Ira86
Hallo Herr Dr Nohr, Es geht um meinen 4-jähren Cousin, der extrem auffälliges Verhalten zeigt. Seine Eltern sind komplett überfordert. Die Familie lebt im Ausland und besucht uns ein paar Wochen. Leider sind bisher keine normalen Interaktionen möglich. Der Junge bespuckt, kneift und schlägt ohne ersichtlichen Grund die Mitmenschen, teilweise völlig unbeteiligte Fremde. Auf dem Spielplatz wird er einfach so mit Sand umher. Er sagt oft „du bist schlecht! Ich werde dir mit einer Gabel ein Auge ausstehen!“. Das Kind schient ein sehr geringes Selbstwertgefühl zu haben und mag nichts Neues ausprobieren, weder Essen, noch Laufrad oder Roller. Als Reaktion spuckt er nur. Zum Umgeld: Er wächst in einem 3-Generationen-Haushalt mit verhärteten Fronten auf. Sein Bruder ist 16 Jahre älter und hat ihn für ersten 2 Jahre komplett ignoriert. Dabei ist es der einzige Mensch, den der Kleine achtet. Mit 18 Monaten ab es einen langen Krankenhausaufenthalt mit Maßnahmen wie Infusion und Magensonde, welche mit Gewalt durchgeführt wurden. Sein Leben stand auf dem Spiel. Seit einem Monat geht er zur Kita. Es gab keine Eingewöhnung, nur eine Steigerung auf 8 Stunden innerhalb von ein paar Tagen. Dabei hatte er davor kaum Kontakt zu Kindern. Nach 2 Wochen finden nach der Kita Schreianfälle an, die etwa eine Stunde andauern. Wie kann man helfen? Die Familie hat keinen Zugang zu Psychologen.
Dr. med. Ludger Nohr
Hallo, wie soll denn unter den genannten Entwicklungsbedingungen ein positives und starkes Selbstbild entstehen? Da muß man leider oft hilflos von aussen zusehen, wie ein Kind sich fehlentwickelt. Helfen könnte am ehesten eine Familienberatung, da das Kind ja nicht viel ändern kann, wenn es nur Druck und Gewalt lernt. Eine Familienberatung könnte mit den Eltern bearbeiten, wie sie zu diesem Verhalten gekommen sind (eigene Entwicklungsprobleme), ohne Schuldzuweisungen zu machen. Und bei Bedarf könnte das Kind dann auch in einer Einzeltherapie gestärkt werden. Diese Eltern lehnen diese Art von Hilfe (Beratungsstelle, Jugendamt, PT) aber ab, weil sie Angst haben, doch nur Vorwürfe zu hören (denn sie wissen sehr wohl, dass vieles falsch läuft). Wenn es zu einem Erstgespräch kommt und es gelingt, den Eltern das Gefühl zu geben, dass man sie braucht und sie auch Gutes einzubringen haben, hat man eine Chance. Vorwürfe führen nur zum Abbruch der Beziehung, was dem Kind gar nichts nützt. Sie sehen, der Spielraum ist sehr klein und leider passiert oft erst etwas, wenn was passiert ist. Wenn möglich halten Sie den Kontakt, so schwer es auch ist. Dr.Ludger Nohr
Ira86
Ediet: Schon als 2 Jähriger drücke er, unter anderem, seine Zuneigung durch Beißen und Kneifen seiner Mitmenschen aus. Glücklicherweise, konnte man es abwenden, wenn man ihn in freudiger Aufregung zittern sah. Leider habe ich mit bekommen, dass er in letzter Zeit auch „ein paar Klapser auf den Po“ bekommen hat. Dein Vater droht inzwischen auch mit Gürtel. Mein Mann und ich haben bereits mit den Eltern gesprochen und jegliche Gewalt oder Androhung untersagt. Sollte wieder etwas passieren, würden wir die Polizei holen. Denn man darf die Payche des Kindes durch Gewalt nicht weiter schädigen. Mein Mann ist Pädagoge und erkältete die Folgen deutlich. Die Essensituation ist nicht altersgerecht. Er wird zu 100% von seiner Mutter gefüttert, teilweise mit Gerichten die noch als Beikost eingeführt wurden. Von der Familienkost bei uns wollte er nur selten etwas probieren.
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