Frage im Expertenforum Erziehung an Christiane Schuster:

Extreme Verlassensängste

Christiane Schuster

 Christiane Schuster
Sozialpädagogin
Frage: Extreme Verlassensängste

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Bitte nicht erschrecken – aber meine Problemschilderung ist leider zu einem halben Roman ausgeufert. Ich kann es aber irgendwie nicht kürzer machen, ohne dabei einen Teil des Problems nicht zu erwähnen, bzw. die Zusammenhänge nicht zu erklären. Meine große Tochter wird in 5 Wochen 3 Jahre alt und sie hat heute noch, bzw. jetzt wieder verstärkt, ganz starke Verlassensängste. Es ging bei ihr schon ganz früh los. Sie ließ sich als Baby nur von insgesamt 4 Personen auf den Arm nehmen, ansonsten schrie sie. Gefremdelt hat sie von Anfang an und zwar mit jedem, auch mit Personen, die sie schon länger kannte oder regelmäßig sah, z.B. in der Krabbelgruppe. Dort hat sie sich noch mit 1 ½ nur an mir rumgedrückt und ließ sich von niemanden anfassen oder ansprechen. Zuhause konnte ich mich immer nur wenige Meter von ihr entfernen, und wirklich nur ganz kurz, und mit Ansage, das Zimmer verlassen war kaum durchzuführen. Hausarbeit zu erledigen war nur sehr schwer möglich, wenn sie nicht wirklich hautnah bei mir sein konnte. Dabeisitzen und mit meinen Küchenutensilien zu spielen hat ihr selten genügt. Müll vor die Tür bringen – unmöglich ohne Stress pur … Sie konnte sich noch nie, und kann sich auch bis heute nicht, alleine beschäftigen und braucht für alles jemanden. Am liebsten hat sie es, wenn jemand zusammen mit ihr Buch liest oder aus Liederbüchern singt. Im Laufe ihres dritten Lebensjahres hat es sich nun doch gebessert. Sie unterhält sich mit anderen Personen, auch mit Bekannten von mir, die sie nicht kennt und mein morgendliches Küchenpensum akzeptiert sie. Über Sommer hat sie angefangen mit den Nachbarkindern im Garten zu spielen und hat mich dabei überhaupt nicht gebraucht. Sie bleibt dort ohne mich, dreht sich nicht mal nach mir um, wenn ich gehe. Sie geht alleine zum Kindergottesdienst, bleibt bei ihrem Cousin, auch über mehrere Stunden. Sie ist insgesamt sehr aufgeweckt, spricht sehr gut und ist auch körperlich fit, trocken, also alles in allem eigentlich alles prima. Das alleine Beschäftigen klappt aber noch immer nicht. Bin ich in der Küche und sage; spiel doch auch in deiner Küche, sagt sie, du sollst aber mit mir machen und mir helfen. Und so geht es in allem. Alleine Bauklötzchen bauen kann sie nicht, ich muss auch bauen. Dann baue aber meistens nur ich und sie guckt zu. Wenn ich mich dann nach einer Weile versuche auszuklinken, hört sie sofort auch damit auf und läuft mir wieder hinterher. Wenn ich bügele, will sie auch bügeln und zwar auf meinem Bügelbrett. Wenn beim Spiel etwas nicht klappt, sie die Spielregeln nicht einhält und das gesagt bekommt, ich ihr ein weiter entferntes Spielzeug nicht hole, wird sie aber auch total motzig gegen mich. Sie war aber mit bei der Traubenernte und hat es ohne zu murren 7 (!) Stunden im Weinberg ausgehalten, weil sie da halt den engen Kontakt hatte. Außerdem schläft sich nicht alleine ein, wie sie auch nach wie vor grundsätzlich nicht alleine bleibt (außer sie entscheidet von selbst, dass sie jetzt lieber ins Wohnzimmer geht und fernsieht) und das ist jetzt in den letzten Wochen wieder schlimmer geworden, also wieder kein Müll wegbringen … Unser Abendritual sieht so aus: nachdem wir Abendbrot gegessen haben, wird schon auf der Couch gekuschelt, herumgetollt, geneckt, Buch gelesen, bis wir dann in Richtung Schlafzimmer starten. Umziehen, im Bad Zähne putzen und dann im Schlafzimmer in der Kuschelecke Gute-Nacht-Geschichte lesen. Dann wird sie ins Bett gelegt und, mittlerweile wieder, Hand gehalten und gesungen, bis sie eingeschlafen ist. Als sie noch kleiner war, musste man mitunter schon mal länger singen, bis sie eingeschlafen war, es ging mal besser, mal schlechter, im Großen und Ganzen war es aber meistens O.K. Im Laufe dieses Jahres hat sich aber auch das eingependelt und alles ging recht flott. Sie ist eingeschlafen und hat dann auch durchgeschlafen (tut sie schon seit sie 7 Monate alt ist, es sei denn Krankheit o.ä.). Seit ein paar Wochen gibt es allerdings einen krassen Rückfall. Man hat kaum das Zimmer verlassen und denkt sie schläft, ruft sie wieder, weint, ist unglücklich, verlangt, dass man mindestens bei ihr im Zimmer bleibt oder sogar wieder die Hand hält. Manchmal muss man sich sogar mit ihr zusammen ins Bett legen, weil gar nichts mehr geht (wenn man dazu das Zimmer wieder kurz verlassen muss, um den Schlafanzug oder die Bettdecke zu holen, bleibt sie trotz geöffneter Türen nicht in ihrem Bett, im Zimmer). Sie weint, ist unglücklich und alle Erklärungsversuche, dass man doch da ist nutzen kaum etwas. Gespräche bei Tag um das Problem zu klären, bringen noch wenig. Sie wird fast jede Nacht wieder wach und ich muss in ihr Zimmer kommen und bei ihr schlafen. Sie testet dann auch aus: bist du noch da? Oder wird sogar evtl. ein zweites Mal wach. Sie schläft nachts 9 bis max. 10 Stunden. Mittagsschlaf macht sie 4-mal pro Woche bei der Oma, nachdem wir gemeinsam dort gegessen haben. Die Oma bringt sie fast immer recht gut ins Bett und sie schläft meistens ca. 2 Stunden, oft aber auch länger. Allerdings merkt auch die Oma mittlerweile dass es nicht mehr so gut geht und sie wurde in letzter Zeit einige Male weinend wach. An den Tagen wo sie zuhause schläft, schaffe ich es nicht mehr sie mit dem gewohnten Ritual und auf die gleiche Weise wie bei der Oma ins Bett zu bringen. Wenn ich sie hingelegt habe, sagt sie, geh jetzt weg ich möchte alleine schlafen. Ich sage dann, aber du bleibst doch nicht alleine, ich lege mich hier bei dir hin. Nein, ich soll weggehen. Also gut. Ich habe aber kaum das Zimmer verlassen, läuft sie mir weinend hinterher. Dann schaukelt sich das hoch, sie schläft auch nicht, wenn wir nebeneinander liegen, es artet in Chaos aus. Versuche den Mittagsschlaf wegzulassen klappen auch nicht, weil sie spätestens am dritten Tag so K.O. ist, dass sie bei der Oma geradezu ins Bett fällt. Ich weiß mir mittlerweile nicht mehr zu helfen, weil sie so eng klammert und ich mich dabei mittlerweile sehr unwohl fühle. Außerdem denke ich, dass es so extrem auch nicht gerade der Regelfall ist. Ich hoffe sie können mir helfen, das Verhalten meiner Tochter zu verstehen und ein paar Tipps und Anregungen geben, wie wir etwas an unserer Situation verändern können. Zum weiteren Verständnis möchte ich noch unsere Gesamtsituation etwas erläutern. Wir haben noch eine zweite Tochter, die nur 16 Monate jünger ist – deswegen gehen wir so oft zur Oma. Sie ist ein komplett anderer Typ und hat ganz andere Verhaltensweisen als die Große. Mein Mann ist beruflich, nebenberuflich, ehrenamtlich sehr eingespannt und viel unterwegs. Manchmal kommt er abends gerade heim und muss gleich wieder weg. Ich denke oft, dass ihr Schlafpensum und Rhythmus nicht stimmt, weil sie dann eben manchmal mittags wach bleibt und ein anderes Mal todmüde ist oder bereits vor dem Mittagsschlaf im Auto einschläft. Die Kinder verstehen sich untereinander gut und es gab bei der Geburt des zweiten Kindes keine Probleme. Vielen Dank Claudia mit Katharina und Hannah


