Frage im Expertenforum Erziehung an Christiane Schuster:

Binationale Erziehung

Christiane Schuster

 Christiane Schuster
Sozialpädagogin
Frage: Binationale Erziehung

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Liebe Frau Schuster Ich habe viele Fragen, was auch die binationale Erziehung betrifft. Meine Tochter ist 29 Monate alt. Wir leben in der Türkei. Ich spreche mit ihr Deutsch und ihr türkischer Vater mit ihr Türkisch. Ihr Vater und ich sprechen untereinander Türkisch. Die TV-Kinderprogramme, die sie anschaut, sind auf Deutsch. Sie und ich sind Doppelstaatlerinnen. Also sowohl Türkin als auch Deutsche. Da sie auch einen deutschen Kinderausweis hat, fand ich es am Anfang besser, dass sie auch Deutsch sprechen sollte. Es waere ja beschaemend, wenn sie als Deutsche kein Wort Deutsch könnte! Und weil es ja leicht ist als Baby eine zweite Sprache zu lernen, habe ich auch beschlossen mit ihr von Geburt an Deutsch zu sprechen. Ich habe einen dreijaehrigen Erziehungsurlaub. Zur Zeit kann sie auf Deutsch mit Nebensatz acht Wörter-Saetze sprechen. Ihr Türkisch ist nicht so gut. Aber sie kann sich auch verstaendigen. In beiden Sprachen kann sie die Farben aufzaehlen. Kurz über mich: Mein Vater ist Deutscher meine Mutter Türkin. Ich bin in Hamburg geboren und lebte bis zum sechsten Lebensjahr in Deutschland und sprach nur Deutsch, obwohl meine Mutter Türkisch sprach. Mit sechs Jahren kamen wir in die Türkei und ich musste in der Schule Türkisch lernen. Seit 33 Jahren lebe ich in der Türkei. Ich kann Deutsch perfekt lesen und verstehen, schreiben kann ich auch, aber beim Sprechen fehlen mir manchmal die Wörter. Ich haette mich in Türkisch viel fliessender ausgedrückt. Das Alltagsdeutsch fehlt mir manchmal. Hauptfrage: Habe ich nun einen Fehler begangen, weil ich meine schwache Sprache als Muttersprache für mein Kind benutze? Aber wenn auch, ich habe mal in einem Forum gelesen, wie die zweijaehrige Tochter eines deutschen Vaters reagiert hat, als der sie in ihrer Muttersprache ansprechen wollte. Sie war schockiert und hat gesagt: "Vater ich bin es, Anna. Bitte sprich Deutsch mit mir!" Sollte ich es doch versuchen ab jetzt mit ihr Türkisch zu sprechen? Andererseits ist es aber doch sehr schade, da sie schon so gut Deutsch kann. Ich möchte ihr aber auch helfen mit türkischen Kindern zu spielen und Kontakt aufzunehmen. Aber wie soll ich das, wenn ich nur Deutsch spreche? Ich muss ihr doch in Türkisch sagen können, was sie den Kindern zu sagen hat, wenn sie z.B. ihr Spielzeug nicht aus ihrer Hand nehmen sollen? HIILLLFEE!!! Türkischer Kindergarten: Wir waren für zwei Wochen in einem türkischen Kindergarten fast jeden Tag für ca. drei Stunden. Von 10:30 bis incl. Mittagessen bis 13:00. Am ersten Tag hat sie überhaupt nicht geweint, obwohl sie ohne mich da war. Am Freitag wollte sie dann nicht und ich habe sie nicht gezwungen. Nach der zweiten Woche wurde sie krank und wir gingen 10 Tage nicht zum Kindergarten. Danach war es schlimm. Sie wollte nicht aus dem Haus. Weinte und schrie. Sie nahm ihre rosa Decke und versuchte sich zu "befriedigen". Drei Tage musste ich sie jeden morgen aus dem Haus zerren. Nach zehn Schritten vom Haus entfernt, hörte sie mit dem Gezetter auf. Im Kindergarten weinte sie auch nicht. Aber nachts fing sie an aufzuwachen und schrie auf Türkisch "Wo ist Mutti?" Danach schickte ich sie nicht mehr zum Kindergarten. Manche Erzieherinnen von Kindergaerten meinen, dass sie sich wohl gelangweilt habe. Oder waren drei Stunden zuviel? Ich finde eine gemischte Gruppe besser. Da sie lieber mit aelteren Kindern spielt. Sie ist ein Einzelkind! War die Anzahl der Kinder zuviel? In ihrer Gruppe waren 11 Kinder und ca. drei bis vier Erzieherinnen und drei Zimmer. Am morgen dürfen die Kinder waehlen in welchem Zimmer sie spielen möchten. Es gibt ein Zimmer zum Basteln und malen, eins für Puppenspiele und eins für Legos, Autos, Puzzles etc. Wenn sie mit anderen Kindern tanzt oder mit ihnen am selben Tisch isst, ist sie sehr glücklich. Auf die Frage "Weshalb jetzt Kindergarten?" möchte ich antworten. Sie und ich langweilen uns seit einer Zeit zu Hause. Ich fühle, dass sie mit anderen Kindern oder anderem Spielzeug spielen will. Andererseits muss ich ja, wenn auch halbtags, wenn sie Drei ist, zu arbeiten anfangen. Es sei denn ich nehme weiterhin unbezahlten Urlaub. Aber ich glaube, dass kann ich nicht mehr aushalten. Ich möchte arbeiten. Andererseits mache ich mir natürlich Sorgen um sie. Vielleicht ist es doch zu früh mit dem Kindergarten, obwohl es am Anfang so gut geklappt hat! Waere ein deutscher Kindergarten besser? Hier sind paar deutsche Kindergaerten mit türkischen und deutschen Kindern, wo die Erzieherinnen Deutsch mit den Kindern sprechen. Ich glaube ja. Denn dann kann die Erzieherin ihr helfen, wenn ihr Türkisch nicht ausreicht und sie kann auch von den Kindern Türkisch lernen. Angst vor Kindern: Z.B. wenn zuviel Kinder auf einem Spielplatz sind, dann will sie lieber nach Hause. Oder wenn ein kleines Kind zu ihr auf die Rutsche klettert, hat sie Angst und schreit. Sie kann doch aber nicht ewig vor Kindern weglaufen. Deshalb möchte ich, dass sie doch in ein Kindergarten geht. Da kann sie auch viel lernen und würde sich nicht wie zu Hause langweilen. Aber andererseits gibt es auch mehr Regeln, an die sie sich halten muss. Sie kann z.B. nicht ewig schaukeln, wenn z.B. Essenszeit ist etc. Sie hat noch Windeln. Und ich vermute, dass sie es leichter lernt auf das Klo zu gehen, wenn sie andere Kinder sieht, die es tun. Was meinen Sie? Englisch? Hier in den Kindergaerten wird auch Englischuntericht gegeben. Es sind sogar Nativspeaker da, die den ganzen Tag Englisch sprechen. Sie wiederholt gerne englische Saetze. Wann sollte sie mit Englisch anfangen? Angst vor Erwachsenen! Wenn sie auf der Strasse Erwachsene ansprechen oder streicheln wollen, schreit sie gleich. Es ist sehr peinlich. Denn wenn sie sich an mich klammern würde oder sich hinter mir verstecken würde, waere es nicht so schlimm. Aber wenn sie schreit, sind die Leute beleidigt und meinen, etwas stimmt nicht mit dem Kind. Das selbe macht sie auch, wenn Besuch kommt. Besonders, wenn sie noch ihr Mittagsschlaf gehalten hat und dann als sie aufgewacht ist, jemand da ist. Dann weint sie und will, dass ich mich nur um sie kümmere und nur mit ihr spiele. Was soll ich tun? Hier in Istanbul gibt es leider keinen Experten, der sich mit binationaler Erziehung befasst. Deshalb waere ich Ýhnen sehr sehr dankbar, wenn Sie mir weiterhelfen könnten. Vielen lieben Dank im voraus. Rengin Arndt


