Sehr geehrte Frau Höfel, meine Tochter, sie ist mein erstes Kind, ist nun 9 Monate alt und musste mit Saugglocke entbunden werden. Ich möchte betonen, dass es ab dem Zeitpunkt, als die Herztöne schlechter wurden, von meiner Seite natürlich grünes Licht für jegliche geburtshilfliche Intervention gab und dass ich sehr dankbar bin, dass sie gesund ist. Allerdings bin ich mit einigen Punkten im Geburtsverlauf immer noch am Hadern und frage mich, ob ich manche Dinge nicht vielleicht hätte ablehnen sollen. Ich würde Sie deshalb gerne um eine Einschätzung bitten. Ich werde versuchen, den Geburtsverlauf möglichst knapp zu skizzieren: Mein Muttermund war am Tag vor der Geburt bei 4 cm, was die Hebamme feststellte, bei der ich zur geburtsvorbereitenden Akupunktur war. In der Nacht hatte ich dann ab ca. 2.30 Uhr zunächst unregelmäßige Wehen. Als diese am Vormittag dann ca. alle 5 Minuten kamen, fuhren wir ins Krankenhaus. Auf dem Weg mussten wir leider wegen einer Vollsperrung eine lange Umleitung fahren, wodurch die Wehentätigkeit erstmal deutlich abnahm. Aufgenommen im Krankenhaus wurde ich gegen 10 Uhr. Um 10.30 Uhr erfolgte die erste Untersuchung. Herztöne okay, Muttermund weiterhin bei 4 cm. Ich sollte dann zunächst auf Station und etwas essen. Die Wehen kamen dann, aus meiner Sicht, recht gut wieder (alle 2-3 Minuten). Um 14.40 Uhr sind wir wieder zum Kreissaal, wo uns eine andere Hebamme (klar Schichtwechsel)in Empfang nahm und in einen anderen Kreissaalraum führte. Der Muttermund war bei 7cm, Herztöne in Ordnung. Die Wehen waren leider erstmal deutlich weniger ausgeprägt, was die Hebamme zunächst „das Kreissaalsyndrom“ nannte. Allerdings hat sie dann relativ schnell Möglichkeiten aufgezählt, was man denn alles tun könnte, um die Wehen wieder zu verstärken, obwohl wir zu diesem Zeitpunkt höchstens eine halbe Stunde in diesem neuen Kreissaal mit neuer Hebamme waren. Ehrlich gesagt kam bei mir der Eindruck auf, dass „der Wehentropf schon bereit steht“, was mich sehr unter Stress gesetzt hat, da ich mir natürlich eine möglichst interventionsarme Geburt gewünscht hatte. Die Hebamme meinte dann, sie würde mir zunächst einen Wehencocktail mixen und ich sollte noch mal auf Station gehen. Dies ist der erste Punkt, mit dem ich rückblickend hadere. Ich habe mich inzwischen recht viel mit der Thematik beschäftigt und verstehe nicht ganz, weswegen ich gleich einen Wehencocktail erhalten habe. War der Geburtsfortschritt für eine Erstgebärende wie mich denn nicht eigentlich noch ganz in Ordnung? Zudem wird ein Wehencocktail doch eigentlich eher zur Einleitung einer Geburt verwendet? Ab diesem Zeitpunkt habe ich mich sehr unter Druck gefühlt. Ich hatte den Eindruck, dass etwas nicht gut läuft, dass ich es nicht gut genug mache. Denn schließlich wurde eine Maßnahme ergriffen und dies ist im medizinischen Bereich aus meiner Sicht ja eigentlich immer nur dann der Fall, wenn es ein Problem gibt. Wir waren dann einige Zeit auf Station und ehrlich gesagt wäre ich am liebsten noch länger nicht in den Kreissaal zurück gekehrt, da ich mich so unter Stress gesetzt gefühlt habe. Aber meine spätere Zimmernachbarin wurde mit ihrem neugeborenen Sohn ins Zimmer gebracht und der kleinen Familie wollten wir natürlich Ruhe gönnen. Um 16.15 Uhr waren wir wieder im Kreissaal. Der Muttermund war bei 8-9 cm, die Herztöne weiterhin okay. Die Wehen waren nach Aussage unserer Hebamme allerdings erneut nicht wirklich ausreichend. Und weiterhin fühlte ich mich sehr im Stress. Ich habe den Fehler gemacht ständig auf das CTG zu schauen, ob die Wehen denn nicht besser würden, was wahrscheinlich eher kontraproduktiv war. Die