Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Rüdiger Posth:

Angst/Panik/Schreckhaftigkeit mit drei Jahren

Dr. med. Rüdiger Posth

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Facharzt für Kinderheilkunde, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

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Frage: Angst/Panik/Schreckhaftigkeit mit drei Jahren

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Hallo Dr. Posth, habe bislang im Forum nichts zu uns "Passendes" gefunden. Daher maile ich nun selbst: Meine Tochter ist sehr ängstlich und unglaublich schreckhaft. Sie hat Angst vor anderen Kindern, geht niemals ohne mich auf dem Spielplatz irgendwo hin, kriegt Panik, wenn es an der Hautür klingelt und sie merkt, dass auch ich nicht weiß, wer das sein könnte. Sie hat solche Angst vor dem Alleinsein, dass sie, wenn ich z.B. in den Keller gehe, mit möchte oder sonst die ganze Zeit ruft: "MAma, wo bist du?" Wir waren bei der Erziehungsberatungsstelle, dort stellte man eine taktile Wahrnehmungsstörung fest. Aber ich frage mich, ob das tatsächlich der (alleinige) Grund für ihr Verhalten ist. Wir glauben, dass sie einfach zuviel denkt. Sie interpretiert in Aussagen und Situationen immer gleich etwas hinein. Wenn ich z.B. mit meinem Mann über neue Rollläden spreche, sagt sie sofort: "Aber ich möchte gar keine Rollläden", weil sie genau weiß, dass dann der Handwerker wieder kommt, der schon mal da war, um auszumessen, und der durch sein bloßes Erscheinen für eine Panikattacke gesorgt hat. Ihre Sprache ist ziemlich ausgeprägt, manchmal kommt es mir vor, als habe sie hellseherische Fähigkeiten, sie vervollständigt dann Sätze, die ich beginne und ordnet sie gleich in den richtigen Zusammenhang. Außerdem ist sie so perfektionistisch, dass sie bestimmte Sachen lieber erst gar nicht macht (z.B. Puzzles oder auch alles Neue), weil sie befürchtet, es nicht ganz perfekt zu können. Kürzlich habe ich ihr erlaubt, ein wenig "Biene Maja" zu schauen - ich war dabei. Auf einmal begann sie zu weinen, sagte aber: "Ich kann dir nicht erzählen, warum ich Angst habe, weil ich dazu keine Lust habe." Ich vermute (weil sie die anderen Figuren kannte), es war ein Käfer, der durch heraus stehende Zähne etwas bedrohlich aussah und das wohl auch sein sollte. Außerdem will sie immer alles ganz genau wissen. Als das Auto meiner Mutter aufgebrochen wurde, löcherte sie mich tagelang mit Fragen, warum die Leute den Stein geworfen haben, warum sie böse sind, warum böse Leute so etwas tun, warum jetzt eine Folie auf Omis Autotür ist etc. Nachdem ich sie aufgefordert habe, es mir zu erklären, weil sie es schon so oft gehört hatte, tat sie das auch, und schien sich dann wieder etwas zu beruhigen. Nun wird sie kommenden Monat drei Jahre und es steht bald der Kindergarten an. Im Moment sehe ich es noch nicht, wie sie ihre Trennungsangst ("Du sollst immer bei mir sein") bis dahin überwinden soll - Versuche, sie kurz allein in einer Gruppe Kinder zu lassen, scheiterten kläglich. Als ich sagte, dass wir auf den Spielplatz fahren, um dort den Geburtstag eines befreundeten Kleinkinds zu feiern, sagte sie sofort: "Aber ich will dann bei dir bleiben." Sie scheint immer zu fürchten, dass ich sie verlassen könnte. Ich wüsste nicht, dass es ein traumatisches Erlebnis gegeben hätte. Sobald sie sich irgendwie unsicher fühlt, greift sie nach meiner Hand, sagt nur fragend "Mama" und versucht, sich in irgendeiner Form rückzuversichern. Ich bin ziemlich ratlos, weil ich selbst schon nicht mehr unvoreingenommen irgendwo hingehe, sondern immer schon mit dem "Schlimmsten" rechne, was sie sicher auch spürt. Können Sie uns einen Rat geben? Sorry, dass es so lang geworden ist und dennoch ein schönes restliches Pfingstfest und viele Grüße !!!


Dr. med. Rüdiger Posth

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Hallo, nachdem jedes Kind im Säuglingslater eine primäre Bindung eingangen ist, geht es im zweiten Jahr in die Phase der Loslösung. Diese dauert bis zu drei weiteren Jahren und endet dann in einer ausreichenden Selbstbewußtheit. Auf diesem Weg muß das Kind sich von der primären Bezugsperson, fast immert die Mutter, entfernen und mittels eines Vorbilds, meist der Vater, zu sich selbst finden. Die Methoden des Kindes sind Widerstand und Trotz, aber auch offenkundige Anhänglichkeit und Annahme von aufgestellten Verhaltensregeln. diese werden häufig per Imitation erworben. Wenn jetzt ein Kind sehr furchtsam wird und neben Realängsten (fremder Mann, böser Käfer) auch Trennungsängste entwickelt, dann ist es auf dem Weg zu seiner Selbständigkeit irgendwo -sagen wir- hängen geblieben. Allerdings spielen hierbei auch genetische Veranlagungen eine große Rolle. Aber gerade das macht die Geschichte besonders vertrackt, denn solche Veranlagungen kommen ja in der Regel direkt von den Eltern, und diese sind es auch, die ihrem Kind Verhalten vorleben. Daher ist es schwer, ja fast unmöglich, selbst, d.h. ohne professionelle Hilfe, sich daran zu begeben, das Problem zu lösen. Dazu kommt, daß Unselbständigkeit, Scheu und Schüchternheit von einem selbst meist ganz anders verstanden werden und irgendwo innerlich auch auf Ablehnung stoßen. Man wünscht sich sein Kind ja eher anders, und auch die Gesellschaft wünscht sich andere Kinder. Mit Wahrnehmungsstörung hat das nun gar nichts zu tun, das ist so eine neumodische Vokabel für alles, was man nicht richtig versteht. Suchen Sie sich besser, mit Hilfe Ihres KiA/KiÄ eine Kinderpsychologin, die Ihnen Rat gibt und sie ein wenig begeleitet. Viele Grüße


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