Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Rüdiger Posth:

Grenzen setzen, aber wie?

Dr. med. Rüdiger Posth

Dr. med. Rüdiger Posth
Facharzt für Kinderheilkunde, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

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Frage: Grenzen setzen, aber wie?

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Hallo Dr. Posth und andere, ich bin mittlerweile total verzweifelt. Mein Kind (17 Monate) hat mich total im Griff und ich weiß nicht mehr, wie ich damit umgehen soll, manchmal habe ich so den HASS. Ich fühle mich total ausgeliefert und eben ist mir aufgefallen, nachdem sie erst nicht essen und dann nicht einschlafen wollte, dass ich *immer* springe, wenn sie es will. Ich weiß zwar *theoretisch*, dass ich Grenzen setzen soll, aber wie in der Praxis? Ich mag sie nicht schreien lassen, um sie zum Ein- und Durchschlafen zu bekommen, das finde ich unmenschlich, aber nach 17 Monaten Schlafterrors bin auch nich nur noch ein Wrack. Ich springe, wenn das Kind essen will, wenn das Kind nicht essen will, ich nehme sie auf den Arm, wenn sie will, obwohl ich gerade (z.B.) beim Kochen bin, ich stehe ihr immer und immer zur Verfügung - und warum? Weil ich das Geschrei und Gejammere einfach nicht länger als 2 Zehntelsekunden aushalte. Können Sie mir Tipps geben? Danke und viele Grüße!


Dr. med. Rüdiger Posth

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Hallo, das Problem in der Pädagogik, welche mit Parolen wie "Grenzen setzen" um sich wirft, besteht darin, die naturgegebene Entwicklung zur Entstehung von Regeln im Sozialverhalten nicht verstanden zu haben. Daher möchte ich gleich zu Anfang klarstellen, daß Sie hier im Form nicht mit einer Super-Nanny korrespondieren. Das Problem, daß Sie mit Ihrem Kind schildern, ist das Problem, das Ihr Kind mit Ihnen, seiner Mutter und wahrscheinlich auch mit seinem Vater hat. Anders gesagt, welche Angst hat ein Elefant, wenn ihm eine Maus auf dem Rücken tanzt? Wenn Sie sich von Ihrem "Zwerg" bedroht fühlen und HASS auf ihn entwickeln, dann haben Sie im Eltern-Kind-Verhältnis etwas Entscheidendes mißverstanden. Nämlich die Tatsache, daß alle Kinder ihre Eltern lieben und zwar ohne Vorbehalt! Es gibt keine Tyrannen und Monster, die als Kleinkinder verkleidet daher kommen. Wer hat Ihnen diesen Irrglauben nur eingepflanzt? Ihre Tochter hat das Problem, daß sie nicht weiß, was Sie von ihr wollen. Auch weiß Sie nicht, welche ersten Regeln eigentlich in Ihrem Miteinander einzuhalten sind und welche auch einmal übertreten werden können. Um überhaupt zu erkennen, was Regeln sind, und wie man damit umzugehen hat, muß ein Kleinkind a) Regeln von seinen Eltern auf einfachste Weise erklärt bekommen, b) auch konsequent vorgelebt bekommen und c) auch diese einmal hinsichtlich ihrer Bedeutung und Wertigkeit austesten. Wenn Eltern dieses Verhalten als Tyrannei mißinterpretieren, dann erliegen sie einem fatalen Irrtum. Denn von diesem Moment an, ist das Kind in seinen Lernfähigkeiten blockiert. Es versteht die elterlichen Zornesreaktionen nicht und die erwünschen Regel schon gar nicht mehr. Dadurch verschlimmert sich der Zustand im Hause und der Elefnat fängt an, mit einer Maus zu kämpfen. Da Sie einstweilen noch die ganze Entscheidungsmacht im Haus besitzen, überlegen Sie bitte im Vorfeld, auf welche Regeln es Ihnen ankommt. Diese Regeln müssen einstweilen noch flexibel, also "biegbar" sein, denn das Kind soll sich ja an den ihm noch unbekannten Grenzen keine blutige Nase holen. Regel müssen gemeinsam geboren werden, und zwar in jeder Familie auf ihre familienspezifische Weise. Je starrer die Grenzen, desto wütender der Anlauf des Kindes dagegen. Schließlich lebt ja in diesem Alter das Kind im "Widerstand", um ein Selbst zu werden (s. mein Langtext über das emotionale Bewußtsein, Teil 3, link oben links). Setzen Sie nun diese Regel konsequent durch, in dme Sie liebevoll ihrem Kind erklären in einfacher Weise, was denn Unangenehmes passierte, wenn sie nicht eingehalten würde. Protestiert Ihr Kind dagegen dramatisch, was schon auf eine Kommunikationsstörung hindeutet, dann kommt es darauf an, daß sie ohne Zorn und ohne HASS sich ihrem Kind zuwenden und alternativen im Handeln anbieten, die sie sich vielleicht auch schon in einer stillen Minute zurecht gelegt haben. So fahren Sie mit der Zeit den Widerstand des Kindes zurück und erleben ein Kind, das sich zunehmend auf Sie einstellt und die Regel übernimmt. Zu klären wäre die wichtige Frage, welche Rolle der Vater im Hause spielt, der ja jetzt die Vorbildfunktion zur Loslösung übernehmen soll. Gerade er ist also jetzt ein starkes Vorbild! Denken Sie immer daran, jedes Kind möchte im Grunde seines Herzens so werden, wie es die Eltern vom ihm wünschen. Denn dadurch erwirbt es sich die größte Anerkennung. Aber die eigene Natur ist aus erklärten Gründen zunächst einmal dagegen. Und überlegen Sie einmal, wie stark sind wir Erwachsenen denn eigentlich gegen unsere eigene Natur? Viele Grüße


