Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

sie will nachts immer nuckeln...(etwas lang)

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: sie will nachts immer nuckeln...(etwas lang)

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Hallo, ich bin ziemlich verzweifelt. Meine kleine ist jetzt 6 monate alt und wird voll gestillt. Leider verweigert sie jegliche beikost oder flasche. Mein problem ist aber, dass sie nachts nicht in ihrem bett schlafen will, sondern bei mir. Das läuft so ab: ich stille sie, dann lege ich sie schlafend in ihr bett.da schläft sie höchstens 2 stunden. wenn sie dann wieder wach ist muss ich sie nicht nur anlegen, sondern mit zu mir ins bett nehmen, damit sie wieder einschläft. dort bleibt sie dann auch, weil ich in der regel auch einschlafe (wir liegen dann bauch an bauch, meine brust draußen). Das ist ja noch nicht alles; sie wird nachts sehr häufig wach und sucht wieder die brust. ich gebe sie ihr und sie nuckelt sich dann wieder in den schlaf, ich merke dass sie nix trinkt, nur nuckelt. Da sie keinen schnuller zum nuckeln will, weiss ich nicht wie ich ihr das abgehwöhnen kann.. ich bin ziemlich am ende, denn durch das ewige dauernuckeln finde ich keinen vernünftigen schlaf mehr.. das geht so seitdem sie ca 3 monate alt ist... danke für die hilfe, conchi


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Liebe Conchi, es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys ab dem Alter von vier bis sechs Monaten nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses "natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit "Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Leider geht der Trend zu immer früherer Anwendung sogenannter Schlaftrainingsprogramme und Eltern von Babys, die sich nicht dieser "Norm" anpassen, wird mehr oder weniger direkt vermittelt, dass sie selbst schuld sind, ja manchmal kommt unterschwellig sogar dazu, dass dies Eltern sich als Versager fühlen sollten. Ein Baby schläft ohne Brust ein, sobald es reif genug dazu ist. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass Du noch die nächsten Jahre damit verbringen musst, dein Baby in den Schlaf zu stillen, wahrscheinlich wird es sogar schneller vorbei sein, als Du es dir jetzt vorstellen kannst. Wenn Du gerne liest und ein Buch lesen möchtest, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich dir wärmstens `Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Du im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen kannst. Statt nun das Stillen einzuschränken oder gar abzustillen, kannst Du es ja vielleicht mit einem anderen Ansatz versuchen: o nimm ALLE Hilfe an, die Du bekommen kannst. Erkundige dich mal, ob Du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung). Möglicherweise kann dir auch deine Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, deinen Bügelkorb leerbügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für deine Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Du in die Sauna gehst oder sonst etwas für dich tust ... o Vielleicht findest einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit deinem Kind zu spielen oder spazieren zu gehen. In dieser Zeit solltest Du dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder DIR etwas Gutes tun. o Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Nicht alles muss gebügelt werden. Wenn Handtücher nach dem Baden und Duschen wieder aufgehängt werden, statt auf dem Fußboden zu landen, können sie mehrmals benutzt werden, das spart Wäsche. Es ist nicht wesentlich mehr Arbeit die doppelte Menge Spaghettisoße zu kochen, aber Du hast dann eine fast fertige Mahlzeit für die Tiefkühltruhe. Es schadet nicht der Gesundheit der Familie, wenn Du die Fenster erst wieder im nächsten Jahr putzt. Du wirst sicher einiges finden, was im Haushalt nicht so perfekt gemacht werden muss. o Achte darauf, dass Du genügend isst und trinkst. Du musst keine perfekten Menus kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparst Du dir auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar. o Eine Möglichkeit für die Nacht ist es, dass statt dir dein Partner die Nachtschicht bzw. das zu Bett bringen zum Teil übernimmt. Also nicht Du wendest dich jedesmal dem Kind zu, sondern ihr wechselt euch ab und da ein Mann keine Brust zum Stillen hat, wird er euer Kind auf andere Weise beruhigen müssen. Das Verändern von Ritualen kann helfen. o Schau nach vorne. Die anstrengende Zeit wird vorübergehen. Auch dein Kind wird älter und reifer werden und nicht mehr soooo viel Aufmerksamkeit brauchen. Kurz: beschränke viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Du auf diese Weise mehr Zeit für dich bekommst. Diese "gewonnene" Zeit kannst Du dann dazu nutzen, dich wieder zu erholen, neue Energie zu tanken und auch zu einem ruhigen Gespräch und Nähe mit deinem Mann. Vergiss dich selbst nicht: Gönne dir etwas Gutes, dann lassen sich so anstrengende Phasen leichter überstehen. LLLiebe Grüße Biggi


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Hallo, da geht es dir wie mir. (ein beitrag unter diesem) Mein Kleiner macht das seit ich nach Bedarf stille so (die ersten 2 Wochen habe ich auf meine Hebamme gehört und versucht Stillabstände einzuhalten). Richtig Schlafen ist seit dem ein Fremdwort... Die Anwort von Biggi interessiert mich hier sehr! Vielleicht tröstet dich der Gedanke, dass es vielen Müttern so geht/ging.


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Danke, danke, tausend Dank für diese Antwort. Genau das habe ich gebraucht. Ich trage meinen Paul (8Monate) im Tuch und er schläft bei und im Bett. Wir lieben das. Doch seit einiger Zeit habe auch ich das Problem, dass er immer aufwacht und Brust verlangt. Manchmal ist er früh ganz voll. Ich wurde langsaam unsicher. Ist das alles so ok wie ich es mache? Vielleicht ist Paul jetzt Brustabhängig??? :) Ich war und bin oft müde. Aber irgendwie wird man immer stärker. Vielleicht quälen ihn ja u.a. Zähne. Die hat er immer noch nicht. Ich dachte schon ich muss ihn entwöhnen. Aber ich will ihn auf keinen Fall schreien lassen, meinen Kleinen. Die Antwort macht mir wieder Mut und macht mich wieder sicherer: Ich mache alles gut. Danke, Katha


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Liebe Katha, ich danke DIR für deine wundervollen Zeilen :-), denn es macht mir wieder bewusst, wie gerne ich meine Arbeit hier mache. Ganz llliebe Grüße Biggi


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Es bestärkt mich auch wieder in meinem Handeln. Meine Gloria ist 11 Monate und schläft bei uns im Bett. Sie will schon seit Geburt an alle 0,5 bis 3 Stunden an die Brust. Ich bin auch öfters Müde aber dann denk ich mir irgendwann komm ich auch zu meinem Schlaf. Das Buch Schlafen und Wachen hat mir und hilft mir immer noch durchzuhalten. Ich denke es Lohnt sich für unsere kleine Maus das zu machen.


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