Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Keinerlei Bindung?

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Keinerlei Bindung?

Babymama567

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Lieber Herr Dr. Nohr, Liebe Frau Henkes! Ich bitte um Ihren fachlichen Rat. Ich habe schon einmal eine Frage zu dem Thema in dem Forum gestellt, aber es wird immer schlimmer. Ich habe einen Sohn von 9 Monaten - Geburt per Kaiserschnitt. Gestillt nur die ersten paar Tage im Krankenhaus, Probleme beim Stillen, völlige Überforderung und Zufütterung bereits im Krankenhaus (übrigens 1.Kind) und sofortiges abstillen zu Hause. Nahrung wurde auf Pre umgestellt. Vater und Oma wurden von Anfang an sehr eng eingebunden. Mir ging es nach der Geburt seelisch sehr schlecht und ich hatte auch einen Beckenbruch (aus Wanne gefallen) und Schmerzen nach kaiserschnitt und Bruch. Es fiel mir auch schwer mein Kind zu heben. Der Papa war die ersten 12 Tage zu Hause und wir haben uns die Aufgaben mit unserem Sohn geteilt. Auch Nachts sind wir oft gemeinsam aufgestanden und haben meinen Sohn gefüttert, gewickelt etc... Als mein Mann dann weg war, war die Oma fast jeden Tag da (meine Mutter) und hat auf meinen Sohn aufgepasst wenn ich Haushalt gemacht habe und mich halt viel unterstützt. 1xWoche gibt es auch einen Omatag. Wir haben leider auch den Fehler gemacht sie zu beten ob unser Baby auch mal bei ihr übernachten kann, weil wir so hilflos waren. Insgesamt hat er jetzt 3x bei der Oma übernachtet mit seinen 9 Monaten. Jetzt zum Problem welches sich dann ergeben hat..


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Hallo, das ist eine komplexe Situation, in der natürlich auch Ihr Kind möchte, dass es stabile Beziehungen hat. Ihre Startbedingungen miteinander waren nicht einfach und immer wieder beeinträchtigt durch Unterbrechungen. Das verunsicherte Sie und auch Ihr Kind. Aber es gibt eigentlich nur einen Weg für sie beide, zunehmend Vertrauen zu schaffen. Ihre Rolle dabei ist die, Ihre Angebote einfühlsam (nicht fordernd) zu machen und sich von den auch abwehrenden Reaktionen nicht beeindrucken zu lassen. Ihr Kind braucht gerade die Erfahrung, dass Sie sich auch nicht von solchen Verhaltensweisen distanzieren lassen, sondern konstant da sind. Natürlich können Sie auch Ihre Gefühle mal zeigen und verbalisieren ("das ist jetzt aber schade, dass die Mama dir gar nicht helfen kann" o.ä.), aber Sie sollten sich nicht schmollend zurückziehen. Vertrauen und Bindung entstehen und wachsen durch die Erfahrung der Konstanz und Verlässlichkeit, auch in schwierigen Situationen. Es war gut, die Oma etwas zu begrenzen und Ihre Position zu "verteidigen", aber es sollte ruhig weiter Kontakt geben. Die sollte nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung stattfinden. Schenken Sie Ihre Zuneigung ohne wenn und aber. Versuchen Sie, nicht in Konkurrenz zu gehen. Vertreten Sie Ihre Position klar, ohne Besitzansprüche zu stellen. Ihr Kind braucht Sie sicher, verlässlich und klar. Und es kommt jetzt auch eine andere Welt dazu, bei der Ihr Kind auch Ihre Integrationshilfe braucht. Dr.Ludger Nohr


