Liebe Frau Schuster,
Meine Großmutter leidet an einer seltenen Krankheit des zentralen Nervensystems (ALS). Inzwischen kann sie kaum noch verständlich sprechen, die Koordination ihrer Bewegungen fällt ihr zunehmend schwerer und sie wird immer schwächer. Dabei ist sie aber vollkommen bei Verstand.
Mit meinen Sohn (28 Monate) bin ich oft bei meiner Großmutter zu Besuch, sie liebt ihren Urenkel sehr, aber er fürchtet sich vor ihr wegen der unklaren, mühsamen Sprache und das macht sie sehr traurig.
Ich weiß nicht, wie ich mit meinem Sohn damit umgehen soll. Ich habe ihm erklärt, daß die Uroma sehr krank ist und die Krankheit ihre Sprache kaputt gemacht hat, daß sie aber denkt und fühlt wie wir. Daraufhin hat er gesagt, man müsse "heile machen". Ich habe gesagt, daß das nicht ginge und wir alle sehr traurig deswegen seien. Das hat ihn sehr beschäftigt.
Ich stimme mit Ihnen überein, daß der Tod und das Sterben zum Leben gehören. Ich bin mir nur unsicher, in welcher Form, ich das meinem Sohn in seinem Alter vermitteln soll, wieviel er vekraftet, ohne beispielsweise Albträume zu bekommen. Bis jetzt habe ich mich noch nicht getraut, ihm zu sagen, daß die Uroma bald nicht mehr da sein wird. Schließlich weiß ich auch nicht, wie lange sich ihr Leiden noch hinziehen wird. Wir beten jeden Abend für sie, aber ich fühle mich, ehrlich gesagt, vollkommen hilflos dabei.
Und haben Sie auch einen Rat für mich, was ich tun kann, damit mein Sohn seine - ja auch verständliche - Scheu vor der Uroma verliert (vor der Krankheit hat er gern bei und mit ihr gespielt), oder soll ich sie ihm einfach zugestehen, auch wenn es sie traurig macht?
Mit freundlichen Grüßen
Etelka
Mitglied inaktiv - 08.09.2000, 12:36
Antwort auf:
Umgang mit Krankheit und Tod
Hallo Etelka
Dass Ihr Sohn sich vor seiner kranken Ur-Oma fürchtet, kann ich sehr gut verstehen. Auch für uns Erwachsene ist eine solche Krankheit unfassbar, nur: wir haben gelernt, auch mit Dingen umgehen zu können, die wir nicht fassen können.
Mag er die Oma wirklich nicht besuchen, müssen Sie das leider akzeptieren um Ihrem Sohn keinen seel. Schaden zuzufügen, bzw. ihn nicht ängstlich werden zu lassen. Erzählen Sie ihm immer wieder von der Oma und auch von der Krankheit. Lassen Sie ein Bild für die Oma malen, etwas basteln, usw. Vielleicht kann er es ihr in einem ganz kurzen Besuch übergeben, um dann im Nebenzimmer an einem neuen "Werk" zu arbeiten, während Sie sich mit der Oma unterhalten?
Erzählen Sie sowohl Ihrem Sohn als auch Ihrer Oma, was der jeweils Andere so macht und was ihn beschäftigt. Vielleicht hat Ihr Sohn dann von sich aus das Bedürfnis für einen Kurzbesuch bei der Oma vorbeizuschauen -auch, wenn es seltener als bisher ist-. Durch seine Bilder und kleinen, selbstgemachten Geschenke wird auch die Oma das Gefühl haben, aktiv an der Entwicklung ihres Urenkels soweit als möglich teilnehmen zu können. Sie wird sicher verstehen, dass die Kleinen nicht stundenlang still sitzen und zuhören können.-
Mit dem Anfertigen kleiner, selbstgefertigter Geschenke könnten Sie auch nach dem Tod fortfahren. Ihr Sohn könnte Blumen pflücken, um sie mit Ihnen anschließend auf`s Grab zu tragen, und auch ein Bild könnte als Grabschmuck dienen. Machen Sie ihm dann klar, dass es der Oma jetzt viel besser geht, weil sie keine Schmerzen mehr hat, sich über nichts mehr ärgern muss und, dass Sie trotzdem noch an sie denken können.
Zeigen Sie ihm dann auch die anderen Grabstätten, damit er merkt, dass es allen Menschen einmal so gehen wird wie der Oma, und dass alle gestorbenen Menschen nicht mehr leiden müssen und auch nicht mehr traurig sind.
Auf diese Weise wird Ihr Sohn sich mit dem Sterben auseinander setzen können ohne vor diesem Unbegreifbaren Angst zu bekommen.
Bis bald?
von
Christiane Schuster
am 10.09.2000
Antwort auf:
Umgang mit Krankheit und Tod
Von Deiner Nachricht her verstehe ich, dass DU jeden Tag fuer das Wohl Deiner Oma betest. Darf ich mal annehmen, dass Ihr glaeubig seid? Wenn das der Fall ist koenntest Du Deinem Sohn erklaeren, dass bevor kleine Babies zu ihren Eltern kommen sie bei Gott sind. Wenn man stirbt geht man zurueck zu Gott und der passt dann gut auf die Oma auf. Ich habe diese Erklaerung schon oft bei Kindern sehr hilfreich gefunden. Ich habe aber leider keine Idee wie deinem Sohn ein Besuch bei der Oma schmackhaft zu machen. Ich wuerde ihn aber nicht zwingen, wenn er sich fuerchtet.
Alles Gute and Euch und die Oma Inge
Mitglied inaktiv - 10.09.2000, 13:03
Antwort auf:
Umgang mit Krankheit und Tod
o.T.
Mitglied inaktiv - 11.09.2000, 10:31