Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Umgang mit behinderten Kindern

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Umgang mit behinderten Kindern

Firena

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Sehr geehrter Dr. Nohr, meine Tochter ist im November 3 geworden und geht seit Januar in den Kindergarten. In ihrer Gruppe ist ein Junge, der eine mäßig schwere geistige Behinderung hat und verhaltensauffällig ist. Meine Tochter hat sich in ihrer Zeit vor dem Kindergarten bei der Tagesmutter immer sehr sozial verhalten und sich auch sehr lieb und freundlich jüngeren Kindern gegenüber verhalten. Eigentlich ist sie immer sehr gut mit anderen Kindern zurecht gekommen, egal ob jünger oder älter. Mit dem Jungen im Kindergarten kommt sie nicht zurecht. Sie bezeichnet ihn als doof und findet das auch trotz unserer Erklärungsversuche nicht schlimm ("aber er lacht doch wenn man das sagt"). Wir haben versucht ihr zu erklären, dass er nicht doof ist, sondern einige Dinge nicht gut kann und dass er sicher traurig ist, wenn man ihn als doof bezeichnet. Das kommt jedoch gar nicht bei ihr an. Die Erzieherinnen haben mir auf Nachfrage gesagt, dass ihnen das durchaus aufgefallen ist, sie der Sache aber zunächst keine Bühne bieten wollen. Meine Tochter ist sprachlich und intellektuell sehr weit und orientiert sich eher an den älteren Kindern und ist dort wohl auch durchaus tonangebend - sie will das kranke Kind scheinbar nicht in ihrer direkten Gruppe haben. Mich macht das traurig weil ich so ein Verhalten ganz schlimm finde. Kann ich etwas tun oder erwarte ich zu viel von ihr in dem Alter?


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Hallo, der Umgang mit dem Fremden, dem Anderen, ist nicht einfach. Dass Ihre Tochter den Jungen doof findet weist m.E. nicht auf fehlende soziale Kompetenz hin, sondern auf die Unsicherheit, mit Unbekanntem, nicht Vorhersehbarem, umzugehen. Das ist ein Lernprozess. Schwierig wird es oft, wenn Eltern dann mit moralischen Kategorien versuchen, die Kinder zu anderem Handeln zu motivieren, was oft eine Gegenreaktion oder Trotz hervorruft. Sagen Sie Ihre Meinung, Sie können es auch schade finden, dass der Kontakt zu diesem Jungen nicht so gut ist, aber machen Sie ihn nicht zu etwas Besonderem. Und fragen Sie Ihre Tochter was für sie blöd ist, hören Sie ihr zu und nehmen ernst was sie sagt, ohne es gleich wieder besser zu wissen. So regen Sie Ihre Tochter zur eigenen Entwicklung an, was längerfristig viel mehr bewirkt. Dr.Ludger Nohr


Tomsa

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Hi, Mach Dich nicht verrückt! Deine Tochter hat im Prinzip die Situation völlig richtig erkannt, dass ihr Kollege im Kindergarten "nicht helle" ist. Wir Erwachsenen haben das ganze Arsenal von Euphemismen ("anders begabt", "besonderes Kind"....), aber im Grunde wissen wir auch, dass jemand mit einem IQ von 73 nicht unbedingt sehr clever ist und vermutlich in vielen Dingen nicht mit gleichaltrigen Kindern Schritt halten kann. Und je nach Verhaltensauffälligkeit kann ein Kind auch echt nerven, so dass man es nicht gerne um sich hat- Toleranz hin oder her. Wäre es okay, wenn Deine Tochter ein Kind mit normalem IQ und agressivem oder anders auffälligem Verhalten nicht in der Gruppe haben wollte? Es ist unsere Erwachsenenmoral, dass man Tatsachen beschönigt, um niemanden zu verletzen. Aber was für ein Vokabular hat dafür ein Kindergartenkind? Doof. Ich finde das (in diesem Alter) nicht schrecklich oder schlimm. Ich finde es gut, dass Du Deiner Tochter erklärst, dass der Junge behindert ist, dass er das Pech hat nicht so schlau zu sein und dass er Hilfe braucht, wenn er etwas Neues lernen möchte. Und vielleicht ist da die kleine Anführerin ja jemand, der die Herausforderung annimmt, sich ein bisschen um den Jungen zu kümmern bzw. sich mit ihm zu beschäftigen ("Guck mal, der XY kann jetzt mit meiner Hilfe puzzeln!" oder so). Aber erzwingen würde ich dass nicht. Behinderung ist schließlich Normalität für die Betroffenen und eben keine Krankheit - Mitleidsgesten ohne aufrichtige Sympathie sind oft genug kränkend.


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