Frage im Expertenforum Recht an Nicola Bader:

Darf man einer Medizinstudentin eine mündlich-praktische Prüfung im Mutterschutz

Nicola Bader

 Nicola Bader
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht

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Frage: Darf man einer Medizinstudentin eine mündlich-praktische Prüfung im Mutterschutz

Elina Bo

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Ich bin derzeit in der 24. Woche schwanger und im 4. Semester meines Medizinstudiums. Mir fehlen noch zwei Anatomietestate die an der Leiche durchgeführt werden, um mein Physikum antreten zu können. Mein Professor möchte mir diese Prüfungen nicht anbieten da ich mich dann noch in der postnatalen Mutterschutzfrist befinde. Das bedeutet für mich das ich ein Jahr auf mein Physikum warten muss, obwohl mir dann nur noch dieser Schein fehlt und ich so im Herbst diesen Jahres mein Physikum ablegen könnte. Ist dies überhaupt rechtens? Er hat mir lediglich eine Prüfung nach meiner Schutzfrist angeboten, die mir aber zeitlich gesehen keinen Ausgleich bietet, da ich dann trotzdem kein Examen ablegen kann. Ich dachte laut Mutterschutzgesetz müsste mir eine äquivalente Prüfung angeboten werden, damit mir kein erheblicher Zeitverzug droht? Vielen Dank im Voraus


Nicola Bader, Rechtsanwältin

Nicola Bader, Rechtsanwältin

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Hallo, Bei Studentinnen ist die Schutzfrist nach der Entbindung – anders als bei Frauen in Ausbil-dungsverhältnissen – nicht verpflichtend (obligatorisch). Nach § 3 Absatz 3 MuSchG darf die Hochschule es demnach zulassen, dass eine Studentin ihre hochschulische Ausbildung (z. B. auch für die Teilnahme an einem Prüfungstermin) noch in der Schutzfrist nach der Entbindung (Zeit des sog. Wochenbetts) wiederaufnimmt, wenn die Studentin dies ausdrücklich gegenüber der Hochschule verlangt (Leitfaden für Hochschulen zum Mutterschutz im Studium; Stand Dezember 2019). DARF es zulassen. Hier wird es um das Stillen und die Arbeit an der Leiche gehen - kann das sein? Diesen Nachteil darf es leider geben. Liebe Grüße NB


mellomania

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Der nachgeburtliche Mutterschutz ist unantastbar, auch für dich. Auf den vorgeburtlichen hingegen kann man verzichten.


Elina Bo

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Unantastbar ist er laut neuem Mutterschutzgesetz nicht mehr. Man darf bei ausdrücklichem Wunsch davon abtreten, darum geht es mir.


mellomania

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Das wäre mir neu. Es ist ausdrücklich nicht möglich. Für keinen. Hast du einen link bitte? Sollte es sich geändert haben, lese ich gerne nach


Elina Bo

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https://www.bmfsfj.de/resource/blob/94398/a9ca0a5dc5a2b13d2eabed2c2125caea/mutterschutzgesetz-leitfaden-deutsch-data.pdf Seite 58 letzter Abschnitt


bobcat

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MuSchG  § 3 (3) 1Die Ausbildungsstelle darf eine Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 bereits in der Schutzfrist nach der Entbindung im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen, wenn die Frau dies ausdrücklich gegenüber ihrer Ausbildungsstelle verlangt. 2Die Frau kann ihre Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.


mellomania

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Danke :-)


Pamo

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Ich tippe mal darauf, dass dem Prof diese Möglichkeit ebenso wenig bekannt war wie mir. Hast du konkret mit Nennung der entsprechenden Paragraphen darauf hingewiesen? Ich würde nochmal das persönliche Gespräch suchen.


Elina Bo

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Dem Professor ist es sehr wohl bewusst. Er sitzt im Prüfungsausschuss und ist auch bestens mit der Hausjuristin bekannt. Selbst die Gleichstellungsbeauftragte ist in dieser Hinsicht nicht auf der Seite der Studierenden.


mellomania

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nur weil du verzichten möchtest, heitß es dann auch, dass dir das gewährt werden MUSS? das ist eben zu klären...wenn es auf deinen wunsch hin kein pflicht gibt wäre das sehr ärgerlich..


Soie

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o.t.