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hallo Honigfee verzweifel nicht, auch uns ist es ähnlich ergangen.2 Jahre keinen richtigen Schlaf,4-5 mal Nachts aufstehen.....Bei jeden Pips binn ich schon gesprungen ,da hat sich dann unser Sohn daran gewöhnt,konnte noch nicht mal alleine Duschen gehen ohne das Megageschrei war. Und um das nicht ertragen zu müssen bin ich halt wieder gesprungen und hab ihm seine Wünsche erfüllt.Habe sogar zeitweise ihn in der Wohnung mit so einem Babytragegurt herumgeschleppt usw...


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Bis uns eines Tages der Kragen geplatzt ist.Wir haben uns gefragt "wer ist hier eigentlich der Boss".Von dem Tag an haben wir ihn anders behandelt, haben ihm gesagt wenn er etwas wollte "einen kleinen Moment"Haben dann 5 Minuten gewartet und ihm erst dann seinen "Wunsch erfüllt" Das war ein Megageschrei, da hab ich mir einfach ein Walkman aufgesetz um das nicht hören zu müssen.Und siehe da das Geschrei hat nach einiger Zeit nachgelassen.Die Watezeit haben wir dann immer weiter ausgedehnt, .....


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oder haben auch gesagt erst machen wir Elternsachen und später bist du dran.Mit dem Durchschlafen haben wir aber erst nach 2 Jahren hinbekommen. Probier dir jemand zur Seite zu stellen der dir dein Kind ein bisschen abnehmen kann damit du ein bisschen Abstand bekommst, sonst geräts du immer wieder in diesen Teufelskreis.Aber sei beruhigt es geht vielen so.Deswegen nennen manche ihre Kleinen auch "Monster" ich hoffe ich konnte dir ein Bisschen helfen und Mut machen.Kopf hoch lg Botin


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Genauso: Du mußt jetzt erstmal an Dir arbeiten! Und auch Dir eine Portion "ist mir doch egal wenn Du jetzt knatschst" - aneignen! Du bist eben nicht nur die Mama sondern auch noch die XY. Wir haben es mit 1 Jahr so eingeführt: ich wußte genau wie ihr weinen war, wenn wirklich was war, oder konnte die Dringlichkeit sehr schnell einschätzen. Und wenn ich der Meinung war ich muß jetzt erstmal meinen Toilettengang zu ende führen, dann war es auch so.


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Wenn ich am Kochen war, dann spielte sie am Boden neben mir und gut war! Ich habe ihr immer erklärt, daß ich jetzt im Moment keine Zeit habe, gleich aber fertig bin und dann für sie da!Ob Du es glaubst oder nicht: die Kleinen verstehen es! LG Jamu


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Unser Sohn (16 Mon.) schläft seit dem 6. Monat durch. Es war für mich nur EINE Woche nächtlicher "Kampf", bis er soweit war. Auch wenn es weht tut, lass deine Tochter nachts schreien. Setz dich nur an ihr Bettchen und rede beruhigend auf sie ein. Für sie ist es eben Gewohnheit und das musst du ihr abgewöhnen. Es ist überhaupt nicht unmenschlich sie schreien zu lassen, ihr fehlt ja nichts. Habt ihr eigentlich ein Zubettgeh-Ritual?


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Liebe Honigfee. Dr. Posth wird dir gute Tipps eben. Ich kann dir dazu empfehlen die Bücher von Steve Biddulph + Thomas Gordon (Familienkonferenz). Zum Thema Schlafen: Schlaf, KIndlein, verflixt nochmal. Es geht darum, das weder du noch dein Kind leidet. Es geht nicht darum, sie schreien zu lassen. das ist unmenschlich und bewirkt das Gegenteil. Wenn du um Hilfe rufst, soll doch auch jemand kommen, oder? Das Weinen ist Ausdruck, das etwas nicht stimmt. Und wenn es wirklich deine Art ist, keine Grenzen zu setzen. L.G


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