Soi93
Hallo Biggi, Ich habe eine Frage zum Trinkverhalten meines Sohnes, der jetzt 10 Monate alt ist. Kurz zu unserer Vorgeschichte: Wir hatten von Anfang an eine sehr schwierige Stillbeziehung. Er hat anfangs leider kaum zugenommen und nicht effektiv getrunken. Ich habe sehr darum gekämpft, stillen zu können. Nach sehr vielen Terminen mit Hebamme, Stillberaterin und verschiedensten Ärzten, unter anderem einer Expertin für orale Restriktionen, hat sich herausgestellt, dass mein Sohn eine funktionelle motorische Trinkschwäche hat. Aus diesem Grund musste ich nach ca 2 Monaten, in denen ich noch versucht hatte stillfreundlich zuzufüttern, neben dem Stillen auf die Flasche zurückgreifen. Nichtsdestotrotz habe ich ihn seitdem gestillt, auch wenn das Stillen weniger der Nahrungsaufnahme diente, und mehr zum Trösten, Kuscheln und Einschlafen eingesetzt wurde. Nun ist es aber so dass er sehr oft die Brust verlangt sowohl tagsüber als auch nachts. Nachts kommt er tatsächlich noch bis zu acht Mal, schläft dann allerdings nuckelnd relativ schnell wieder ein. Tagsüber gibt es immer wieder Phasen in denen er an die Brust möchte allerdings nur wenige Sekunden nuckelt, wieder wegkrabbelt, wiederkommt und wieder die Brust verlangt. Ich hatte mich schon gefragt, ob ich seine Intention falsch verstehe, habe ihm deshalb Handzeichen beigebracht, um anzuzeigen, dass er an die Brust möchte. Das funktioniert seit kurzem sehr gut, aber es bestätigt dass er noch sehr oft gestillt werden möchte. Natürlich ist das sehr anstrengend und ich würde mir wünschen, dass er vor allem nachts seltener die Brust braucht, aber grundsätzlich möchte ich an dieser Situation von mir aus nichts ändern, solange er das zu brauchen scheint. Mich belastet allerdings die Frage, warum diese Situation so ist. Ich frage mich, ob unsere Bindung nicht ausreichend stark ist und er Vertrauensprobleme hat und sich deswegen durch das Nuckeln an der Brust so oft rückversichern muss. Ich habe geplant ihn in wenigen Wochen für einen Tag alleine bei seinem Papa zu lassen, zu dem er auch eine sehr gute Beziehung hat. Allerdings frage ich mich vor diesem Hintergrund, ob das nicht kontraproduktiv für unsere Beziehung sein könnte und er anschließend noch größere Angst haben könnte, von mir alleine gelassen zu werden. Ich würde mich sehr freuen, wenn du dieses Verhalten für mich einordnen könntest. Vielen Dank im voraus Liebe Grüße Soi
Liebe Soi, Stillen ist viel, viel mehr als reine Nahrungsaufnahme. Es ist Trost, Geborgenheit, sicherer Hafen und ein Weg zur Ruhe zu kommen, wenn die Wellen des Alltags so hochgeschlagen sind, dass das Kind keinen Weg mehr weiß, um mit sich selbst und der Umgebung ins Reine zu kommen. Leider verstehen manche Menschen (vor allem diejenigen, die selbst nicht oder nur sehr kurz gestillt haben) nicht, dass Stillen all das, was ich oben beschrieben habe und noch viel mehr bedeutet. Sie erkennen nicht, dass ein entsetztes, wütendes oder verletztes Kind an der Brust wieder den Weg zu sich selbst zurückfindet und dabei auch noch sein Gesicht wahren kann. Es wird von der Mutter nicht bloßgestellt, sondern angenommen und kann sich in der sicheren Geborgenheit des Stillens wieder erholen und beruhigen. Ganz wichtig: das Stillen bietet in dem Alter der ersten Ablösung wichtige emotionale Hilfe. Dein Kind kann immer wieder den "Heimathafen" ansteuern, wenn etwas beängstigend ist oder wenn es einfach nur müde ist. Dein kleiner unge wird diese Phase überstehen und je weniger du eingreifst, umso besser wird es klappen. Was macht einen Menschen denn wirklich stark? Dass unsere Bedürfnisse, Ängste, Schwächen ignoriert oder unterdrückt werden, oder dass sie wahrgenommen, akzeptiert, ernstgenommen werden und wir das bekommen, was uns guttut? In der Bindungspsychologie unterscheidet man verschiedene Bindungstypen, wobei die "sichere Bindung" die ist, die für das Kind am besten ist. "Ein sicheres Bindungsmuster wird mit einer feinfühligen mütterlichen Eingehensweise auf die Bindungsverhaltensweisen ihres Kindes in Verbindung gebracht. Feinfühligkeitwird umschrieben als eine aufmerksame Wahrnehmung der Bedürfnisse des Kindes,die richtige Interpretation seiner Äußerungen und die prompte und angemesseneReaktion auf die kindlichen Signale (Ainsworth, Bell, & Stayton, 2003b, S. 193-200). (...) Die Kinder erleben so ihre Bindungsperson als verlässlich und vertrauenswürdig und sich selbst als jemanden, der etwas bewirken kann (Ainsworth, 2003, S. 322-325; Ainsworth, et al., 2003b, S. 193-200). (...) Eine sichere Bindung wird im Vergleich zur unsicheren Bindung als optimalere Bedingung zur kompetenten Bewältigung von anstehenden Entwicklungsaufgaben über den Lebenslauf hinweg gesehen (Grossmann, Keppler & Grossmann, 2003, S. 96)." Das ist mal ein bisschen Theorie, die dich darin bestärken soll, dass deine Herangehensweise für dein Kind keineswegs schädlich ist (sofern du nicht zu jenen Müttern gehörst, die ihrem Kind ALLES "durchgehen" lassen...). Im Grunde sind es wirklich in erster Linie Vorurteile und eigene Ängste, die die Kritiker bewegen. "Man tut das nicht" ist leicht gesagt, wenn du aber mal nachfragst, warum eigentlich nicht, dann wirst du oft keine wirklich "gute" Antwort bekommen... Ich kann dir ein schönes Buch empfehlen, mit viel Humor geschrieben: "In Liebe Wachsen" vom spanischen Kinderarzt Carlos Gonzáles, erschienen bei La Leche Liga Deuschland und auch dort im Shop zu bekommen (oder über den Buchhandel, amazon etc.). Dein Herz liegt richtig, du macht das, was gut ist. Schau doch mal, ob es eine (LLL-) Stillgruppe in deiner Nähe gibt. Dort findest du Frauen, die ähnlich denken wie du, und kannst erleben, dass du nicht allein bist, wenn du dich "gegen den Strom" stellst. Das Verhalten deines Kindes zeigt eine GUTE Bindung! Und versuche es, dein Partner wird einen Weg finden, mit eurem Baby klarzukommen. Unsere Kindert sind flexibel, vertrau den Beiden! Lieben Gruß, Biggi
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