Gestörte Bindung durch Kita?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Gestörte Bindung durch Kita?

Liebe Frau Ubbens, unsere Tochter ist nun 10 Monate alt. Das erste Vierteljahr mit ihr war sehr schwierig. Wir hatten eine sehr schwere Geburt, die in einem Notkaiserschnitt endete, infolgedessen ich auch einige Tage kaum für sie da sein konnte. Sie war wohl das was man ein Schreikind nennt und ich hatte mit einer postnatalen Depression zu kämpfen, die ich aber mit medikamentöser Unterstützung innerhalb kurzer Zeit prima bewältigt habe. Alles in allem also kein guter Start, aber wir sind inzwischen ein super Team und lieben uns heiß und innig! Seit 2 Monaten ist nun der Papa zuhause und ich arbeite (25 Stunden) wieder. Mir tut das richtig gut und ich bin mit einer Mischung aus Job und Kind sehr viel glücklicher. Natürlich "klammert" meine Tochter wenn ich zuhause bin. Sie freut sich wahnsinnig wenn ich nach Hause komme und weicht kaum von meiner Seite. Wir verbringen dann viel Zeit zusammen, gehen zum Babyschwimmen, spielen, machen Ausflüge. Meist sogar mit Papa, wir gönnen uns den Luxus einer gemeinsamen Zeit im ersten Lebensjahr. Alles gut soweit. Wir hatten geplant, dass sie nach einem Jahr in die Krippe geht und beide Eltern Teilzeit arbeiten. Grds. liebt sie andere Kinder und kein Tag ist so entspannt wie der an dem wir andere Kinder zu Besuch haben oder mit anderen Kindern etwas unternehmen. Kaum zu glauben eigentich, aber sie liebt die Action und den Input den wir ihr so nicht bieten können. Ich halte es also für richtig und bereichernd, wenn sie die Möglichkeit auch regelmäßig in der Krippe bekommt. Nun reden mir alle rein, dass ich "das arme Kind" doch nicht "abschieben" kann. Es würde das Urvertrauen zerstört und die Bindung kaputt gemacht. Gerade nach allem was wir hinter uns haben... Für gute Mütter wäre das Kind in den ersten Jahren das wichtigste und alles andere gehört hintenan gestellt. Ja, mein Kind ist mir auch das wichtigste. Aber ich bin ja auch für sie ein "Rolemodel". Sie lernt, dass Mama auch ihren eigenen Weg geht. Dabei ist sie mir doch nicht weniger wichtig! Lernt ein Kind Bindung und Verlässlichkeit nur und ausschließlich durch ständige Anwesenheit der primären Bezugsperson? Ich kann das kaum glauben. Wir haben die Krippe sorgfältig ausgewählt. Die Eingewöhnung erfolgt nach dem Berliner Modell. Ich werde mir so viel Zeit nehmen wie nötig und wenn sie wider Erwarten die Krippe ablehnt, werde ich selbstverständlich meinen Beruf hintenan stellen. Ist es zwangsläufig so, dass ein Kind keine gute Bindung entwickeln kann wenn es so früh "abgegeben" wird? Ich kann es mir nicht vorstellen, dann müssten doch überall "Bindungsopfer" durch die Gegend laufen. Aber nach den ganzen Sprüchen, die mir anhören muss mache mir echt Gedanken gerade. Worauf sollten wir achten? Danke für Ihre Meinung!

von Karin32 am 16.05.2017, 18:04



Antwort auf: Gestörte Bindung durch Kita?

Liebe Karin32, ich kann mich den Worten meiner Vorrednerin nur anschließen. Kurz zusammengefaßt: Eine entspannte Mutter ist für eine gute Mutter-Kind-Beziehung wichtiger, als eine, die gereizt ist, weil sie nur von Kind und Haushalt umgeben ist. Eine stundenweise Fremdbetreuung schadet einer guten Bindung nicht. Sie werden einen guten, Ihrer Familie entsprechenden Weg gegen. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 17.05.2017



Antwort auf: Gestörte Bindung durch Kita?

