Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Mama wegschicken - "Papa-Phase" oder Ablehnung? (22 Monate)

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Mama wegschicken - "Papa-Phase" oder Ablehnung? (22 Monate)

JC03

Liebe Frau Henkes, ich habe eine Frage zum Verhältnis zwischen meinem Sohn (22 Monate) und mir. Als er ein Baby war, hat er gerade nachts ganz viel Körperkontakt gebraucht und da ich durch eine alte Verletzung Probleme in der Schulter habe, wurde er die meiste Zeit von meinem Mann getragen und schlief auch nachts auf ihm. Auch heute ist mein Mann tendenziell derjenige, der unseren Sohn trägt, wenn dieser es zur Regulation braucht. Auch andere körperliche Tätigkeiten wie Wickeln, Zähneputzen etc. übernimmt häufiger mein Mann, wenn wir zu dritt sind, da es meine körperlichen Ressourcen schont. Wir nehmen uns beide sehr viel Zeit für unseren Sohn, aber da mein Mann im Gegensatz zu mir Vollzeit arbeitet, verbringe ich untertags mehr Zeit mit ihm. Am Abend und am Wochenende spielt und unternimmt mein Mann jedoch umso mehr mit ihm. Nachts habe ich öfter Dienst, was ich leider gegenwärtig nicht ändern kann. Somit ist es nicht überraschend für mich, dass unser Sohn sich seit jeher eher an meinen Mann hält, wenn er Trost braucht oder Schutz sucht (wenn wir z.B. zusammen andere Leute besuchen, hängt unser Sohn, der  schüchtern ist, sehr an meinem Mann). Er lässt sich auch von mir gut trösten und regulieren, aber wenn man Mann zugegen ist, möchte er gerade in vulnerablen Situationen nur zu ihm. Dies gilt auch gerade für die Nacht, wenn er Körperkontakt sucht. Seit einigen Wochen ist es allerdings so, dass unser Sohn nicht mehr nur bevorzugt zu meinem Mann geht, sondern mich in dessen Gegenwart wegschicken möchte. Er sagt unheimlich oft „Mama weggehen“, „Mama nein“, „Mama mag ich nicht“; teilweise wird er richtig wütend dabei. Selbst, wenn wir gerade noch zu zweit fröhlich am Spielen waren und mein Mann hinzukommt, sagt unser Sohn dann schnell "Nein, Mama weg". Mir tut das teilweise weh, obwohl mir bewusst ist, dass er dies natürlich nicht grundsätzlich so meint. Geht mein Mann arbeiten (er arbeitet vorwiegend im Homeoffice) oder aus einem anderen Grund weg, kann sich unser Sohn nur schwer von ihm trennen. Wenn ich dann alleine mit ihm Zeit verbringe, lässt er sich wieder auf mich ein. Aber es scheint, als würde er mich, wenn wir zu dritt sind, als Konkurrenz um die Aufmerksamkeit meines Mannes betrachten. Tatsächlich ist es so, dass mein Mann und ich natürlich in seiner Gegenwart auch ab und zu ein „Erwachsenenthema“ besprechen, aber wir achten darauf, dass wir das kurz halten ihn möglichst nicht ausschließen. Aber natürlich ist die Situation anders, wenn ich nicht da bin, dann kann unser Sohn ungestört mit dem Papa spielen und hat seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Kürzlich war mein Mann einige Tage auf Dienstreise. Natürlich vermisste unser Sohn ihn, v.a. nachts, aber mir gegenüber verhielt er sich ganz normal. Kaum war mein Mann zurück, gingen die „Mama weg“-Rufe sofort wieder los, seither sogar noch verstärkt. Nach dem, was ich bisher als stille Leserin aus Ihren Antworten an andere Fragestellende erfahren habe, gehe ich davon aus, dass es wichtig ist, dass ich in solchen Momenten eben nicht tatsächlich weggehe, damit unser Sohn meine Unsicherheit nicht spürt und nicht merkt, dass er mir mit solchen Aussagen wehtun kann. Mein Mann betont dann auch, dass er möchte, dass Mama da ist und wir drei jetzt zusammenbleiben. Unser Sohn beschwert sich dann erst einmal, akzeptiert es dann aber meist – bis zum nächsten Mal. Denken Sie, das ist eine vorübergehende Phase, in der unser Sohn meinen Mann eben ganz besonders bevorzugt und exklusiv für sich haben möchte oder könnte es sein, dass es sich doch eher um eine Ablehnung meinerseits handelt? Ich habe mitbekommen, dass viele Kinder vorübergehend ihren Vater bevorzugen, wenn sie sich von der Mutter als primäre Bindungsperson zu lösen beginnen. Bei uns ist mein Mann aber vermutlich sowieso die primäre Bindungsperson. Haben Sie noch einen Tipp, wie ich mich in solchen Situationen verhalten sollte? Herzlichen Dank und schöne Grüße!  Vielen Dank und beste Grüße!


Ingrid Henkes

Ingrid Henkes

Guten Tag, Sie müssen sich keine Sorgen machen. Ihr Sohn lehnt Sie nicht ab. Er ist sicher an beide Eltern gebunden, wie Sie an seinem Verhalten sehen, wenn jeder von Ihnen mit ihm allein ist. Ihr Sohn hat von Beginn an zu Ihnen beiden eine enge Beziehung aufbauen können. Jetzt ist er in einem Alter, in dem Kinder bewusster erkennen, dass sie mit den Eltern in einer Dreierkonstellation sind. Das kann mit unterschiedlicher Intensität eine unbewusste Rivalität zu einem Elternteil auslösen. Kinder wollen in dieser Phase nicht mehr nur von beiden Eltern geliebt werden, sondern sie wollen die Liebe zu dem derzeit bevorzugten Elternteil auch exklusiv genießen. Der jeweils andere Elternteil wird dann weggewünscht. Gerade in der Trotzphase, in der es um die Erprobung des eigenen Willens geht, kann das Nichterfüllen dieses Wunsches zu Wut führen. Nun gibt es Bereiche, in denen Kinder in der Trotzphase ihren Willen bekommen sollten. Für die Familienkonstellation gilt dies jedoch nicht. Ihr Sohn muss akzeptieren lernen, dass Sie in der Familie zu dritt sind. Dies ist eine der Situationen, in denen Eltern vor allem standhalten müssen, wie Sie das bereits tun. Wenn Sie die Ursachen für das Verhalten Ihres Sohnes akzeptieren können, fällt es Ihnen vielleicht leichter, sich von seinem Verhalten nicht verletzt zu fühlen. Ihr Sohn ist noch sehr auf das Wohlwollen seiner beiden Eltern angewiesen, auch wenn sein Verhalten zur Zeit etwas anderes signalisiert.  Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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