Lieber Herr Dr. Costa, ich habe eine Frage zum Thema Alkohol. Eigentlich ist es ganz klar: Alkohol ist in der Schwangerschaft tabu, das versteht sich von selbst. Mein Mann und ich haben daher bereits bei der Planung der Schwangerschaft klar alkoholische Getränke wie Bier, Wein etc. ausgeschlossen. Jetzt darf er freitags wieder ein Bierchen trinken – ich natürlich nicht 😅. Mit der Zeit wird das Thema jedoch zunehmend unklar. Fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut, Gurken oder Sojasoße darf man – wenn ich es richtig verstehe – trotz geringer Alkoholmengen konsumieren. Wie sieht es zum Beispiel mit Milchprodukten aus? Ich habe eine Zeit lang gelegentlich Kefir getrunken. Besonders gegen Ende des ersten Trimesters hatte ich nachts manchmal starke Heißhungerattacken und habe dann gerne eine 500-ml-Flasche Kefir (Müller Kalinka Kefir) getrunken. Nicht täglich, aber doch einige Male. Mir war bewusst, dass Kefir geringe Mengen Alkohol enthält, ich bin jedoch davon ausgegangen, dass es sich nur um Alkoholspuren handelt und daher erlaubt ist. Ich komme ursprünglich aus Russland, dort ist Kefir ein traditionelles, als gesund geltendes Getränk. Babys dürfen ihn ab etwa 8 Monaten trinken, ebenso Schwangere. Auch in der Kita haben wir ihn fast täglich bekommen. Meine Mutter sagte ebenfalls, dass ich ihn trinken dürfe, und eine Freundin von mir, die in Russland schwanger war, bekam sogar eine Kefir-Diät, als sie in der Schwangerschaft zu viel zugenommen hatte. Hier in Deutschland scheint das Thema Kefir jedoch umstritten zu sein. Ich habe bei der Molkerei nachgefragt und folgende Antwort erhalten: „Gerne informieren wir Sie, dass der Alkoholgehalt unseres Kefirs deutlich unter 0,5 % liegt und ausschließlich aus natürlicher Gärung entsteht.“ Was „deutlich unter 0,5 %“ konkret bedeutet, ist mir allerdings unklar – das könnte sowohl 0,45 % als auch 0,01 % sein. Das entspricht im Zweifel dem Alkoholgehalt von „alkoholfreiem“ Bier, von dessen Konsum in der Schwangerschaft wiederum abgeraten wird. Das erscheint mir irgendwie unlogisch, und ich frage mich, ob ich nicht doch lieber auf Kefir hätte verzichten sollen. Die Regel der absoluten Alkohol-Nulltoleranz in der Schwangerschaft ist zwar sinnvoll, aber praktisch kaum umsetzbar, wenn man auch Bananen oder Obstsäfte berücksichtigt. Fällt Kefir dann nicht in dieselbe Kategorie? Bitte verzeihen Sie, falls das eine blöde Frage ist – ich versuche lediglich, das Thema konsequent nachzuvollziehen. Als ich darüber nachgedacht habe, fiel mir noch ein weiterer Fall ein: Etwa eine Woche vor dem positiven Schwangerschaftstest waren wir in Polen auf einem Markt und haben Kwas getrunken. Wissen Sie, was das ist? Es handelt sich um ein leicht säuerliches, erfrischendes Gärgetränk aus Osteuropa, das hauptsächlich aus Wasser, Brot (oft Roggen) und Malz hergestellt wird und durch Fermentation entsteht. Mir war bekannt, dass es geringe Mengen Alkohol enthält. In Russland durften wir Kwas sogar als Kleinkinder trinken, und mein Vater hat ihn auch beim Autofahren getrunken (in Russland gilt 0,0 Promille, nicht wie hier die 0,5-Promille-Grenze). Daher bin ich davon ausgegangen, dass es sich ebenfalls nur um Alkoholspuren handelt. Nachträglich habe ich jedoch gelesen, dass Kwas 0,5–1,5 Vol.-% Alkohol enthält, obwohl er als alkoholfreies Getränk vermarktet wird. Bei hausgemachter Herstellung oder falscher Lagerung kann der Alkoholgehalt sogar auf 2–3 % steigen – das entspricht in etwa einem leichten Bier. Wir haben Kwas nur einmal getrunken und uns etwa 500 ml geteilt. Er schmeckte nicht alkoholisch. Theoretisch wären 2–3 % möglich gewesen, aber eher unwahrscheinlich – ich denke, das hätte ich geschmeckt. Im schlimmsten Fall hätte ich etwa 250 ml mit ca. 2 % Alkohol getrunken, also ungefähr 5 g Alkohol, einmalig in der 3. SSW. Ich bin jetzt in der 24. SSW und mit dem Kind ist alles in Ordnung. Trotzdem mache ich mir Sorgen, ob ich ihm damit geschadet haben könnte. Natürlich hätte ich das nicht trinken sollen, aber in dem Moment habe ich nicht daran gedacht. Was denken Sie – war das schlimm? Vielen Dank für Ihren Blog! Deine Schwangerschaftswoche: 24