Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Erziehung

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Erziehung

Charlotte88

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Liebe Frau Henkes, vielen Dank für Ihre geschätzte Arbeit in diesem Forum. Ich habe heute eine Frage die sich nur indirekt auf mein Kind bezieht. Ich wurde als Kind so ziemlich streng erzogen und möchte nix davon an meiner 21 Monate alten Tochter weitergeben. Mein Mann wurde ebenfalls streng erzogen. Die Omas und Opas meiner Tochter bekommen deshalb eher weniger Zeit mit ihr allein. Wir sind immer lieber gerne dabei und intervenieren wenn nötig. Wir versuchen unsere Tochter liberal zu erziehen und möglichst ohne Schimpfen. Denken Sie, „vorbelastete“ Eltern schaffen es, ihre Kinder komplett gewaltfrei zu erziehen? Bislang kam es Gott sei Dank nie dazu (laut Schimpfen oder gar schlagen), aber manchmal macht mir die Zukunft schon etwas Angst! Des Weiteren würde mich interessieren, wieso es einige Mütter gibt, die ähnlich erzogen wurden wie ich, aber sehr „verzeihlich und verständnisvoll“ ihren eigenen Müttern gegenüber sind? Ich hege selbstverständlich keine schlechten Gefühle ggü. meiner Mutter, würde aber auch nie das entschuldigen wie sie war. Ich trage heute natürlich die Verantwortung für mich selbst, aber könnte das nie für gut heißen wie ich erzogen wurde. Was unterscheidet mich von den „verzeihlichen“ Müttern die ähnliches erlebt haben? Habe ich mich selbst nicht genügend reflektiert und die anderen Mütter sind eher darüber hinweggekommen, oder was könnte der Grund sein? Vielen Dank für Ihre Antwort. Herzlicher Gruß C.


Ingrid Henkes

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Guten Tag Charlotte, ich bin sogar absolut sicher, dass man es als "vorbelastete" Eltern schaffen kann seine Kinder gewaltfrei zu erziehen. Die Kunst besteht eher darin, aufgrund der eigenen Erfahrungen nicht das genaue Gegenteil der eigenen Eltern zu machen. Dann werden Eltern oft viel zu verwöhnend und gewährend. Kinder brauchen aber keine Eltern, die ihnen alles erlauben. Kinder brauchen Eltern, die darüber nachdenken, wie sie mit Ihren Kindern umgehen wollen und die sich überlegen, wie sie Konflikte ohne Gewalt lösen können. Wenn diese Grundhaltung den Eltern klar ist, dann ist es auch nicht schlimm, wenn es ausnahmsweise anders kommt und die Eltern doch mal schimpfen (z.B. weil ihre Nerven äußerst strapaziert sind). Ich weiß natürlich nicht, warum die Menschen, die Sie kennen, ihre schwierigen Kindheitserlebnisse verzeihen oder herunterspielen. Aber allgemein lässt sich sagen, dass es einen psychischem Mechanismus gibt, der einem hilft, den eigenen Schmerz in der Kindheit zu verdrängen und nicht ins Bewußtsein zu lassen. Man kann z. B. das Erlittene herunterspielen oder lächerlich machen (Hat uns doch nicht geschadet!) oder indem man es unreflektiert verzeiht. Dann muss man sich nicht klarmachen, dass man in der Kindheit von den wichtigsten Personen nicht gut behandelt wurde und sich vermutlich nicht genug geliebt fühlte und kann deshalb weiter eine gute Beziehung zu den Eltern haben. Manche Menschen können es nicht wagen, die "gute" Beziehung zu den Eltern zu riskieren, weil sie immer noch auf der Suche nach der guten Beziehung sind. Sie hat ihnen ja in der Kindheit gefehlt. Aus dem, was Sie schreiben, geht ziemlich klar hervor, dass Sie Ihre schlimmen Erlebnisse in der Kindheit nicht verdrängen, aber Ihre Konsequenzen daraus gezogen haben. Sie (beide) erziehen Ihre Tochter sehr bewusst anders, als Sie erzogen wurden. Sie haben noch Kontakt zu Ihren Eltern, aber der läuft jetzt nach Ihren "Spielregeln" ab. Damit haben Sie doch sehr gute Voraussetzungen geschaffen, um Ihrer Tochter eine gute und bereichernde Kindheit zu ermöglichen. Dafür wünsche ich Ihnen weiteres gutes Gelingen und eine gute Zeit miteinander. Ingrid Henkes


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