Lieber Dr Costa,
Sie haben wirklich immer die sympathischsten Antworten!
Ich möchte allgemein fragen, wie das mit Listerien ist, vielleicht haben Sie für mich eine Antwort.
Diese Bakterien sollten doch die Ausnahme und die nicht die Regel auf/in unserem Essen sein, oder habe ich das falsch verstanden? Immerhin sind diese meldepflichtig, also müsste das meiste Obst, Gemüse, eventuelle Rohmilchprodukte etc doch frei von Listerien sein?
Da hier so viel darüber geredet wird, bekomme ich fast den Eindruck, dass diese automatisch überall sind und einmal ungewaschenes Gemüse der Weltuntergang ist.
Wie ist es denn nun mit diesen Listerien?;)
Danke und liebe Grüße!
von
annabauer
am 11.08.2020, 08:17
Antwort auf:
Listeriose allgemein
Sie haben vollkommen recht, die vielen Fragen bedeuten nicht, dass die Gefahr einer Listeriose hoch ist, ganz im Gegenteil. Diese Gefahr wird auch dadurch nicht höher, dass alle Angst davor haben bzw. diese Angst ständig geschürt wird. Das ist ein Problem des Internets, nicht der Infektion selbst.
Gerade lese ich ein Buch über dieses Phänomen unserer modernen, internet-basierten Kommunikation. Wenn jemand einen Blödsinn oder eine Lüge verbreitet, die völlig aus der Luft gegriffen wird, führt eine längere Diskussion darüber bei sehr vielen Menschen, also bei der "Internet-Community" dazu, dass viele die Nachricht überfliegen und keine Argumente lesen, sondern nur die Titel: "Hat X gelogen ?". Was im Gedächtnis bleibt, ist, dass X gelogen hat. Weil sich die allermeisten Menschen nicht die Mühe machen, den ganzen Artikel zu lesen, das ist im Internet nicht üblich. Die Internet-Informationen sind keine Bücher oder gute Zeitungen, sondern sie bestehen vor allem aus Schlagzeilen. Von irgend jemandem geschrieben, was nicht weiter analysiert wird, weil man "schnell sein muss". Eine Information "teilen", um zu zeigen, dass man "auf Zack ist", also alles in sich aufnimmt, ist wichtiger, als sich mit einem Thema gründlich zu beschäftigen. Man wird dadurch nicht informiert, sondern das Gegenteil ist der Fall, nämlich dass man falsch informiert ist.
Ein "Listerien-Beispiel": Titel einer Meldung: "Gefahr der Listeriose durch ungewaschene Melonen". 90 von 100 Leserinnen/Leser (diese Zahlen stimmen so, sie sind Ergebnis einiger wissenschaftlichen Studien) lesen nur die Schlagzeile, nicht den Artikel, in dem mehrere Studien präsentiert und Fachleute befragt werden, die zum Schluss kommen, dass es diese Gefahr nicht gibt bzw. dass sie absolut minimal ist. Eine Schlagzeile, die Angst macht, ist viel besser, als eine "uninteressante", differenzh
Ich liefere Ihnen eine Schlagzeile, die ausnahmsweise stimmt: "Die minimale Gefahr einer Listeriose in der Schwangerschaft ist noch kleiner als klein, wenn man ganz normale Hygienemaßnahmen einhält und die Speisen korrekt lagert". Mehr muss man gar nicht darüber wissen. Vielleicht noch so viel - in Deutschland gibt es nicht mehr als 40-60 Listeriosen bei etwa 700 000 ausgetragenen Schwangerschaften pro Jahr. Damit ist es eine der seltensten Infektionskrankheiten überhaupt !
Was nicht heißen soll, dass alle Fragen zur Listeriose Quatsch sind. In den allermeisten Fällen geht es um Hygiene, Lagerung und Haltbarkeit von Speisen, was nicht banal ist. Insofern ist schon richtig, Fragen zu stellen... Die große Angst ist aber unbegründet.
von
Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa
am 18.08.2020