KielSprotte

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Der Teufel steckt im Detail: Der Ausbilder DARF dir die Prüfung anbieten - er MUSS es aber nicht. Und wenn deine Uni /dein Prof. das nicht möchte, dann wirst du keine Möglichkeit haben dieses durchzusetzen.


Mamamaike

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Hallo, es wird sich um den Punkt drehen, dass das Testat an der Leiche stattfindet. Ich weiß noch von früher, dass dort ganz besondere Sicherheitsvorkehrungen gelten für alle Lebenden, die dort arbeiten. Wenn schon die Gleichstellungsbeauftragte und die Hausjuristin eingeschaltet ist, bleibt Dir nur der Klageweg, der im Falle einer "darf-Regelung" aber alles andere als vorhersehbar ist. Viele Grüße


mamavonbaby

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Das krasse daran ist, für Studentinnen galt bis zur Änderung der Mutterschutz gar nicht. Es zählte nicht mal als Entschuldigtes Fehlen wenn man zur Prüfung im KH war und das Kind geboren wurde. Und plötzlich soll man in der Zeit gar keine Prüfung mehr ablegen dürfen?


Elina Bo

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Genau das ist mein Standpunkt. Dieser besagte Professor ist sich seiner Machtposition einfach bewusst und verwehrt mir einfach mein Physikum, obwohl auch klar im MuSchuGesetz steht, dass Schwangere Studierende keinerlei Benachteiligung drohen darf. Mich dann einfach ein Jahr auf ein Wartegleis zu stellen ohne jede vernünftige Begründung ist einfcah nur diskriminierend, Punkt.


mellomania

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Das ist deine Meinung. Er beruft sich aufs Mutterschutz Gesetz. Wenn er noch mit den o.g. Sicherheitsvorkehrungen kommt, wirst du nichts machen können. Er muss es nicht. Im Gesetz steht: kann.


Mörchen17

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Ich würde mich da tatsächlich von einem Anwalt, der Prüfungsrecht macht, beraten lassen, ob man die Verweigerung akzeptieren muss oder nicht. Auf den Rat von juristischen Laien, und sei dieser noch so dezidiert, würde ich nichts geben. Das Prüfungsrecht ist speziell und ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man die Teilnahme tatsächlich durchsetzen kann (immerhin ist das Ganze grundrechtsrelevant und die Frage ist ja tatsächlich, warum der Mutterschutz der Ablegung von Prüfungen eigentlich entgegenstehen sollte).


mellomania

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Es steht aber kann drin. Und nicht muss auf Verlangen. Da wird das Problem sein


Mörchen17

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Da steht "darf", nicht "kann", und zudem ist eine Universität, jedenfalls wenn es um die Abnahme von Prüfungen geht, hoheitlich tätig und daher kann ihr Ermessen, selbst wenn ein solches bestehen sollte, eingeschränkt (bis hinunter auf Null) sein, wenn die Rechte der Studentin dies gebieten. Deswegen kann ich nur sagen, ab zu einem aufs Prüfungsrecht spezialisierten Anwalt.


mellomania

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Es steht aber nicht: muss!


Mörchen17

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Es muss nicht "muss" dort stehen, damit man einen Anspruch auf Abnahme der Prüfung hat, glaube es mir. Du musst hier auch nicht immer wieder erklären, wie Du die Rechtslage interpretierst, denn darauf kommt es schlicht nicht an.


mellomania

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Das gilt es zu klären :-)


mamavonbaby

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Nein es steht "Darf"....das heist die Hochschule darf die Studentin die Prüfung machen lassen, ohne das dies irgendwelche Konzequenzen für die Hochschule nach sich ziehen würde. (Konzequenzen wäre zum Beispiel ein Bußgeld)