Hebamme hat dann entschieden, die Fruchtblase zu sprengen. Und insbesondere diesbezüglich frage ich mich oft, ob ich diese Intervention nicht hätte ablehnen sollen oder hätte ablehnen dürfen. Sowohl meinem Baby als auch mir ging es zu diesem Zeitpunkt noch gut. Ich hätte mir einfach gewünscht mehr Zeit und Ruhe zu bekommen. Nach der Sprengung der Fruchtblase lief es leider auch nicht gut. Ich sollte dann im Verlauf mehrere Stellungswechsel (Vierfüßlerstand, Seitenlage) vornehmen. Die Wehen wurden deutlich schmerzhafter, waren allerdings zu kurz. Irgendwann meinte die Hebamme dann doch ich könnte schon „mitschieben“. Laut Geburtsverlaufsbericht hatte sich der Muttermund zu diesem Zeitpunkt (18 Uhr) schließlich doch noch vollständig geöffnet. Leider war mir nicht so ganz klar, was sie genau mit „Mitschieben“ meinte und ich habe leider auch nicht nachgefragt. Pressdrang hatte ich definitiv noch nicht. Aber ich wollte es gut machen und den Wehentropf verhindern, also habe ich gedrückt, eigentlich bereits gepresst (nicht so stark wie später, aber doch). Kurz danach wurden die Herztöne während der Wehen schlechter und es ging einfach nicht mehr voran, obwohl die Hebamme meinte, dass ich gut pressen würde. Die Wehentätigkeit war aber wohl nicht ausreichend, so dass ich doch an den Wehentropf kam, der aber kaum etwas bewirkte. Schließlich wurde unsere Tochter um 19.15 Uhr mit der Saugglocke geholt (Apgar 9/10/10, pH art 7,27, BE art -4,2, pH ven 7,40, BE ven -4,0). Ich hatte einen komplizierten Scheidenriss mit hohem Blutverlust, der versorgt werden musste, sodass leider das erste Bonding nicht erfolgen konnte (unsere Tochter konnte zum Glück bei Papa auf der Brust liegen). Sie war in der ersten Zeit nach der Geburt sehr angespannt, hat viel geschrien. Der Kinderarzt des Krankenhauses (bei dem unserer Tochter vorgestellt wurde, da man annahm, dass das viele Schreien auch mit Schmerzen durch Wirbelblockaden zu tun haben könnte) hatte die Hypothese, dass unser Baby wohl etwas schräg im Mutterleib gelegen habe (der Kopf sei auf einer Seite etwas flacher) und mit schräg gestelltem Kopf durch den Geburtskanal geglitten sei, was die Saugglocke notwendig gemacht hätte. Sie hatte zudem bei der Geburt ein Händchen an der Wange, was ihr den Weg wahrscheinlich auch nicht einfacher gemacht hat. Was mich nicht los lässt ist die Frage, ob sie ihren Kopf denn nicht vielleicht noch passender hätte einstellen können, wenn die Fruchtblase vielleicht etwas länger intakt geblieben wäre. Natürlich wird mir diese Frage nie jemand beantworten können. Aber ich hätte an Sie die Frage, wie sie die Maßnahme der Blasensprengung einschätzen würden? Es hatte ja doch weiterhin einen gewissen Geburtsfortschritt gegeben. War diese Intervention denn zu diesem Zeitpunkt zwingend notwendig? Hätte ich sie ablehnen und darauf bestehen können mehr Zeit z u bekommen? Ich hätte sehr gerne noch ein weiteres Kind, deshalb sind diese Fragen für mich im Hinblick auf eine etwaige weitere Geburt sehr bedeutsam. Und noch eine weitere Frage hätte ich: Aus einer Abkürzung im Geburtsverlaufsbericht werde ich überhaupt nicht schlau (das meiste konnte ich mir ergoogeln ;-). Zu sehen ist ein Symbol, das aussieht wie ein Kreis mit einem leicht schräg gestellten Querstrich und daneben steht in Großbuchstaben AV oder vielleicht FN? Es taucht im Zusammenhang mit der vaginalen Untersuchung, bei der auch jeweils die Weite des Muttermunds angeführt wird, auf, zuletzt bevor die Blasensprengung beschrieben wird. Für eine Einschätzung Ihrerseits hinsichtlich meiner Fragen wäre ich sehr, sehr dankbar.
von Eifelbewohnerin am 02.03.2020, 08:37