Sehr geehrte Frau Schuster,
Vielen lieben Dank für Ihre wertvollen Ratschläge auf meine Frage, die ich nun versuche umzusetzen! http://www.rund-ums-baby.de/erziehung/Wird-mein-Kind-ein-Aussenseiter_108253.htm
Nun hat sich die Situation wieder etwas verändert, worüber ich äußerst überrascht bin und nicht weiß, wie ich "dieser Phase" meines 2 jährigen Sohnes gegenübertreten soll.
Die "Aussenseiter"-Rolle (wie in meiner Frage) in den Spielgruppen nimmt er nach wie vor ein.
Nun hatten wir 2x Besuch von gleichaltrigen Kindern und er verteidigt seine eigenen Spielsachen vehement. Kaum kommt ein Kind bei der Tür rein, geht auf die Spielsachen zu, kommen schon erste Anweisungen: NEIN! Das geht dann weiter, dass er den Kindern jedes Spielzeug (egal ob mein Sohn es mag oder nicht) wegnimmt, mit erhobenen Zeigefinger NEIN sagt oder es zu mir in Sicherheit bringt. Einerseits bin ich ja sehr stolz darüber, dass er sich endlich einmal Gleichaltrigen gegenüber durchsetzt, seine eigenen Grenzen absteckt. Andererseits kann ich das so halt auch nicht durchgehen lassen. Er muss ja auch teilen lernen. Ich habe schon vieles probiert: Kompromisse geschlossen, ihm lang und breit Erklärungen abgeliefert, versucht ein gemeinsames Spiel herzustellen,... Andererseits möchte ich auch seine Grenzen akzeptieren, wenn er es schon mal ausspricht!
Das einzige was hilft, ist die Zeit. Nach ca. 1-2 Stunden hat er sich an seinen Spielkameraden gewöhnt und ist auch bereit, Spielsachen zu teilen.
Wie soll ich nun diesen unterschiedlichen Verhaltensweisen begegnen: Außerhalb seiner gewohnten Umgebung muss man ihn bestärken Grenzen zu setzen und zuhause Einhalt gebieten. Verwirrt ihn das nicht zu sehr?
Vielen lieben Dank für Ihre Hilfe!
Liebe Grüße,
Schnatterliesl!
von
Schnatterliesl
am 15.02.2013, 11:06
Antwort auf:
Aussenseiter vs. Chef zuhause
Hallo Schnatterliesl
Damit Ihr Sohn zunehmend lernt zu teilen muss er erst einmal erfahren können dass sein ganz persönliches Eigentum respektiert wird.
Stellen Sie darum bitte mit ihm gemeinsam eine ganz persönliche Spielkiste mit seinen Lieblingsspielsachen zusammen. Über diese "Kiste" DARF er der alleinige Bestimmer sein und diese Kiste wird weggeräumt, wenn sich Besuch von anderen Kindern anmeldet.
Ebenso gibt es dann eine "Spielkiste" für Alle, die spielen möchten!
Zusätzlich empfehle ich Ihnen sich vorerst selbst während der Aufwärm-Phase an den Aktivitäten zu beteiligen um möglichst rasch korrigierend eingreifen zu können und auf diese Weise Ihrem Sohn zu helfen ein angemessenes soziales Verhalten zu lernen.
Liebe Grüße und: bis bald?
von
Christiane Schuster
am 15.02.2013
Antwort auf:
Aussenseiter vs. Chef zuhause
Hallo,
wenn ich darf, würde ich auch gern etwas dazu sagen. Ich glaube, Du hast deutlich zu hohe Erwartungen an die sozialen und kognitiven Fähigkeiten eines erst zweijährigen Kindes. Es ist absolut normal, dass Dein Sohn noch nicht teilen will - schon gar nicht auf seinem eigenen "Terrain", also zu Hause. Man kann dies natürlich erzwingen oder das Kind zum Teilen drängen, um andere Kinder (und deren Mütter...?) zufriedenzustellen. Ich habe das bei meinen Kindern auch manchmal gemacht, um Gastkinder nicht zu sehr zu frustrieren. Was aber tabu war, waren die Lieblingsspielsachen meiner Kinder, die mussten sich nicht hergeben.
