Liebe Frau Schuster, vor einiger Zeit schrieb ich Ihnen, als meine Tochter (3 1/4) anfing den Kindergarten zu besuchen. Sie ist nun seit fast 3 Monaten im Kindergarten und ich persönlich sehe keine großen Fortschritte in ihrem Verhalten, sprich: offener sein, mit Anderen sprechen etc. Die Erzieherinnen sagen, sie macht keinen unglücklichen Eindruck, sie beobachtet halt noch sehr viel. Seit 2 Wochen sind die Vorschulkinder nicht mehr da und ich habe das Gefühl, dass es meiner Tochter sehr gut tut, sie sagt auch, die Großen seien ihr zu wild und zu laut. Heute wurde Geburtstag gefeiert und sie hat sogar mitgesungen. Die Erzieherinnen plädieren dafür, ihr Zeit zu geben, was ich auch tue. Wieso ich Ihnen eigentlich schreibe ist aber etwas ganz Anderes. Meine Tochter ist zu Hause und in einer ihr gewohnten Umgebung ein sehr lebhaftes Kind. Sie hat eine 20 Monate alte Schwester mit der sie sich gut versteht, sehr viel lacht, viel spielt und tobt, aber auch teilweise heftig streitet (ist glaube ich normal). Seit einiger Zeit weiß ich nicht mehr, wie ich mich meiner Tochter gegenüber in sog. Wutsituationen oder während Wutanfälle verhalten soll. Wenn sie wütend wird, schreit sie: "Keiner soll mit mir sprechen, so, jetzt haue ich dich" Sie wird sehr laut, machmal hysterich und gibt lauthals Widerworte, so dass man sich wirklich nicht vorstellen kann, dass sie Fremden gegenüber und auch anderen Kindern gegenüber so zurückhaltend ist, wie früher beschrieben. Ich glaube, ich habe einfach im Laufe der Zeit zu viele Erziehungsratgeber gelesen und weiß nun nicht mehr, was ich in so einer Wutsituation machen soll. Früher habe ich meiner Tochter immer gesagt, sie soll normal sprechen, sich beruhigen etc. wenn dies nichts genützt hat, habe ich angekündigt, dass sie in ihr Zimmer gehen muss, weil ich keine Lust habe mich anbrüllen zu lassen. Wenn dies nichts genützt hat habe ich sie in ihr Zimmer gabracht und habe gesagt, sie kann wieder zu mir kommen, wenn sie sich beruhigt hat. Irgendwann beruhigte sie sich und kam zu mir. Wenn sie sehr lange getobt oder geweint hat, bin ich rein und fragte sie, ob sie sich beruhigt hätte und sie zu mir möchte. Das funktionierte meistens. Dann habe ich gelesen, dass Kinder ihre Gefühle ausleben und zulassen müssen. Und ist es nicht so, dass, wenn ich sie in ihr Zimmer schicke, dass ich ihr dann zeige, dass es nicht gut ist Wut und Trauer zu zeigen? Ich schicke sie nur dann in Ihr Zimmer, wenn sie wirklich unverschämt zickig ist. In letzter Zeit tendiere ich dazu sich "austoben" zu lassen, wobei ich das Gefühl habe, dass sie dann sehr aggressiv wird, immer bockiger und zickiger wird und ich selber das Gefühl habe, ich bin nicht mehr "Herr der Lage". Bitte nicht falsch verstehen, aber ich komme mir dann richtig "schwammig" vor und weiß nicht, soll ich eingreifen oder nicht. Soll ich zulassen, dass sie so "laut diskutiert" oder soll ich es unterbinden. Aus meiner eigenen Kindheit weiß ich, dass ich zu Hause sehr "leidenschaftlich diskutiert " habe. Meine Eltern empfanden mich als sehr, sehr vorlaut und gaben mir sehr oft zu verstehen, dass es sich für ein Kind nicht gehört so mit den Erwachsenen zu sprechen. Noch heute ist es so dass ich zu Hause eine "große Klappe" habe und draußen eher zurückhaltender bin. Es ist sehr lang geworden. Um es einfach auf den Punkt zu bringen: Ich habe Angst, dass wenn ich die Wutausbrüche oder Vorlautes Diskutieren meiner Tochter unterbinde, dass ich gleichzeitig ihr die Möglichkeit nehme, selbstbewusst zu sein. Andererseits habe ich das Gefühl, sie wird zu Hause immer frecher, aber es hat keine positiven Auswirkungen auf ihr Verhalten Fremden gegenüber. Ich hoffe, sie haben mein ANliegen verstanden und freue mich jetzt schon auf Ihre Antwort. Denn so eben beim Schreiben sind mir uach einige Blitzlichter aufgegangen. LG Ines.
Mitglied inaktiv - 04.07.2008, 00:09