Guten Tag Frau Ubbe,
mein Sohn( 7 Jahre alt) hat immer wieder sehr lange Phasen in denen er sich tagelang schlecht benimmt.
Zum Beispiel waren wir heute mit ihm bei der Krankengymnastin und er sagte weder Guten Tag, noch antwortete er auf irgendeine Ihrer Fragen.
Danach hatte er Kampfsporttraing und auch da hat er nicht mitgemacht. Er legt sich dann immer gern auf den Boden oder stört die anderen in der Gruppe, indem er an deren Kleidung zieht, sie stößt und ärgert oder einfach nicht mitmacht.
Danke, Bitte und Grußformeln scheinen immer noch unüberwindliche Hürden zu sein, obwohl wir es nie ''durchgehen'' lassen und ihn darauf aufmerksam machen.
Auch auf unsere Regeln oder Anweisungen ( z.b.ins Bad zu gehen)zu reagieren wird immer schlechter bzw. dauert länger.
Wenn wir ihn fragen, warum er sich nicht besser benimmt oder freundlicher zu anderen ist, sagt er nur...er will halt nicht...
Auch habe ich auch oft das Gefühl, er hält ein DAGEGEN Schild in den Händen, wenn wir eine Unternehmung planen. Fast egal, was es ist, er will nicht hin. Außer zur Oma und zu seinen Freunden. Aber alles andere ist erst mal schlecht, obwohl, wenn erst mal dort, die Begeisterung groß ist...
Es fiel ihm schon als Kleinkind schwer Zugang zu anderen zu finden, deshalb weiß ich auch nicht, wie wir ihm helfen können.
Ich finde einfach keine Gründe dafür. Wir haben noch einen 4 jährigen Sohn, führen eine gute Ehe und ich kommuniziere meine Gefühle .
Was können wir noch machen? Locker lassen , noch mehr Konsequenzen?
Bitte geben sie uns einen Rat, vielen Dank
von
Lillylein1234
am 03.05.2017, 21:35
Antwort auf:
7 jähriger kann sich nicht benehmen
Liebe Lillylein1234,
nach der sehr ausführlichen und richtigen Antwort meiner Vorrednerin, die ich hier nicht wiederholen werde, bleibt mir nur eine kleine Ergänzung. Wenn Sie Ihren Sohn zu Hause zu etwas auffordern, dann gehen Sie zu ihm auf Augenhöhe und achten darauf, dass er Sie ansieht und verstanden hat.
Viele Grüße Sylvia
von
Sylvia Ubbens
am 06.05.2017
Antwort auf:
7 jähriger kann sich nicht benehmen
Hallo,
wenn ich darf, würde ich's gern etwas aufdröseln, denn da scheint es mir um verschiedene Dinge zu gehen:
Dass Kinder in seinem Alter nicht auf Fragen z. B. der Krankengymnastin antworten, ist ja keine Unhöflichkeit, sondern Verunsicherung. Ich kenne viele Kinder, die zu Hause ein durchaus großes Mundwerk haben, bei Außenstehenden aber plötzlich extrem schweigsam werden. Bei meinen war das in diesem Alter ähnlich. Es ist richtig, dass Du ihn darauf aufmerksam machst, dass er grüßen sollte - aber erzwingen musst Du hier nichts, das klappt sowieso nicht. Es kommt mit der Zeit.
Wenn er beim Kampfsport nur am Boden herumfläzt und nicht mitmacht, dann würde ich dieses Hobby aufgeben. Denn hier besteht sichtlich nicht viel Interesse, und vielleicht hat er auch noch nicht die nötige Disziplin - bei vielen Kindern kommt die erst im späteren Grundschulalter. Es ist ja sehr oft so, dass Kinder erst mehrere Hobbys ausprobieren müssen, bevor sie wirklich dauerhaft bei etwas bleiben. Und vielleicht muss er auch noch ein wenig älter werden, um zu verstehen, dass man hier kooperieren und den Trainer respektieren muss usw.
Wenn er aber weitermachen soll oder will, könnte es sehr hilfreich sein, wenn Du für die Dauer des Trainings weggehst. Denn wenn Du da bist, fühlt Dein Sohn sich so sicher bei Dir, dass er den Konflikt mit der Gruppe und dem Kampfsportlehrer wagt. Wenn Du in dieser Zeit aber nicht da bist (spazieren gehst oder Erledigungen machst), funktioniert dieser mütterliche Schutz nicht, und Dein Sohn ist viel mehr darauf angewiesen, sich zu integrieren und mit dem Lehrer zu kooperien. Der Lehrer hat dann Autorität, weil Du als Haupt-Autoritätsfigur wegfällst, was sicher wichtig wäre.
Als Drittes sind da die Situationen zu Hause, wo Dein Sohn nicht hört, wenn Ihr ihn zu etwas auffordert. Da kann ich nur sagen: Das ist (leider, seufz...) normal! Ich kenne kein Kind, das bereitwillig und prompt den Anweisungen der Eltern folgt. Kinder sind ja keine Schäferhunde, die aufs Wort gehorchen. Sondern sie stecken ständig in einem kleinen Zwiespalt: Sie möchten zwar durchaus mit uns Eltern kooperieren - zugleich wollen sie aber auch ihre Autonomie entwickeln, und dazu gehört es, sich zu verweigern. Durch diese beiden normalen Bestrebungen entsteht automatisch ein Dauer-Konflikt mit uns Eltern. Denn natürlich sehen nur wir, dass das Kind noch zu unreif ist, um alles allein zu bestimmen, es kann dies selbst noch nicht erkennen. Es braucht aber natürlich nicht nur Freiheit, sondern auch Anleitung und Führung. Diesen Alltagskonflikt müssen wir als Eltern aushalten und hier immer wieder die Balance schaffen und Lösungen finden.
Zum Einen sollte Dein Sohn schon Einiges selbst entscheiden dürfen, wo es zum Alter passt. Er sollte auch viel mithelfen dürfen und im Haushalt einige kleine, aber feste Aufgaben übernehmen (das fördert auch seine Ausdauer und Disziplin ein bisschen).
Wo er nicht mitentscheiden kann, sondern kooperieren muss (Badezimmer), hilft nach meiner Erfahrung mit meinen Kindern nur das berühmte Leierkasten-Prinzip: Man wiederholt Aufforderungen hartnäckig, bis sie befolgt werden. Notfalls greift man auch zur elterlichen Erpressung, die zwar nicht schön ist, aber ohne die fast keine Eltern auskommen: Bevor Dein Sohn nicht im Bad war, gibt's keine Gutenacht-Geschichte, bevor er nicht Zähne geputzt hat, gibt's kein Fernsehen usw. Das ist die letzte Rettung für geplagte Eltern und daher durchaus legitim...
LG
von
Banu28
am 04.05.2017, 10:41