Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Rüdiger Posth:

Grenzen setzen

Dr. med. Rüdiger Posth

Dr. med. Rüdiger Posth
Facharzt für Kinderheilkunde, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

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Frage: Grenzen setzen

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Lieber Herr Dr. Posth, Sophia ist nun fast 18 Monate alt und eine aufgeweckte kleine Maus. Dies heisst allerdings auch, dass wir jetzt öfter eingreifen oder nein sagen müssen, einfach weil Verletzungsgefahr besteht oder Gegenstände kaputt gehen könnten, die wir ungerne kaputt hätten. Allerdings muss ich hinzufügen, dass wir immer darauf geachtet haben nicht zu oft oder unnötigerweise etwas zu verbieten, d.h. sie räumt "ungefährliche" Schränke hundertmal täglich aus und wir wieder ein etc., wir betrachten das halt als Lernen und nicht Mama ärgern wollen. Allerdings wäre ein häufigeres Nein auch ziemlich frustrierend( für uns-nicht für sie) da jedes Nein oder Laß es bitte völlig ignoriert wird. Ich meine wirklich völlig ignoriert. Ich gebe zu, dass es teilweise recht amüsant ist, welch unglaubliche Konzentration in dem kleinen Gesichtchen geschrieben steht, wenn es darum geht uns nicht zu hören oder zu sehen, die Belustigung lässt aber doch schlagartig nach, wenn der Inhalt des Mülleimers sich in der gesamten Wohnung wiederfindet. Mein Problem ist also, wie erreiche ich , dass sie mal hört, ohne jedoch einen Machtkampf daraus entstehen zu lassen und ohne ihr das Gefühl zu geben, meinen Wünschen oder meiner Autorität ausgeliefert zu sein. Ich mag einfach nicht rumbrüllen, schon gar nicht auf die Finger hauen oder diese Nummer mit der beleidigten, nicht mehr sprechenden Mama spielen, dies beobachte ich häufig im Bekannten-oder Nachbarskreis und bin an Nachahmung nicht interessiert. Meine Methode( also nein (1-5000 mal)sagen, ablenken, Kind wegnehmen sind wohl Kinderseelenfreundlicher, allerdings nicht wirklich effektiver. Ich möchte also Grenzen setzen ohne den kindlichen Willen zu brechen, Konflikte lösen ohne der Sieger zu sein und die zum Teil recht beeindruckenden Wutanfälle nicht durch kindliche Resignation beenden. Mein gesamtes Umfeld versichert mir täglich,dass diese Vorstellung von Erziehung völlig realitätsfremd sei, unser Kind uns jetzt schon völlig im Griff hat und wir quasi einen Gesetzlosen, sozial nicht tragbaren Menschen heranziehen, der uns als Eltern natürlich nicht ernst nimmt, geschweige denn achtet und aufgrund unserer (Nicht-)Erziehung wahrscheinlich ein tief unglücklicher Mensch wird. Ich mag und kann nicht glauben, dass es so verkehrt ist, mein Kind als Persönlichkeit zu achten und zu respektieren und hoffe nun auf Anregungen Ihrerseits, die meinem gnadenlos unmöglichen ( grins) Erziehungsstil entsprechen. Liebe Grüße Sophiasmum


Dr. med. Rüdiger Posth

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Hallo, zu meinen, in dieser Entwicklungsphase, wäre die Einschränkung eines Kindes in seinem Erforscherdrang kein Machtkampf, hieße einem grundsätzlichen Irrtum zu erliegen. Schade, daß der dritte Teil über das emotionale Bewußtsein noch nicht veröffentlicht ist, aber er kommt in Kürze (link oben rechts). Da finden Sie alles erklärt. Daher nur kurz. Trotz ist Folge eines Machtkampfes. Dieser Machtkampf ist unvermeidlich und entwicklungsfördernd. Er dient der entstehung des eigenständigen, kindlichen Selbst. Trotz ist Selbstbehauptung und Selbstverteidigung. Das muß man verstehen, um zu begreifen, daß hier mit Grenzen setzen nicht Gutes gemeint sein kann. Wollen Sie nämlich dem Selbst des Kindes Grenzen setzen, wird es ein Leben lang darunter zu leiden haben, denn nur ein eigenwilliges, vollständiges Selbst ist solider Grundstein der Persönlichkeitsentsicklung! Folgen Sie den allgemeinen Empfehlungen, riskieren Sie ein deformiertes Selbst zu erzeugen, je nachdem wie rigide Sie vorgehen. Um den Umgang mit dem "Nein" ruhig auch im Suchlauf nachlesen. Da steht auch schon sehr viel zu lesen. Der sozial untragbare Mensch, der Gesetzlose, der Deliquent ist regelmäßig der mit beschädigtem, deformierten Selbst. Lesen Sie mal die Gerichtsakten. Und daß ein kleines Würmchen von 18 Monaten seine Eltern im Griff hätte, ist ein Ammenmärchen par excellance. Ebenso hat die Fliege den Elephanten im Griff, wenn er mit dem Rüssel nach ihr schlägt. Viele Grüße


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moin moin, ich finde deine einstellung klasse. komm doch mal rüber www.rabeneltern.org dort findest du viele gleichgesinnte. wir würden uns freuen :-) lg e.


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Hallo, ich wollte Dir nur kurz schreiben, daß Deine Zeilen genauso von mir geschrieben werden könnten. Auch ich mußte mir schon oft anhören, daß es ohne Fingerhauen usw. nicht geht. Aber ich mache das auch nicht und merke langsam, daß es auch ohne klappt. Klar, zeitweise bin ich am Ende meiner Weisheit und Kräfte, wenn mein Kleiner (fast 19 Monate) mich angrinst, obwohl ich das Gefühl hatte, doch wirklich mal strenger gesprochen zu haben ;-)und wenn er auch nach dem 5. Nein nicht reagiert, aber ich halte Fingerhauen trotzdem für die falsche Lösung. Ich glaube auch, daß die Kurzen mit 18 Monaten immer noch zu klein sind, um "nein" wirklich zu verstehen. Deshalb freue ich mir jedes Mal, wenn er darauf reagiert und bin guter Hoffnung, daß es immer öfter klappt. Viele Grüße Nina


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Hallo Sophiasmum! Ich kann mich dir nur voll und ganz anschließen. Auch unsere Tochter wird so erzogen. Erziehung bedeutet, ein Kind zu einem selbständigen Erwachsenen werden lassen. Somit ist Verziehen das Gegenteil von Erziehen. Als Eltern geachtet zu werden erreicht man durch viel Liebe und Verständnis, nicht mit Hieben und Befehlen. Gehorchen tun Hunde, wir aber wollen Menschen erziehen, keine Hunde. Was das Nein-Sagen betrifft, meine Tochter ist 21 Monate alt, ich mache das mit Ablenken und Reden. Nein-Sagen, erklären (ist gefährlich, kann kaputt gehen, Mama möchte das nicht usw.) Ablenken. Und - viel Geduld. Bei uns funktioniert es recht gut. lg Helma


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