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Hallo Rengin Zunächst möchte ich Ihnen 2 Literatur-Tipps geben: - "Türkei. Informationen für binationale Paare" Ein Ratgeber, 12,90€; Brandes-Apsel-Verlag, ISBN: 3-86099-233-3, zu bestellen z.B. unter www.buch.de; - "Mit zwei Sprachen groß werden", Elke Montanari, Koesel-Verlag, 14,95€, ISBN: 3466305969. Letzteres finden Sie mit genauer Beschreibung auf folgender Internet-Seite: www.mehrsprachig.info (für Sie sicherlich auch geeignet um sich im forum auszutauschen) Ist ein deutscher Kiga nicht allzu weit von Ihrem Wohnort entfernt, sollten Sie ihn dem türkischen Kiga erst einmal vorziehen, da Ihre Tochter in der Erzieherin sicherlich einen "Mutterersatz" sieht und Sie als Mutter ebenfalls in Deutsch mit ihr sprechen. Gewöhnen Sie Ihre Tochter nach Absprache mit der Erzieherin in Ihrem Beisein und behutsam an eine größere Kindergruppe, die mit vielen, unbekannten Personen, einem erhöhten Geräuschpegel und mit einem veränderten Tagesablauf erst einmal in Ihrer Sicherheit gebenden Nähe erfahren werden sollte. Das Trocken-Werden klappt meist ganz von allein, wenn Ihre Tochter sich an Ihnen und auch den Kindern orientieren kann. Sind englisch-sprechende Kinder im Kiga, wird Ihre Tochter selbst einen Weg finden um mit ihnen kommunizieren zu können. Mit einem gezielten Lernen der engl. Sprache sollten Sie aber noch eine Weile warten, bis sich Ihre Tochter gut in den Kiga eingewöhnt hat. Dass sie sich auf der Straße nicht gleich von allen Erwachsenen anfassen lässt, sollten Sie als positiv bewerten. Man hört einfach zuviel von Gewalt, sexuellem Mißbrauch und Entführungen. Geben Sie Ihrer Tochter die Nähe, die sie sich von Ihnen wünscht. Da Kinder ein großes Bedürfnis nach Erfahrung und Bewegung haben, wird sie sich zunehmend von Ihnen lösen, wenn sie sich sicher genug fühlt. Dass Sie selbst wieder mehr Kontakt zu Gleichgesinnten haben möchten, kann ich sehr gut verstehen und denke, dass die Eingewöhnung Ihrer Tochter erfolgt ist, wenn sie 3 Jahre jung ist, sodass Sie ruhigen Gewissens eine Arbeit aufnehmen können. Für weitere Fragen stehen Ihnen unsere Seiten beinahe zu jeder Zeit offen. Liebe Grüße und: bis bald?


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