Dass ein zweijähriges Kind freiwillig und gern seine Spielsachen teilt, ist eher ungewöhnlich. Auch wenn es sicher Kinder gibt, die da etwas gelassener oder gleichgültiger sind als andere. Viele dagegen verteidigen ihr Hab und Gut mit Zähnen und Klauen, dies ist normal. Hab' etwas Geduld und Vertrauen in Deinen Sohn. Ein gutes Sozialverhalten zu entwickeln - das braucht viel Zeit und klappt oft erst im Laufe des Kiga-Alters, aber es kommt. Man kann diese Entwicklung auch nicht durch ausführliche Erklärungen und Predigten ans Kind beschleunigen. Es ist aber sicher okay, mit sanftem Nachdruck zum Teilen aufzufordern, wenn Du schlecht zuschauen kannst, wie er gar nichts abgibt (obwohl auch dies normal ist).
Dass er sich einerseits abgrenzen muss (wenn jemand seine Grenzen überschreitet), er andererseits aber das Teilen lernen muss - dieser Widerspruch kommt nur Dir kompliziert vor, weil Du sehr kopflastig und kontrolliert da herangehst. Für ein Kind ist dieser Lernprozess machbar, er geschieht (bei gutem Vorbild) von selbst, wirst sehen. Kinder sind klug, komplex, flexibel - sie verstehen diesen Unterschied irgendwann völlig problemlos.
Ich bin auch tendenziell eine eher kopflastige Mutter, habe sehr viel über kindliche Entwicklung gelesen (befasse mich auch beruflich damit) und habe daher früher gedacht, ich müsse absolut ALLES durch bewusste Erziehung leisten. Was hier unbewusst dahinter steckt, ist aber oft Angst: Ich bin an ALLEM Schuld, was bei meinem Kind nicht optimal läuft. Ich bin für die gesamte Persönlichkeit meines Kindes verantwortlich, denn mein Kind ist das Produkt meiner Erziehung. Ich muss daher alles kontrollieren, bis ins Kleinste, und ich muss alles richtig machen.
In Wirklichkeit ist das viel zu viel - zuviel Selbstanspruch, zuviel Anspruch ans Kind, was ich aber auch erst im Laufe der Jahre gelernt habe. Kinder entwickeln sich auch gut, wenn man nicht ununterbrochen an ihnen herumerzieht, sie psychologisch deutet, ungünstige Entwicklungen wittert, sich für ihre Persönlichkeit als maßgeblich sieht. Ich habe inzwischen zwei Kinder, die sehr unterschiedlich sind. Das entlastet mich irgendwo auch, denn ich sehe, wie unheimlich viel bei ihnen schlicht angeboren und Veranlagung ist. Ich bin nicht "Schuld", wenn das eine Kind eher zurückhaltend und schüchtern ist (und im Kiga-Alter schwer Anschluss fand). Und auch nicht, wenn das andere eher draufgängerisch ist und schneller Blessuren bekommt, weil es unvorsichtiger ist.
Kinder lernen vor allem durch unser Vorbild. Das ist eine Plattitüde, aber es stimmt. Unsere erzieherischen Interventionen sind sicher manchmal wichtig, aber nicht ausschlaggebend. Wenn Du ein offenes Haus pflegst, oft Gäste hast und diese gut gelaunt bewirtest, wenn Du Anderen hilfst, die gerade Unterstützung brauchen (Nachbarin beim Blumengießen) und dies Deinem Kind vorlebst oder (mit Begründung) erzählst, dann wird auch Dein Sohn das Teilen ganz von selbst lernen - im passenden Alter.
Und wenn Du andererseits gut auf Dich achtgibst, Deine Bedürfnisse gegenüber Deinem Kind und Deinem Mann, Deiner Verwandtschaft, Deinen Freundinnen oder auch Außenstehenden gut verteidigen kannst, darauf bestehst, respektvoll behandelt zu werden - dann wird auch Dein Kind lernen, auf sich achtzugeben und Anderen keine Grenzüberschreitungen erlauben - im passenden Alter (dies kann natürlich viele Jahre dauern, das ist normal).
Sorry für diesen Roman, aber irgendwo habe ich mich selbst (damals beim ersten Kind) ziemlich stark in Deinem ein bissel unnötig problematisierenden Posting wiedererkannt und musste einfach was dazu loswerden... :-)
LG
von
Bonniebee
am 15.02.2013, 12:40
Antwort auf:
Aussenseiter vs. Chef zuhause
Hallo!
Vielen lieben Dank für die Antworten! Sie haben mir sehr geholfen und mich zum Denken angeregt. Ich werde die Ratschläge beherzigen!
Schönes Wochenende,
Schnatterliesl!
von
Schnatterliesl
am 15.02.2013, 13:05