Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Total verunsichert...

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Total verunsichert...

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Hallo Frau Welter, ohne es zu wollen habe ich durch ein Posting im Stillforum plötzlich hier "alle gegen mich", wenn man so will. Meine jüngste Tochter ist zweieinhalb, sie möchte gerne immer noch an die Brust. Es hat sich so ergeben, daß sie, wenn ich da bin, nur so einschlafen kann und ab und an "braucht" sie die Brust nochmal zwischendurch. Es stimmt, daß meine Tochter beim Stillen gerne die freie Brust festhält bzw manchmal daran spielt. Es stimmt auch, daß manchmal das Stillen bzw das Brustfesthalten "schöne Gefühle" bei mir auslöst, wenn man es so ausdrücken will. Hat das mit sexuellen Mißbrauch zu tun??? So wurde es mir im Forum unterstellt, was mich sehr getroffen hat. Schließlich will ich meiner Tochter nichts böses, ich zwinge sie zu nichts und wenn sie an der Brust trinkt, geht es immer von ihr aus. Ich glaube, für sie ist es einfach gemütlich und natürlich auch Gewohnheit. Wie es sich ergeben hat, daß sie die Brust als "Titti" bezeichnet, weiß ich gar nicht mehr so genau, aber auch das fanden andere im Forum anstößig. Meine großen haben damals nach ihrem Schnulli gefragt und die kleine fängt an zu sprechen und verlangt halt "ich meiner Titti haben". Ist es so ungewöhnlich, daß ältere Stillkinder der Brust einen "Namen" geben? So eine lange Stillzeit hatte ich nie bewußt geplant. Es hat sich so ergeben. Es stimmt, daß ich die innige Beziehung zu meiner Tochter genieße. Deshalb habe ich warscheinlich bis jetzt auch nicht ernsthaft genug versucht, sie abzustillen. Bei meinen großen konnte ich nie richtig stillen (extreme Frühchen mit ganz, ganz vielen Problemen) und habe sechs Monate abgepumpt. Außerdem wird meine jüngste mein letztes Kind sein, vielleicht fällt es mir auch deshalb so schwer, endgültig aufzuhören. Und außerdem zeigt sie so deutlich, wie gerne sie noch gestillt wird, ich würde sie nie zu etwas drängen. Ist es nun verboten, was ich mache? Wann muß man denn aufhören? Das es mir u.U. angenehme Gefühle macht kann ich nicht ändern. Bis jetzt dachte ich, es wäre meine bzw unsere Sache. Aber nach der Aufruhr im Foum komme ich mir wie ein Verbrecher vor! Nochmal, ich liebe meine Kinder und will ihnen allen nichts böses! Vielen Dank für Ihre Antwort, ist leider ein bischen lang geworden, brennt mir auf der Seele. Gruß, Judith


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Liebe Judith, es tut mir leid, dass Sie so verletzt sind, solche Internetforen können manchmal sehr missverständlich sein. Man liest nur etwas, sitzt sich nicht gegenüber, kennt sich nicht, urteilt schnell. Ich denke, dass hier viele Mütter sind, die ihre Kinder einfach schützen wollen und einige Dinge einfach in den falschen Hals bekommen haben. Keiner kennt Sie im wirklichen Leben und manche finden das Wort "Titti" vielleicht anstößig. So lange Sie Ihr Baby nicht benutzen, um sexuell befriedigt zu werden, besteht kein Grund, das Stillen zu beenden. Nur SIE alleine wissen, ob das so ist oder nicht! Wenn Sie möchten, können wir gerne miteinander telefonieren (gerne auch anonym), schreiben Sie mir eine Nachricht (Biggi.Welter@lalecheliga.de), ich schicke Ihnen dann meine Privatnummer. Ich hänge Ihnen noch einen Artikel aus dem GfG-Rundbrief 3/96 "Stillen in der Geburtsvorbereitung" der Gesellschaft für Geburtsvorbereitung e.V. an. LLLiebe Grüße, Biggi Psychosoziale Aspekte des Stillens Das Geburtserlebnis prägt Das Erleben der Frau nach der Geburt ist wesentlich von den körperlichen Veränderungen und ihrer neuen Körpererfahrung, ihrem Selbstbewußtsein bestimmt. Hat sie die Geburt als Aktivität oder als Passivität erlebt? Hat sie geboren oder ist sie entbunden worden? In der unmittelbaren Zeit nach der Geburt steht die Verarbeitung des Geburtserlebnisses im Vordergrund. Körperliche und medizinische Probleme - Hormonumstellung Im Wochenbett kommt es zur gewaltigen Hormonumstellung. Die