zorce
Sehr geehrte Frau Prof. Henkes, ich wende mich an Sie wegen folgender Angelegenheit. Ich habe mit einem Mann, der im Ausland wohnt, einen 5 jaehrigen Sohn. Der Kindsvater hat mit dem Kind keinen persönlichen Kontakt, da er nicht nach Deutschland kommen möchte. Es ist eine lange Geschichte, er hat mich bedroht und ich habe ihn angezeigt. Trotzdem beharrt der Vater auf einen Kontakt mit dem Kind und zwar per Videokonferenz. Ich habe über den Vater, nie was schlechtes dem Kind erzählt, ich weiß es, dass der Vater Anrecht auf das Kind hat und das Kind auch ein Recht auf den Vater hat, aber das Kind will mit dem Kindsvater nicht reden. Ich habe dem Kindsvater auch erklärt, dass das Kind ihn nicht persönlich kennt und es für ein Kind anstrengend ist, an einer Videokonferenz mit einer fast unbekannten "Person" teilzunehmen. er Kindsvater ist und kann nicht einsichtig sein, er beleidigt mich danach, schreibt alles Moegliche usw. Das Ganze habe ich mehrmals dem Jugendamt und der Polizei gemeldet, aber von denen bekomme ich wenig Unterstützung. Was soll ich noch als Mutter tun, damit das Kind keine "Schäden" von der ganzen Situation bekommt. Das Kind will einfach nicht mit dem Vater reden, er verweigert jedes Gespräch und der Kindsvater beharrt auf diese Videokonferenzen und bedroht und beschimpft mich, ich hätte das Kind manipuliert. Wir haben auch keine Umgangsreglung, da er nicht nach Deutschland gekommen ist, aber anderseits fordert er, dass man mir das Sorgerecht wegnimmt. Das Kind ist sehr gut entwickelt, hat bei der Vorschuluntersuchung sehr gut abgeschnitten. Inwiefern er unter der Situation leidet, kann ich nicht wirklich beurteilen. Koennen Sie uns einen Tipp geben, wie wir weiter vorgehen sollen, bzw. Was ich als Mutter noch tun kann. Mit freundlichen Grüßen Zorce
Guten Tag, ich habe aus Ihrem Schreiben den Eindruck gewonnen, dass es dem Vater Ihres Sohnes gar nicht um seinen Sohn geht. Er möchte über den Sohn weiterhin Einfluß und Macht über Sie ausüben. Das müssen Sie nicht dulden. Sie haben sich aus guten Gründen getrennt und müssen sich den Anfeindungen des Vaters nicht länger aussetzen. Für problematische Familienkonstellationen gibt es beim Jugendamt den sogenannten begleiteten Umgang, bei dem Mitarbeiter des Jugendamtes den Umgang mit einem Elternteil wahrnehmen. Vielleicht lässt es sich einrichten, dass eine solche Videokonferenz mal im Jugendamt stattfindet. Dann können Unparteiische sehen, dass Sie Ihr Kind nicht manipulieren und erleben, dass Ihr Sohn den Kontakt ablehnt. Das könnten sie dann auch dem Kindsvater so mitteilen. Bezüglich des Sorgerechts müssen Sie sich sicher keine Sorgen machen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man als dauerhaft abwesender Vater diesbezüglich etwas bewirken kann. Ihr Sohn sollte nicht zu einem Kontakt gezwungen werden, den er nicht will. Es ist sicher gut, dass Sie ihm nichts Schlechtes über den Vater erzählen, denn das würde ihn unnötig belasten. Aber Ihr Sohn ist schon alt genug, um selber zu merken, dass der Vater ihm nicht zur Verfügung steht. Daher kommt seine Ablehnung und die ist berechtigt. Wenn Sie (für Ihren Sohn) dem Vater auch positive Seiten zugestehen, wird das Ihrem Sohn helfen, wenn er später mal Kontakt zum Vater aufnehmen möchte. Für Ihren Sohn ist es sicher belastend, wenn er bei einer Videokonferenz erlebt, dass der Vater Sie beschimpft und bedroht. Derzeit kann er so gar kein gutes Bild vom Vater bekommen. Sie dürfen Ihren Unterstützungsbedarf diesbezüglich beim Jugendamt stärker einfordern. Dort könnte man den Vater auch daran erinnern, dass an väterliche Rechte auch väterliche Pflichten geknüpft sind, z.B. regelmäßige Unterhaltszahlungen. Für Ihren Sohn kann es später eine Hilfe sein zu erleben, dass er nicht als Einziger ohne Vater aufwächst. Sie können ihm helfen, andere väterliche Objekte zu finden (Großväter, Onkel, Männer aus Ihrem Freundeskreis), mit deren Hilfe er seine männliche Identität ausbilden kann. Ich wünsche ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
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