Meine Tochter ist 2 1/2 und sehr sprachbegabt. Mein Vater ist früh verstorben, sie hat ihn nicht mehr kennengelernt. Ich dachte immer, es wäre das Beste, aus dem Thema Tod kein Tabu zu machen. Bei ein paar Gelegenheiten (z.b. Kind fragt "wer ist das auf dem Foto?") habe ich erklärt: das ist dein Opa, der ist schon gestorben und ist jetzt im Himmel und passt auf uns auf. Für meine Tochter schien das ok zu sein. Vor ein paar Tagen haben wir im Keller aufgeräumt. Ich erwähnte dabei: "Hier war mal der Bastelkeller von deinem Opa im Himmel. Der hat hier immer alles mögliche repariert, der konnte nämlich super Sachen reparieren." Mein Kind wurde ganz still und komisch, fing auf Nachfrage an zu weinen und wollte den Keller fluchtartig verlassen. Wir sind später zu dem Schluss gekommen, dass es sie traurig macht, wenn ich von ihrem toten Opa erzähle. Sie hat mir unter Tränen immer wieder gesagt, das ich nichts mehr erzählen soll (nur noch schöne Geschichten über Tiere) und dass sie auch nie wieder in den Keller will. Mein Mann hat auch vor kurzem versucht, ihr zu erklären, dass es Tiere gibt, die andere Tiere essen. Da hat sie ähnlich abwehrend reagiert ("du sollst nichts schlimmes erzählen!). Wenn sie spielt, essen die Tiger z.b. auch immer "Tigerfutter". Ist ihr Verhalten normal? Wie kann ich vorgehen um ihre Ängste zu mildern/nicht zu verschlimmern?
von
Yvon
am 21.01.2021, 17:03
Antwort auf:
Kleinkind weint und blockt ab beim Thema Tod
Guten Tag,
ich finde das Verhalten Ihrer Tochter nicht ungewöhnlich oder bedenklich. Es ist ganz normal für ein Kind dieses Alters. Sie kann sich unter Tod noch gar nichts vorstellen. Ich vermute auch nicht, dass sie traurig wegen des toten Opas ist, den sie nie gekannt hat. Ihre Informationen zum Foto kann sie gut annehmen, weil sie ihnen noch keine Bedeutung zumisst. So machen Sie aus dem Thema Tod tatsächlich kein Tabu und Ihre Tochter kann sich an das Sprechen über Verstorbene gewöhnen.
Anders sieht es aus, wenn sie erfährt, dass der Opa mal im Keller war. Kleine Kinder haben noch keinen Bezug zur Vergangenheit.Wenn er schon mal da war, könnte er auch wiiederkommen. Sich vorzustellen, dass ein Fremder im Keller wäre, kann ihr Angst machen. Sie könnten mit ihr zum Grab gehen und ihr erklären, dass der Opa da liegt und bleibt. Dann kann sie sicher sein, dass er nicht in Ihren Keller kommt.
Kinder dosieren in der Regel, welche Informationen sie schon verkraften und welche sie überfordern. Manches nehmen sie dann je nach Alter einfach nicht wahr. Das sieht man oft bei Märchen, wenn die Kinder sich z.B. nicht vor dem Verbrennen der Hexe ängstigen, weil sie ihre gerechte Strafe bekommt. Sich das tatsächlich vorzustellen, wäre doch sehr grausam.
Ihre Tochter ist noch damit überfordert, sich vorzustellen, dass Tiere andere Tiere fressen können. Es reicht, wenn sie das mit der Zeit erfährt. Ich finde es gut, dass sie so deutlich sagen kann, was sie schon an Erklärungen aushalten kann und was nicht. Und ist es nicht wirklich so, dass Tiger Tigerfutter fressen? Details sind da noch nicht nötig.
Sie können in diese Spielphantasie Ihrer Tochter mit einsteigen und sich die besten Futterarten ausdenken. Irgendwann wird sie schon akzeptieren, dass eine so niedliche Katze Mäuse fressen muss, um zu überleben.
Ich wünsche Ihnen alles Gute.
Ingrid Henkes
von
Ingrid Henkes
am 22.01.2021