Frau fühlt sich gegenüber den hereinbrechenden Gefühlsstimmungen machtlos ausgeliefert. Der "Baby-Blues" - himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Auch wenn die extremen Hormonschwankungen des Wochenbettes abgeklungen sind, bleibt ein Östrogenmangel während der Stillzeit bestehen. Dieser bewirkt, daß weniger Scheidenflüssigkeit gebildet wird. Gegen die Trockenheit in der Scheide kann ein Gleitmittel helfen. Schlafmangel und bleierne Müdigkeit beeinflussen den Alltag. Es besteht eine große Wundfläche mit Wochenfluss, oft eine schmerzende, hinderliche Dammnaht oder Operationswunde. Der dicke Bauch ist weg, das Strampeln, die Tritte des Babys fehlen, und zurück bleibt eine schlaffe Bauchdecke. Die Brust ist prall und kann schmerzen, bis sich das Stillen eingespielt hat. Die körperliche Umstellung braucht ihre Zeit. Solange diese Zeit andauert, fällt es vielen Frauen schwer, ein positives Körpergefühl zu entwickeln. Sie fühlen sich nicht als schön, attraktiv und begehrenswert. Geprägt wird dieses "Schönsein" durch Medien aller Art, die ein nicht mütterliches Schönheitsideal vorgeben. Erst wenn die Frau ihr positives Körpergefühl wieder aufgebaut hat, kann sie sich dem Mann wieder zuwenden. Nach der monatelangen "sicheren" Zeit während der Schwangerschaft muss nun wieder verhütet werden, meist mit ungewohnten, konservativen Methoden, falls die gewohnten Verhütungsmittel noch nicht angewandt werden können. Da die Wiederkehr der Fruchtbarkeit individuell verschieden ist, belastet die Angst vor einer erneuten Schwangerschaft. Die Sicherheit der Empfängnisverhütung bekommt plötzlich einen ganz anderen Stellenwert, wenn ein zweites Kind so kurz nach dem ersten unerwünscht ist. Stillen und sexuelles Empfinden der Frau Das Stillen ist nicht nur eine Form der Säuglingsernährung, sondern eine symbiotische Form der Mutter-Kind-Beziehung. Die Kommunikation innerhalb dieser Beziehung unterscheidet sich von anderen. Sie ist sprachlos, körperlich, emotional, nicht mit Hilfe abstrakten Wissens erlernbar und schließt Dritte aus. Das eigentliche Geschehen bleibt unsichtbar. Die Beziehung beruht auf Gegenseitigkeit und Abhängigkeit. Beide sind sowohl Gebende als auch Nehmende. Stillen ist eine sexuelle Beziehung. Sie kann so ausfallend, einnehmend und ausschließlich sein, dass manche Stillende in ihrem Erleben und Empfinden keinen Raum mehr für eine weitere sexuelle Beziehung, die zum Mann, haben möchte. Ihr Bedürfnis nach Nähe und Körperkontakt kann so stark durch das Kind erfüllt sein, dass es ihr ausreicht. Eine medizinische Umfrage ergab, dass stillende Frauen nach der Geburt wieder eher Lust auf Liebe haben als nicht stillende. Dies zeigt, dass das Erleben und Empfinden bei jeder Frau individuell verschieden ist. Sogar bei derselben Frau unterscheidet es sich von einer Zeit zur anderen, von Geburt zu Geburt. Ein Gefühl von innerer Zufriedenheit, das zum Stillen gehören kann, fließt bei manchen Frauen in die Beziehung zum Mann. Die Gefühle der Wärme und Zärtlichkeit für das Baby können in ein gesteigertes sexuelles Verlangen übergehen und auch zu einer tieferen Bindung zwischen Mann und Frau führen. Andere Frauen, denen von ihrem Partner einige Freiräume und Unterstützung zugestanden wurden berichten, dass sie eher Lust hatten, als Frauen, die sehr angebunden waren, sich angebunden fühlten oder sich selber anbanden, indem sie sich bei allem, was das Baby betraf, alleinverantwortlich fühlten. Die weibliche Sexualität ist nicht durch Passivität gekennzeichnet. Sexuelles Erleben der Frau ist etwas Eigenständiges, Selbständiges und nicht einfach die Reaktion auf die Bedürfnisse des Mannes. Zeiten starken sexuellen Verlangens sind, auch wenn die Medien etwas anderes vermitteln, nicht notwendigerweise "besser" als Zeiten verminderten sexuellen Interesses. Sie sind nur einfach anders. Besonders für Mütter eine Zeit, die sie offen macht für ganz neue seelische Erfahrungen: Einen hilflosen, völlig abhängigen Säugling zu versorgen, ihn mit der Milch, die man selbst mit seinem eigenen Körper gebildet hat, zu ernähren und zuzusehen, wie er wächst und gedeiht. Das Stillen und die sich daraus ergebenden Veränderungen dienen dazu, das reiche Spektrum ihrer Sexualität noch zu erweitern - ein Lebensabschnitt, der es verdient, ausgekostet und genossen zu werden. Die neue Mutterrolle und ihre Probleme Frau-Sein und Mutter-Sein in Einklang zu bringen, ist ein individueller Weg, eine Entwicklung, die jede Frau selbst leisten muss. Idealerweise ist Mutter-Sein ein integrierter Bestandteil der Weiblichkeit, eine selbstverständliche Form unseres Frau-Seins. Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit sind eine große Chance für eine Frau, den mütterlichen Teil ihrer Persönlichkeit auf natürliche Weise zur Entfaltung zu bringen. Frauen, die innerlich dazu bereit sind, ein Kind zu bekommen, blühen dabei sichtbar auf und genießen es sich so rund und fruchtbar zu erleben (Lothrop). Die Zeit der intensiven körperlichen und sinnlichen Erfahrungen können zu einer positiven Auseinandersetzung für sich selbst, dem Körper, dem Partner und der Umwelt führen. Außerdem bietet sie die Chance der Kommunikation mit anderen. Ganz besonders durchlebt die Frau eine starke Auseinandersetzung mit ihrer Kindheit und der eigenen Mutter. Meist entspannt sich das Verhältnis zu den eigenen Eltern, die Versöhnung mit den Verletzungen aus der eigenen Kindheit fällt leichter, denn die Erfahrung des Eltern-Seins öffnet den Blick für die Schwierigkeiten auch der eigenen Eltern. War die Mutterrolle für unsere Mütter meist noch selbstverständlich, fällt es heutigen Frauen schwer, sich über die Mutterrolle, Mann, Kind und Haushalt zu definieren. Mutterschaft bedeutet heute nicht mehr Sich-Aufopfem. Die Situation wird noch dadurch kompliziert, dass wir in unserem Unterbewußtsein von dem alten Rollenverständnis geprägt sind und neue Vorbilder und Möglichkeiten fehlen. War die Mutter vor der Geburt des ersten Kindes ebenso wie der Mann berufstätig, selbständig und finanziell unabhängig, ändert sich dies nach der Geburt. Die Zuständigkeit für Haushalt, Kinderversorgung und Erziehung verlagert sich fast ausschließlich auf sie. Die Bestätigung, die sie durch die Berufstätigkeit und die damit verbundenen sozialen Kontakte erfahren hat, fällt meist weg, nachdem Freunde und Berufskollegen alle "einmal geguckt" haben. Eine Gefahr besteht darin, daß diese Bedürfnisse allein auf die Paarbeziehung projiziert werden und die Liebesbeziehung mit emotionalen Ansprüchen überlastet wird. Auch die Lebensbedingungen für Mütter haben sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Von der Großfamilie mit all ihren Vor- und Nachteilen zur Kleinfamilie. Es fehlt die Großfamilie zum Babysitten, um das Kind kurze Zeit für Erledigungen usw. gut aufgehoben zu wissen. Die Spielmöglichkeiten in den meist kleinen, nicht kindgerechten Mietwohnungen sind begrenzt. Moderne Haushalte bergen viele Gefahren. In den Großstädten mit den Autos überfüllten Straßen kann man die Kinder nicht alleine spielen oder zum Spielplatz gehen lassen. Die Mutter ist gezwungen, das Kind ständig um sich zu haben und zu begleiten. Stillen als Machtmittel Stillen ist die weibliche Potenz. Sie kann auch als Machtmittel eingesetzt werden. Wenn Frauen sich in der Zweierbeziehung vor der Geburt oft in einer unterlegenen Position erlebt haben, können sie nun zeigen, wie mächtig sie als Mutter sind. Das Kind wird dem Vater entzogen und vorenthalten. In vielen Gesellschaften ist Müttermacht eine Kompensation und Entschädigung für die gesellschaftliche Ohnmacht der Frau. Neigt eine Frau zu Pefektionismus und möchte gleichzeitig perfekte Hausfrau, Mutter, Geliebte und Ehefrau sein, gerät sie allein aus zu hohen Ansprüchen an sich selbst in Konflikt. Kommt es dadurch zu Stillschwierigkeiten, fühlt sie sich als Versagerin, frustriert und minderwertig. Maria Lukac, Dormagen Mit freundlicher Genehmigung aus dem GfG-Rundbrief 3/96 "Stillen in der Geburtsvorbereitung" der Gesellschaft für Geburtsvorbereitung e.V.


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