cube

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denn der Verzicht auf den nachgeburtlichen MuSchu muss man schriftlich! über das Formular "Einverständniserklärung zur Leistungserbingung" anzeigen. Soweit ich weiß, darf die Uni dir die Erbringung des Leistungsnachweis dann nicht verweigern. Diese Erklärung kann von dir aber auch wieder widerrufen werden - dazu bedarf es dann ebenfalls des entsprechenden Formulars. Andererseits gelten dennoch die gesetzlichen Vorschriften bzgl. Gefährdungsbeurteilung. Arbeit an einer Leiche kann da durchaus evt. gegen sprechen. Dann gilt aber: "Nachteilsausgleich Ergibt das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, dass die Studentin aufgrund ihrer Schwangerschaft/Mutterschaft/Stillzeit, insbesondere Veranstaltungen mit Anwesenheitspflicht nicht (ausreichend) besuchen kann, müssen zeitliche Nachteile, z. B. wenn Alternativangebote oder Nachholtermine nicht möglich sind, durch andere Regelungen ausgeglichen werden..." Formulare zur Gefährdungsbeurteilung sind ebenfalls idR auf der Website der jeweiligen Uni einsehbar. Also wenn du bis jetzt evt. nur darüber gesprochen hast, musst du eh erst mal das o.g. Formular offiziell einreichen - alles andere ist ansonsten nur theoretisches Gerede ohne das sich die wirklich zuständigen Menschen an der Uni damit auseinander setzen müssen. Entscheiden tut das ja nicht dein Prof., sondern die zuständigen Stellen der Uni.


Elina Bo

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An Cube: genau, bis dato haben wir nur mit dem Dekan, dem zuständigen Professor und derGleichstellungsbeauftragten Emailverkehr betrieben. Ich habe noch keinen Antrag auf Nachteilsausgleich gestellt, da der besagte Professor im Vorstand des Prüfungsausschusses sitzt und ich nicht weiß, wie sich das auf die Befangenheit auswirkt. Kann eine Email denn eigentlich als offizielles Dokument angesehen werden? Denn falls nein ist meine Schwangerschaft garnicht als solche bei der Uni hinterlegt und ich könnte mich einfach für die Prüfung anmelden und hingehen. Oder kann man mich deswegen exmatrikulieren? Einen Anwalt kann ich mir leider momentan nicht leisten, der von unserer Asta konnte mir auch nicht weiterhelfen.


cube

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Ich würde das offizielle Dokument dazu ausfüllen und gegen Empfangsbestätigung (Kopie unterschreiben lassen), per Einwurf-Einschreiben oder Mail an die Uni schicken. Bei der Uni hier vor Ort wäre das zB das Studierendensekretariat und da geht es sowohl postalisch als auch per Mail. Schau das bei dir noch mal nach - nicht, das deine Uni auf postalische Zustellung bestehen. Normalerweise sollte auf der Seite der Uni die Adresse/zuständige Stelle/Ansprechpartner der Uni für diese Dokumente stehen. Das hat ja erst mal nichts mit Gleichstellung zu tun - hier geht um MuSchu (also Schwangere & stillende Studentinnen) und Prüfungen. Und dazu gibt es Vorgaben und Gesetze. Die dein Prof evt. nicht kennt? Einige Änderungen sind ja noch nicht so irre alt und möglicherweise eben auch gar nicht jedem schon geläufig. Aktuell brauchst du auch keinen Anwalt. Du hast ja noch gar nichts offiziell beantrag oder mitgeteilt und alle Aussagen bisher dazu sind eben auch noch inoffiziell und evt. gar nicht genau recherchiert worden.


Elina Bo

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@ cube: Wenn ich den Antrag auf Nachteilsausgleich stelle, ist meine Schwangerschaft ja über das Dokument offiziell eingereicht. Damit hat der Professor dann die Möglichkeit mich von allen universitären Veranstaltungen (auch Prüfungen) auszuschließen. Da er auch im Vorstand des Prüfungsausschusses sitzt und der Antrag zum Prüfungsausschuss geschickt werden muss, sehe ich aufgrund der Befangenheit auch keine Möglichkeit diesen durchzusetzen.


SumSum076

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Kannst du irgendwie herausfinden, wie das von der Hochschule bzw vom Prof VOR der Umstellung des MuSchG gehandhabt wurde? Vielleicht ist der Umweg über die https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/startseite/startseite-node.html etwas für dich? Auf der Seite wird geschildert, wie die Antidiskriminierungsstelle in verschiedenen Fällen vorgeht. Und vielleicht, wenn der Prof ja nur seine Macht ausleben will, hilft ein wenig Nachfragen von offiziellen Stellen?


cube

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Aber von der Schwangerschaft weiß die Uni u der Prof doch eh - du hast so geschrieben, er will dich deswegen nicht vom Mutterschutz entbinden/zum Schein zulassen?


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