Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Fremdbetreuung

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Fremdbetreuung

Lischenmueller87

Hallo Frau Henkes, Ich habe mal wieder ein paar Fragen zum Thema Fremdbetreuung: Wie stehen Sie dazu? Sehen Sie das ganze genauso kritisch eie ihre ehemaligen Kollegen? Ich habe leider nicht wirklich viele Aussagen dazu von Ihnen im Forum gefunden. Ich habe in letzter Zeit so viel gelesen, dass ich ziemlich verunsichert bin. Weiß ein Einjähriges Kind wirklich nicht, dass ich wiederkommen werde, wenn ich es in der Kita abgebe?  Schade ich meinem Kind nachhaltig, wenn ich es früh Fremdbetreuen lasse? Wir wohnen in Berlin. Der Betreuungsschlüssel ist hier nicht der beste.  Bevor ich ein kind hatte, habe ich selbst in einer kita gearbeitet und war immer eine befürworterin der frühen Fremdbetreuung. Allerdings habe ich mich zu diesem Zeitpunkt nicht mit den Entwicklungspsychologischen Aspekten befasst.  Ich wüsste gern, was sie darüber denken?! Vielen Dank !   


Ingrid Henkes

Ingrid Henkes

Guten Tag, da sprechen Sie ein schwieriges Thema an, zu dem es sehr unterschiedliche Einschätzungen gibt. Man kann heutzutage frühe Fremdbetreuung gar nicht gänzlich ablehnen. Sie ist für viele Familien ja schon zur Erhaltung des Einkommens notwendig. Ich halte es für wichtig, darauf zu achten, ob das Kind die Fremdbetreuung gut annimmt und sich dabei wohlfühlt. Ein Vorteil der frühen Fremdbetreuung besteht für mich darin, dass Kinder schon früh Kontakt zu anderen Kindern bekommen. Schon Einjährige  spielen miteinander und lernen voneinander. Tatsächlich weiß ein einjähriges Kind nicht, dass die Mutter wiederkommt, wenn es in der Kita abgegeben wird. Es kann aber täglich die Erfahrung  machen, dass die Mutter es zuverlässig abholt. Das führt im Laufe der Zeit zur Gewissheit, die dem Kind Sicherheit gibt. Im Laufe der Entwicklung kann ein Kind dann auch erkennen, dass es immer eine Mutter hat, die für es da ist, auch wenn sie gerade nicht anwesend ist. Wenn Kinder die Trennung von der Mutter noch nicht gut verkraften, ist die Fremdbetreuung sicherlich nicht so sinnvoll. Eltern kennen ihr Kind am besten und können daher am besten einschätzen, ob sie ihrem Kind die Betreuung in einer Kita zutrauen können. Bei unseren europäischen Nachbarn ist die frühe Fremdbetreuung bereits seit Jahren viel verbreiteter. Man wird wohl kaum sagen können, dass die Kinder dort in großem Stil Entwicklungsprobleme aufweisen. Natürlich kommt es auch auf die Qualität der Betreuung an: geringe Gruppengröße, qualifizierte Mitarbeiter/innen u.v.m.. Da ist bei uns noch Einiges zu tun. Aber das brauche ich Ihnen als Fachkraft sicher nicht zu sagen. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


Lischenmueller87

Danke Frau Henkes! Ab wann weiß mein Kind denn, dass ich wieder zu ihm zurückkomme? Dieser Gedanke, dass mein Kind das nicht weiß und denkt, dass ich es einfach zurücklasse ist ziemlich schrecklich... 


Ingrid Henkes

Ingrid Henkes

Guten Tag, ein einjähriges Kind kann noch nicht denken im klassischen Sinn. Es erlebt und macht Erfahrungen, die es speichert. Es denkt also auch nicht, dass Sie es zurücklassen. Es steht vielmehr plötzlich in einer neuen Situation, deren Ausgang es noch nicht kennt. Wenn die Außenreize groß genug sind und Ihr Kind genügend Toleranz gegenüber unerwarteten Situationen aufbringt, wird es nach jeder Trennung feststellen, dass Sie wiederkommen. Diese Erfahrungen speichert es bis zum Erreichen der generalisierten Erfahrung: Meine Mutter ist eine, die zuverlässig immer wiederkommt. Dafür gibt es keinen festen Zeitpunkt. Sie merken es am Verhalten Ihres Kindes. Es kann Sie gehen lassen, weil es weiß, dass Sie es wieder abholen. Alles Gute Ingrid Henkes


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