Hallo! Ich bin zwar nicht die Expertin, möchte dich aber mit meiner Erfahrung etwas beruhigen. Mein Sohn wurde aufgrund von Schwierigkeiten per Kaiserschnitt geholt, 10 Tage über dem ET. Für mich war die Erfahrung damals fürchterlich, die erste Zeit dann auch sehr schwierig. Leichte Depression, Schreibaby, privater Stress. Auch wir haben eine ganze Weile gebraucht. Aber wie ihr sind auch wir ein super Team geworden. Ich habe ihn mit 10 Monaten bei Tageseltern begonnen einzugewöhnen. Es hat über 2 Monate gedauert. Dann bin ich Vollzeit arbeiten gegangen. Ich hatte auch Sorgen, denn die Mütter, die einem ein schlechtes Gewissen einreden, kannte ich damals auch. Aber die Arbeit tat mir gut, ich habe mir immer wieder gesagt, dass eine entspannte und zufriedene Mutter meinem Kind auch gut tut. Und was soll ich sagen? Sohnemann ist inzwischen 3 1/2 Jahre alt, geht mittlerweile in den Kindergarten und zwar gerne. Aber noch lieber ist es ihm, Zeit mit mir zu verbringen. Er ist fröhlich, wenn ich mich morgens verabschiede und freut sich, wenn ich ihn abhole. Er erzählt mir auch immer von seinem Tag, seinen Erlebnissen, kuschelt und ist entspannt. Er verhält sich anders, wenn mein Mann oder meine Mutter ihn abholen. Reservierter. Bei mir gibt es Küsse, Liebesbekundungen, aber auch die schlimmsten Trotzanfälle. Weil er sich sicher ist, dass unsere Beziehung das aushält. Er weiß sicher, dass er so sein kann wie ein er ist und ich ihn immer lieb habe (tun alle anderen auch, aber da traut er sich nicht, weil er mit ihnen einfach weniger Zeit verbringt und sich gerade nicht sicher ist). Zusammen gefasst kann ich dir also nur sagen, dass eine gute Beziehung durch die Betreuung durch "Fremde" nicht beeinträchtigt wird. Achtet einfach darauf, dass die Eingewöhnung gut läuft und geht selbst mit einem positiven, offenen Gefühl zur Eingewöhnung. Die Kinder merken, wenn ihr euch Sorgen macht, ob das so richtig ist und das verunsichert sie. Wenn sie unbefangen in der Betreuung ankommen dürfen, wird das schon klappen. Und du wirst ja auch mehr Zeit haben als ich anfangs (bin inzwischen auch in Teilzeit, da keine Ganztagsbetreuung im Kindergarten möglich war). Du wirst sehen, deinem Kind wird es gut tun, mehr vertraute Personen zu haben. Aber eure Bindung wird sich nicht ändern.

von 2fachJungs am 16.05.2017, 18:34



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

unsichere Bindung? Kita- Eingewöhnung

Hallo, meine Tochter (11 Monate) kommt derzeit in die Krippe. Wie machen eine Eingewöhnung- seit Montag waren wir jeweils eine Stunde gemeinsam dort. Sie findet das alles auch spannend. Heute nun bin ich für wenige Minuten rausgegangen und sofort hat sie jämmerlich geweint. Wollte danach nicht mehr von meinem Arm. Nun habe ich mal gelernt, dass si...


Kita keine Bindung

Sehr geehrte Frau Ubbens, mein 3 jähriger Sohn geht seit 2 Monaten in die Kita. Die Eingewöhnung wurde sehr schnell durch gezogen. Am 1. Tag sollte ich für eine Stunde gehen. Das hat mein Sohn auch zugelassen. Am 2. Tag sollte ich nach einer Stunde auch schon gehen und erst wieder kommen Wenn die mich anrufen. Ich bin dann trotzdem nach 3 Stund...