Babymama567

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Wenn ich mit meiner Mutter und Baby unterwegs war, hat sie plötzlich angefangen den Kinderwagen schieben zu wollen und hat mich regelrecht verdrängt. Kaum habe ich den Wagen eine Sekunde ausgelassen hat sie ihn genommen, wenn mein Sohn sich gestoßen hat und geweint hat hat sie mich überholt und ihn genommen. Sie hat ihn dann auch öfter Sohnemann genannt und war beleidigt wenn ich gesagt habe: geb ihn mir, ich füttere ihn. Ich muss vielleicht noch erwähnen, dass meine Geschwister und ich keine schöne Kindheit hatten und ich vermute, dass sie das nun über meinen Sohn und auch über das zweite Enkelkind (das sieht sie aber nur 1x Woche und ist schon 4 Jahre alt) kompensieren möchte. Wir haben quasi fast jeden Tag um meinen Sohn konkurriert hatte ich das Gefühl. Irgendwann wurde es mir alles zu viel und ich habe ihr das gesagt. Sie hat sich dann ein wenig zurückgenommen aber sich immer noch viel eingebracht (was ja noch OK ist). Am Wochenende ist mein Mann dann oft mit meinem Sohn am Vormittag alleine unterwegs, dass ich paar Kleinigkeiten im Haushalt erledigen kann. Als wir dann vor 1,5 Monaten in den Urlaub fuhren fing es an, dass sich mein Sohn immer von mir weggedrückt hat wenn ich ihn getragen habe und auch wenn ich ihn trösten will. Zu Anfang dachte ich, dass er das macht weil er sehr Papa-bezogen ist. Er macht es allerdings auch wenn ich mit ihm alleine bin. Habe den Kontakt zur Oma jetzt stark reduziert, aber seinen Omatag will ich ihm lassen. Trotzdem stößt er mich den ganzen Tag weg. Am Freitag waren wir in einem Baby Kurs und als ich ihn zum Auto tragen wollte hat er sich so abgestoßen, dass ich ihn kaum halten konnte. Bei Oma und Papa macht er es kaum. Er hält mit mir auch nur Blick Kontakt wenn er weiter von mir weg sitzt. Dann lacht er mich auch viel an. Aber er lässt sich nicht lange tragen und schon gar nicht will er getröstet von mir werden. Dieses Woche hat er die Oma nur Mittwochs gesehen und als er dieses Wochenende den Papa gesehen hat it's er sofort freudig strahlend auf ihn zugekrabbelt, hat gelacht, wollte auf seinen Arm und hat ihn angestrahlt. Wenn Papa den Raum verlässt weint er und lässt sich von mir nuf mit Ablenkung beruhigen. Nicht auf meinem Arm. Kann es sein, dass mein Sohn sie Oma für die Mutter hält? Ist er an mich unsicher gebunden? Was kann ich nun machen? Soll ich den Kontakt zur Oma, weiterhin nur auf Omatag begrenzen oder den auch weglassen? Bin ich keine Bezugsperson für ihn? Kann ich noch irgendwie das Ruder rumreißen? Ich bin so verzweifelt und bereue es meinen Sohn so früh abgegeben zu haben. Vielen Dank Liebe Grüße


Babymama567

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Hallo Hr. Dr. Nohr, Vielen Dank für Ihre rasche Antwort und Ihren Rat. Kann man hier also von Bindungsverwirrung sprechen? Es ist schwer sich davon nicht beeindrucken zu lassen. Er macht das täglich mehrmals, dass er mich abwerhrt. Eigentlich immer. Eine Chance darauf die primäre Bindunsperson zu werden, werde ich mit 8 Monaten nicht mehr haben oder? Vielen Dank


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Hallo, Verwirrung nur dann, wenn man aus der Erwachsenenperspektive schaut. Das Kind sucht die Sicherheit und Stabilität und ist dabei nicht verwirrt, weil es die "Angebotsseite" einfach wahrnimmt.(Verwirrung käme später) Sie sind primäre Bezugsperson und werden es bleiben. Wie und in welcher Intensität und Nähe hängt auch von Ihnen ab. Dr.Ludger Nohr


Mandrej22

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Darf ich dir aus eigener Erfahrung einen Rat dazu geben? Bleib am Ball. Dein Sohn wird sich nämlich nicht daran erinnern, dass er dich jetzt vermeintlich abgelehnt hat. Zeig unbedingt weiter, du bist da, komme was wolle. Ich wollte als Kleinkind auch nicht mit meiner Mutter kuscheln, sondern nur mit meinem Vater, weil dieser selten verfügbar war. Meine Mutter hat irgendwann aufgehört auf mich zuzugehen und mir oft gesagt "Ich renne dir nicht hinterher. " Die Folge für mich, ich habe gesehen, dass mein kleiner Bruder die Liebe bekam, die auch ich gebraucht hätte. Erst jetzt als Erwachsene hat sie mir davon erzählt. Kuscheln mit ihr hat sich für mich immer befremdlich und falsch angefühlt, weil die Worte immer im Hinterkopf waren. Als wäre ich nicht gewollt worden. Mach nicht denselben Fehler


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