Hallo Frau Ubbens,
ich bin etwas verzweifelt. Unser Sohn wird bald 4. Seit einem halben Jahr geht er in den Kindergarten, davor war er bei einer Tagesmutter, jeweils von 8-14uhr.
Bei der Tagesmutter hat er sich sehr wohl gefühlt, es gab dort nur 5 Kinder.
Im Kindergarten scheint er garnicht anzukommen. Dort sind natürlich 24 Kinder und in der Nachbar-Gruppe nochmal so viele, sie werden oft durchmischt.
Er mag morgens nicht hin, will nicht, dass ich gehe, manchmal weint er. Laut Erziehern ist es dann bald OK, aber ab dem Mittagessen fragt er dauernd wann ich komme und spielt garnicht mehr. Sie versuchen ihn abzulenken, was aber nicht gelingt. Wenn ich kann, hole ich ihn um halb zwei, aber das schaffe ich auch nicht immer, da ich arbeite und noch ein kleineres Kind habe. Das heißt er jammert dort jeden Tag 1-2h rum bis ich ihn "endlich" hole - kein Wunder dass er keine Lust hat am nächsten Morgen wieder dorthin zu gehen.
Zusätzlich befindet er sich anscheinend noch immer voll in der Autonomiephase. Das geht nun auch schon viele Monate, er will eben, was er will und was er nicht will wird nicht gemacht. Da tobt und schreit er, wirft sich hin, kratzt und beißt auch mal. Ich habe Verständnis, ich erkläre, bin geduldig, gebe ihm Raum, sage aber auch deutlich wenn ich nicht mehr kann und dass ich erst wieder mit ihm reden kann, wenn er sich beruhigt. Das einzige, was aber wirklich hilft, sind Schimpfen und angedrohte Konsequenzen (ohne Hände-waschen gibts nichts zu essen zB).
Ich halte eigentlich nichts von Schimpfen und Drohungen, weil ich diesen Umgang respektlos finde. Aber wenn ich es freundlich sage (bitte wasch Dir die Hände, da sind Bakterien dran und wir wollen jetzt essen etc blabla) dann flippt er einfach aus. Außerdem reißt mir ehrlich gesagt auch irgendwann die Geduld, so dass ich unfreiwillig schimpfe.
Ich denke dass er einerseits total sensibel ist und sich im Kindergarten noch nicht alles traut, weshalb er sich nicht so recht wohl fühlt. Außerdem kann er sich noch nicht so gut selbst beschäftigen, das wird dort aber gefordert.
Andererseits braucht er offenbar klare Ansagen und eine gewisse "Strenge". Wie kriege ich es hin ihm klare Grenzen zu setzen und dabei sein Selbstwertgefühl nicht zu untergraben, sondern es zu stärken?
Sollte ich ihn früher aus dem Kindergarten abholen? Es wäre möglich, ich müsste dann Stunden reduzieren, das wäre blöd, aber möglich.
Unser Alltag ist übrigens sehr strukturiert und vorhersehbar für die Kinder. Ich habe nun erstmal um ein Elterngespräch gebeten, vielleicht haben die Erzieher ja noch eine Idee wie wir ihm helfen können. Für Ihre Ratschläge wäre ich sehr dankbar!
von
Franz_mama
am 20.02.2019, 16:19
Antwort auf:
Keine Ablösung...ist das noch normal?
Liebe Franz_mama,
machen Sie klare Ansagen, damit schaden Sie Ihrem Sohn nicht. Für Kinder ist es einfacher, zu reagieren, wenn klar gesagt wird, was sie tun sollen. Das hat nichts mit drohen zu tun. Sie haben selbst schon gemerkt, dass Sie mit Erklärungen und Bitten nicht weiter kommen.
Mit klaren Ansagen untergraben Sie das Selbstwertgefühl Ihres Sohnes nicht. Vielmehr machen Sie es ihm damit einfacher, sich an die Regeln/Grenzen zu halten. Sein Selbstbewusstsein stärken Sie, indem er im Haushalt helfen darf, er Entscheidungen treffen darf, wie z.B. was er gerne essen möchte, ob er im Garten oder auf dem Spielplatz spielen mag usw..
Die gleiche Haltung sollten Sie auch in Bezug auf den Kindergarten zeigen. Besprechen Sie mit Ihrem Sohn, dass er nach dem Mittagessen noch etwas spielen darf und Sie ihn dann abholen. "Mama holt dich nach der Arbeit ab. Du musst bis dahin nicht weinen."
Viele Grüße Sylvia
von
Sylvia Ubbens
am 21.02.2019
Antwort auf:
Keine Ablösung...ist das noch normal?
Es gibt Kinder, die sind einfach trotz bester Betreuung nicht gerne lange im KiGa und/oder tun sich schwer, mit der großen Gruppe.
Ich denke nicht, dass du sein Selbstwertgefühl untergräbst, wenn du freundlich aber bestimmt sagst, was du von ihm möchtest. Kinder dürfen und müssen auch erfahren, dass andere Menschen eben auch Bedürfnisse haben und auch Grenzen.
Ich würde allerdings darauf verzichten, lange Erklärungen zu verwenden. Du kannst bei einem 4-jährigen nicht darauf hoffen, dass er denkt/sagt "ok Mama, dann mache ich das mal so wie du möchtest, weil ich verstehe, dass deine Argumentation schlüssig ist" ;-)
Ein einfaches "ich möchte, dass du dir die Hände wäschst, weil sie schmutzig sind/weil wir jetzt essen wollen" reicht. Alles andere versteht er nicht und deswegen sieht er auch keinen Sinn darin bzw. hört gar nicht weiter zu. Und er versteht dich auch schon beim ersten Mal :-)
Reagiert er nicht, kannst du immer noch sagen, dass du darauf bestehst und eben erst gegessen wird, wenn er die Hände gewaschen hat. Und ab dem Moment stellst du deine Ohren auf Durchzug. Er hat dich gehört und verstanden. Ab jetzt ist es seine Entscheidung, was er tut - aber du brauchst darauf nicht mehr eingehen. Damit eröffnest du nur eine neue Runde "wer hält länger durch". Ich weiß, das ist schwer dann ruhig zu bleiben - aber halte dir vor Augen: du tust ihm nichts böses, du verlangst nichts unmögliches und er hat dich bereits verstanden. Du hast die Regel genannt - und dabei bleibst du.
Bzgl. früher abholen kann ich dir keinen Rat geben außer, abzuwarten. Und auch da eine klare Linie zu fahren: "Mama geht arbeiten und darfst in den KiGa" - fertig. Sobald Kinder Unsicherheit diesbezüglich bei den Eltern spüren, werden sie selbst auch unsicher oder wittern die Chance auf zu Hause bleiben. "Ankommen" dauert bei manchen Kindern eben einfach länger - gerade, wenn sie erst einen Weg finden müssen, sich mit der eher nicht so beliebten großen Gruppe zu arrangieren. Das war bei unserem Kind auch so. Wie gesagt: ich würde nochmal überprüfen, in wie weit ich selbst klar bin mit der Abgabe/Betreuung im Kiga und dann erst mal schauen, ob es nicht schon dadurch besser wird, das du selbst eine freundliche, aber klare Linie ausstrahlst.
von
cube
am 21.02.2019, 14:40