Hr.Dr.Posth, ihre Antwort zum o.g. Thema hat mir sehr zu denken gegeben. Ich verstehe aber nicht ganz, was wir beobachten sollten, wenn mein Mann sich um das Baby kümmert hinsichtlich der primären Bindung zu unserem älteren Sohn. Könnten Sie da nochmal etwas dazu schreiben?
Ich habe mich jetzt verstärkt um den Älteren gekümmert (Papa mehr ums Baby) u. ihn auch immer zu Bett gebracht.Er erscheint mir etwas ausgeglichener. Vom Vater will er nach wie vor aber weniger als von mir wissen, geht aber doch gerne mit ihm raus zu Unternehmungen.
Bzgl. Der TaMu: dort ist er immer sehr fröhlich, schmust mit der TaMu, weint nie beim Abschied, nur selten sagt er er will zuhause bleiben. Sagt auch, er geht gerne zu ihr, aber ich weiß nicht, ob man das glauben kann?Meinen Sie, daß er dort unglücklich ist? Würde es auch schon genügen, in in diesem Fall weniger Stunden zur TaMu zu bringen oder raten Sie ganz davon ab? Ich hätte wohl sonst gar keine Zeit fürs Baby er braucht100% Aufmersamkeit.
Mitglied inaktiv - 12.11.2007, 03:51
Antwort auf:
zu Eifersucht u. Trotz letzer Woche
Stichwort: Bindungsverwirrung
Hallo, meine Idee ist gewesen, dass wenn sein Vater sich verstärkt um das Geschwisterchen kümmert, Ihr Sohn sich plötzlich auf den Vater besinnt und seine Hemmung ihm gegenüber verwindet. Das setzt aber voraus, dass im ersten Lebensjahr durch den Wechsel der Hauptbezugspersonen keine ganz klare Rollenaufteilung zwischen Mutter und Vater zustande gekommen ist. Über solche Entwicklung gibt es bisher nur sehr wenige Beobachtungenm, und man weiß daher nicht genau, wie die Kinder reagieren, wenn sie ein Geschwisterchen bekommen.
Die andere Problematik ist die schon bestehende Bindung an die Tagesmutter, die wieder einen neuen Aspekt in das Beziehungsgefüge bringt und die klaren Bindungsstrukturen noch einmal durcheinanderwirbelt. Nun gibt es wie gesagt kaum Beobachtungen zu solchen Verläufen, und niemand kann Ihnen eine klare Analyse dessen geben, was in Ihrem Sohn abläuft.
Dass Sie im Moment mit Ihrer verstärkten Zuwendung zu Ihrem Sohn ein wenig Ruhe in sein Verhalten gebracht haben, spricht für meine erste Vermutung. Er holt sich dadurch noch einmal eine klare Beziehungsbestätigung im Sinne der primären Bindung. Das wird es ihm ermöglichen, sich demnächst verstärkt auch seinem Vater wieder zuzuwenden. Die Tagesmutter ist so etwas wie ein zweites Loslösungsvorbild und wird ähnlich dastehen in seiner Vorstellungswelt wie der Vater. Daher auch das große Interesse an ihr, die sich offensichtlich richtig verhält. Ich gebe zu, diese Dinge sind ziemlich kompliziert, fast wie eine Art "Dreiecksgeschichte" unter Jugendlichen oder Erwachsenen. Ich schätze, in Zukunft wird man sich immer häufiger mit solchen komplexen Beziehungsfragen im frühen Kindesalter auseinandersetzen müssen. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 12.11.2007