Themen unseres fast 3,5 jährigen Sohnes und wir wissen nicht ob und wie wir ihn dahingehend fördern können. Zum einen ist es die motorische Entwicklung. Er kann folgendes fast gar nicht: malen (außer einen Strich), ausmalen, Stift halten, Grundfarben außer blau, Türmchen bauen, Puzzlen, Formen zuordnen. E ...

Hallo, Mein Sohn ist 4Jahre alt und weint viel. Es zerrt sehr an meinen Nerven, da er sich wirklich "dran hält", also er 5 Minuten am Stück weint und jammert. Wegen Kleinigkeiten, weil es bspw. kurz vor dem Mittagessen keinen Joghurt mehr gibt oder auch, wenn die Bildschirmzeit vorbei ist. Er ist dann sauer, das sagt er auch. Wenn ich ihm erklär ...

Hallo! Ich mache mir große Sorgen. Mein Sohn ist zwei Jahre und 4 Monate alt und eigentlich ein sehr fürsorgliches und liebevolles Kind. Er kuschelt gerne, ist ungewöhnlich höflich und hilfsbereit und macht sich auch große Sorgen, wenn sich mal jemand von uns weh tut, oder er ein Baby weinen hört. Er ist mittlerweile seit 6 Monten in einer Kind ...

Guten Tag, ich hoffe, dass Sie die richtige Ansprechpartnerin sind. Mein sohn ist im April 3 geworden, und hat mit 2 sein allererstes wort gesprochen, dann kamen immer wieder welche dazu, jetzt mit 3 spricht er schon viel mehr, also kann sich ausdrücken. Allerdings spricht er undeutlich, und meistens verstehe nur ich ihn. Wenn ich ihn verbessere, ...

Guten Tag Frau Ubbens Meine Zwillings-Jungs werden im August 3 Jahre alt. Sie sind für ihr Alter klein (ca. 8. Perzentile), dafür kognitiv aussergewöhnlich weit (beginnen einfache Wörter zu erlesen, spielen kaum mit Gleichaltrigen, sondern wenden sich dann sehr offen an deren Eltern). Im Alltag hat sich deshalb schon die ein oder andere komische ...

Hallo, ich frage auch mal hier nach: mein Sohn ist fast 5 Jahre. Er beschäftigt sich schon lange mit seinem Penis und ich lasse ihn auch. Nun ist es so, dass er schon ein Schamgefühl hat, so dass ich ihn z.B. am Strand schnell umziehen soll, damit die anderen nicht seinen Penis sehen. Ich habe ihm nie sowas mitgegeben, dass man sich verstecken ...

Hallo, meine Tochter ist in die Schule gekommen. Sie ist auch sehr gut in der Schule! Aber sie benimmt sich zuhause und auch teils in der Öffentlichkeit wie ein kleines Kind, oft ist sie auch überdreht und wirkt wie "betrunken", ich kann sie dann ganz schlecht bändigen. Sie war eigentlich immer ein sehr ausgeglichenes Kind.Ist das alles normal? S ...

Hallo, Ich bin Mutter von zwei Kindern. Meine Tochter ist 5 Jahre alt und mein Sohn ist 4. in den letzten Wochen kam es wiederholt zu unschönen Ereignissen im kiga. Ein Junge aus der Gruppe meiner Kinder hatte meine Tochter befohlen ihre Geschlechtsteile zu zeigen.. er sagte „zeig mir deine mumu“ „Zeig mir dein po“ woraufhin sie sagte „Nein l ...

Hallo Frau Ubbens, meine Tochter ist 2 Jahre alt und ich mache mir Sorgen um ihre emotionale und soziale Entwicklung. Sie war schon immer zurückhaltend und sehr vorsichtig bei Fremden, klebte sich ganz fest an mir, auch zu den Kindern suchte sie keinen Kontakt. Ich habe mir immer ihr Verhalten erklären können, da ich auch so eine Person bin, die ...