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Hallo Claudia Versuchen Sie einmal, sich nicht nach einer Weile aus dem gemeinsamen Spiel mit Ihrer Tochter auszuklinken, sondern sich erst nach einer Weile einzuklinken, nachdem Sie ihr vorher einen konkreten Beschäftigungsvorschlag gemacht haben und die Freude auf dieses spätere, gemeinsame Spiel geweckt haben. Begründen Sie ihr Verhalten Damit, dass Sie zwischenzeitlich auch noch Etwas (Konkretes) zu erledigen haben. Informieren Sie Ihre Tochter auch am Abend, dass Sie gerne mit ihr gemeinsam eine Geschichte anschauen und erzählen und mit ihr noch kurz kuscheln, dann aber noch einige wichtige Dinge zu erledigen haben. Erlauben Sie ihr, noch eine enspannende "Bettkassette" hören zu dürfen, damit sie besser einschlafen kann und versprechen Sie ihr noch einen Kuß, wenn Sie dann später selbst ins Bett gehen. Dieses Versprechen sollten Sie aber unbedingt einhalten, denn auch im Unterbewußtsein spüren die Kleinen Ihre Nähe und warten quasi darauf. Statt eines Mittagsschlafes im Bett probieren Sie mal ein "Nur-Ausruhen" mit Kassette o.Ä. auf dem Sofa bei Ihnen, der Oma... aus. Liebe Grüße und: bis bald?


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