Sorge um Mutter Kind Beziehung / Bindung

Guten Abend Frau Ubbens, wir haben 2 Söhne (bald 5 und 2 Jahre alt) bei meinem jüngeren Sohn (2), habe ich keinerlei Zweifel, instinktiv ist alles korrekt. Er ist mir zugetan, aber löst sich gerade von mir und erkundet die Welt. Bei meinem älteren Sohn (wird in 2 Wochen 5) habe ich instinktiv Zweifel, da stimmt etwas zwischenn uns nicht und das ...


Kind will in Kita bleiben

Hallo Frau Ubbens, meine Tochter(19 Monate) geht seit September in die Krippe, die Eingewöhnung war einfach. Natürlich hat sie manchmal beim Abschied geweint oder auch als ich sie abholte. Sie geht 5 Stunden am Tag. Normalerweise rennt sie auf mich zu und umarmt mich wenn ich sie abhole, winkt den Erzieherinnen und wir gehen. Seit dieser Woche ...


KITA I PLATZ

Guten Tag Frau Ubbenz, Wir haben einen bald 3 Jährigen Sohn der bald in den Elementarbereich kommt. Wir hatten leider vom Beginn an kleiner Probleme mit seiner integrationskita. Uns wurde kurz vor der Umgewöhnung  gesagt , dass er trotz i Platz keine ausgebildete heilpädagogin in der Gruppe haben wird. Leider ist da nur eine angehende Heilpä...


Tochter 2,5 Jahre wehrt sich in Kita nicht

Guten Tag Frau Ubbens, unserer Tochter gefällt es in der Kita sehr gut, geht gern dort hin und könnte, wenn sie wollte locker bis abends dableiben. Vor ihrem zweiten Lebensjahr war unsere Tochter 4x pro Woche für ein paar Stunden bei einer Tagesmutter. Sie beschrieb unser Kind als sehr wesensstark, clever und das sie für ihr Alter sprachlich un...


Kita Probleme

Hallo Frau ubbens,  Unser 3 jähriger Sohn ist seit November 2023 in der Kita. Vorher war er seit dem er 1 1/2 ist bei der Tagesmutter. ( da gab es nie Probleme).  die Eingewöhnung in der Kita verlief ganz gut. Nach 3-4 Wochen waren wir durch. Doch danach fingen die Probleme an. Seit dem wehrt er sich immer in die Kita zu gehen. Morgens fängt e...


3 Jahre Alt redet nicht in der Kita

Meine Tochter ist jetzt 3 Jahre alt und ich vermute, dass sie unter sozialer Angst leidet, da sie sich in der Familie anders verhält als bei Fremden.Obwohl sie vor 8 Monaten in den Kindergarten gegangen ist, hat sie sich immer noch nicht richtig eingelebt. Sie kommuniziert nicht und meidet den Blickkontakt, während sie zu Hause den ganzen Tag rede...


Kind wird in der Kita geärgert

Hallo Frau Ubbens, mein Sohn (5J) berichtet seit einigen Wochen immer wieder, dass ein und das selbe andere Kind ihn ärgert. Dabei sei es so, dass es ihn einschüchtert und Angst einjagt mit Erzählungen über irgendwelche Monstergestalten, bis mein Sohn anfängt zu weinen um ihn dann auszulachen und als Baby zu betiteln. Ich habe meinen Sohn zu...


Wechsel Tagesmutter zu Kita

Sehr geehrte Frau Ubbens, mein Sohn ist im Februar 3 geworden und wird seit Mai 2023 sehr liebevoll bei einer Tagesmutter für 4 Tage betreut. Wir wechseln am 2.5 nun von unserer geliebten Tagesmutter zu einer Kita, weil wir dort vorzeitig (nur durch eine Kündigung) einen Platz bekommen haben.  Zum Regeltermin im August/September hätten wir woh...