Hallo Frau Ubbens,
Es ist ja teilweise ganz normal, dass kleine Kinder mal nicht hören. Bei meiner Tochter und mir spitzt sich die Lage allerdings immer mehr zu und wird unerträglich.
Ich habe teilweise das Gefühl, sie nimmt mich überhaupt nicht Ernst.
Hier mal ein paar Beispiele:
Wenn wir los wollen lässt sie sich nicht anziehen. Auch wenn ich mir vorher genug Zeit nehme klappt es nicht. Und wenn sie dann doch mal fertig ist, zieht sie sich wieder aus bevor wir los müssen. Selbst wenn ich ihr sage, dass wir dann nicht zur Musikschule können, hört sie nicht. Dann sagt sie wir sollen zuhause bleiben.
Zuhause läuft sie mir dauernd hinterher und spielt kaum alleine. Selbst wenn ich ihr erkläre, dass ich gerade etwas aufräumen muss oder telefoniere. Dann steht sie quengelnd an meinem Bein oder macht dermaßen Blödsinn, dass ich reagieren muss.
Häufig stößt sie auf Widerstand wenn sie etwas nicht darf. Entweder ignoriert sie mein nein völlig und versucht es penetrant weiter. Die andere Reaktion von ihr ist heftiges Schreien. Solche Schrei/Trotzanfälle haben wir mehrmals am Tag und sind schlecht auszuhalten, da wir im einer Mietwohnung leben. Mein Nachbar über mir ist zwar relativ geduldig aber irgendwann ist jede Geduld am Ende.
Leider geht sie auch noch nicht in den Kindergarten weil wir trotz Rechtsanspruch leider keinen Platz bekommen haben. Dies macht die Sitiation nicht gerade einfacher.
Vielen Dank für Ihre Mühe. Ich hoffe Sie haben einen Tipp für mich
von
JanaM92
am 21.09.2020, 20:08
Antwort auf:
3,5 jährige hört nicht und quengelt ständig
Liebe JanaM92,
Ihre Tochter braucht Anreize, sich zu bewegen, kreativ zu werden oder auch einfach, um zu spielen. 3-Jährige können sich generell oft nur für wenige Minuten alleine beschäftigen. Sie brauchen jemanden, bei dem sie gucken oder mit dem sie spielen können. Gehen Sie gerne viel mit Ihrer Tochter nach draußen. Sie soll laufen, Laufrad/Fahrrad fahren, auf dem Spielplatz klettern usw.. Schaffen Sie einen Ausgleich zu den Zeiten zu Hause.
Wollen Sie telefonieren, dann überlegen Sie sich ein Beschäftigungsangebot für Ihre Tochter. Setzen Sie sich z.B. mit Ihrer Tochter an einen Tisch und sie kann in einem Malbuch malen, während Sie telefonieren.
Ihre Tochter darf im Haushalt helfen. Sie kann die Kartoffeln anreichen, die Sie schälen, das Gemüse (vor-)waschen, die Kissen schön auf das Sofa legen, die Küche fegen usw.. Kleinen Kindern macht es meist Spaß und sie sind beschäftigt, wenn sie helfen dürfen.
Kündigen Sie ein Ende der Spielzeit an. "Du kannst die Puppen noch in ihr Bettchen legen, dann wollen wir in den Park / zur Musikschule / zum Einkaufen." Bleiben Sie währenddessen in der Nähe Ihrer Tochter und nehmen sie an die Hand, sobald ihre Tätigkeit beendet ist. Gehen Sie mit ihr zur Garderobe und ziehen sich die Jacken und Schuhe an. Ggf. sind Sie schon fertig, bevor Sie Ihre Tochter anziehen. Auf diese Weise können Sie sofort losgehen, damit Ihre Tochter erst gar nicht die Gelegenheit bekommt, die Jacke wieder auszuziehen.
Müssen Sie ein Nein aussprechen, versuchen Sie gerne, Ihrer Tochter einen Kompromiss anzubieten oder sie abzulenken. "Du kannst das Messer nicht allein bekommen, wir können aber gemeinsam die Gurke klein schneiden." U.ä.. Auf diese Weise können Sie sicherlich so manchen Wutanfall verhindern oder zumindest abmildern.
Viele Grüße Sylvia
von
Sylvia Ubbens
am 21.09.2020
Antwort auf:
3,5 jährige hört nicht und quengelt ständig
Hallo,
wir haben einen ähnlichen Fall. Unsere Tochter wird im Dezember 4 und ist im Gegensatz zu ihren Geschwistern sehr temperamentvoll.
Was mir sehr weiter geholfen hat, war das Buch "Wie anstrengende Kinder zu großartigen Erwachsenen werden: Der Erziehungsratgeber für besonders geforderte Eltern" von Dr . Mary Sheedy Kurcinka.
Der Titel klingt erst mal ein bisschen komisch (blöde Übersetzung), aber das Buch ist wirklich gut und gibt einem ganz viele gute Tipps an die Hand. Es packt das Problem von verschiedenen Seiten an:
Es hilft dabei, das eigene Kind (und sich selbst und auch andere Erwachsene) besser zu verstehen. Dadurch wird man ruhiger und nimmt nicht mehr alles persönlich.
Es ist mit vielen Praxisbeispielen gefüllt (Eltern einer Seminargruppe kommen zu Wort), so dass man sich mit seinen Problemen nicht allein fühlt.
Verschiedene Temperamentsmerkmale werden vorgestellt, die auch unterschiedlich ausgeprägt sein können, so dass nicht alle Kinder in der gleichen Schublade landen.
Es werden konkrete Vorschläge gemacht und Sätze vorgeschlagen für verschiedene Situationen. Am Ende kann man ja selbst entscheiden, ob man etwas davon anwendet.
Am wichtigsten ist aber, dass Wege aufgezeigt werden, wie man je nach Temperamentsausprägung des Kindes verhindert, dass es in die so genannte rote Zone rutscht und einen Wutanfall bekommt. Das hat mir ziemlich die Augen geöffnet und ich war richtig erschrocken, wie ungünstig sich mein Verhalten teilweise auf unsere Tochter ausgewirkt hat.
Ein Ziel des Buches ist es auch, dass die Kinder irgendwann selbst spüren, was für sie gut ist, wie sie sich gerade fühlen und was ihnen in ihrer Situation helfen kann.
Die Autorin bringt auch oft Bezüge zu aktuellen Studienergebnissen und Ansichten relevanter Forscher. Insgesamt liest es sich sehr locker und ansprechend.
Seit ich versuche, die Tipps im Buch anzuwenden, kommen wir meist (nicht immer, aber immer öfter) um die kritischen Situationen und Schreianfälle rum. Wie die Autorin schreibt: Das Ziel ist nicht Perfektion sondern Verbesserung. :)
Ich wünsche dir, dass ihr beide einen Weg findet, der für beide Seiten zufriedenstellend ist und die schönen Momente wieder mehr werden.
Ganz wichtig: Du bist nicht allein und deine Tochter ist nicht " unnormal"!
Liebe Grüße von einer Mutter eines temperamentvollen Mädels und zweier Jungs in der Baby- bzw Vorschulpubertät, die echt mitfühlen kann, wie nervenaufreibend die lieben Kleinen manchmal sind. Man liebt sie und könnte sie im selben Moment manchmal auf den Mond schießen :)
von
Lusija
am 26.09.2020, 20:11