Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

wie Stillen in der Nacht reduzieren

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: wie Stillen in der Nacht reduzieren

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Liebe Frau Welter, liebe Frau Heindel, ich habe einen kleinen Sohn (5 Monate), der mittags bereits mit großem Appetit Kartoffel-Gemüsebrei isst. Zu allen anderen Mahlzeiten stille ich noch ausschließlich. Mein Kleiner hält tagsüber zwischen den Mahlzeiten gut und gerne 3-5 Stunden aus, kommt manchmal aber auch alle zwei Stunden. Das ist teilweise ganz unterschiedlich, stört mich am Tage aber auch nicht. Lediglich in der Nacht macht mir sein Trinkverhalten mittlerweile zu schaffen. Er schläft von 19.00 Uhr bis ca. 23.00 Uhr, kommt dananch dann jedoch alle zwei Stunden. Was bedeutet dass ich dann abzüglich der Zeit, die er trinkt und die er zum wieder Einschlafen braucht manchmal nur eine oder eineinhalb Stunden zum Schlafen habe, bevor es wieder los geht. Wenn ich versuche, ihn etwas hinaus zu zögern, schreit und quengelt er die ganze Zeit, so dass meine ältere Tochter im Nachbarzimmer davon wach wird und dann demensprechend schlecht gelaunt auch anfängt zu weinen. Ich bin auch etwas verunsichert, ob er die Milch wirklich noch braucht, denn in einigen Nächten nuckelt er nur oder trinkt nur drei Züge, während er in anderen Nächten mehrmals ausgiebig trinkt. Das ist auch unabhängig davon, wie oft er tagsüber getrinken hat und auch davon, was ich gegessen habe. Hinzu kommt, dass er oft nicht so viel trinken kann, wie er möchte oder braucht, weil ihn Bäuerchen und Spucken vom Weitertrinken abhalten. Die "dünne" Milch schießt in so schnell in seinen und, dass er danach etlich Bäuerchen machen muss und ständig die Hälfte wieder ausspuckt und dann, obwohl er die sättigende Milch noch nicht hatte, nicht mehr trinken mag und kann. Ich habe auch schon versucht, ihm in der Nacht gegen 23.00 Uhr dann eine Flasche zu geben, in der Hoffnung diese würde mehr sättigen, von dieser trinkt er dann jedoch nur 80 ml und wird später trotzdem wach. Haben Sie einen Tipp für mich? Da ich eine chronische Darmerkrankung habe, wäre es auch aus gesundheitlichen Gründen für mich wichtig, mal wieder länger als zwei Stunden am Stück zu schlafen, denn es ist seit einiger Zeit wieder sehr unruhig in meinem Bauch geworden. Bei meiner großen Tochter habe ich damals übrigens das Stillen nachts immer um eine halbe Stunde hinaus gezögert mit dem Nuckel, so dass sie mit knapp 10 Wochen zwischen 22.00 und 6.00 Uhr gar keine Milch mehr getrunken hat. Dieses Vorgehen klappt mit dem kleinen Mann allerdings leider nicht. Ich bin für jeden Tipp dankbar. Mit freundlichen Grüßen Mama von Hexchen


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Liebe Mama von Hexchen, es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys ab dem Alter von vier bis sechs Monaten nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Wo schläft Ihr Baby denn? Die Nächte können sehr viel einfacher werden, wenn das Baby in unmittelbarer Nähe der Mutter schlafen kann. Für die Mutter ist es sehr viel praktischer, wenn das Baby mit im eigenen Bett liegt (was weltweit bei Mehrzahl aller Kinder und in unserer Kultur sehr viel mehr als von den Eltern zugegeben wird der Fall ist) oder auf einer Matratze oder in einem Kinderbett direkt neben ihrem Bett. Die Mutter muss nachts nicht aufstehen, muss nicht erst richtig wach werden, sondern kann im Liegen stillen und unmittelbar danach weiterschlafen. Auch das Kind muss gar nicht erst richtig wach werden und zu schreien beginnen und kann somit auch schneller wieder einschlafen. Auf diese Weise kann viel Kraft gespart werden und die Nächte verlaufen für alle Beteiligten ruhiger. Eventuell können Sie auch die "Nachtschicht" etwas verteilen, so dass Ihr Mann zwischendurch getrennt von Ihnen schläft oder eben z.B. am Wochenende die Nachtschicht mit dem Kind übernimmt. Auch tagsüber sollten Sie versuchen, sich selbst Nischen zu schaffen, die Sie ganz gezielt für Ihre Erholung nutzen. Gönnen Sie sich selbst in dieser anstrengenden Zeit so viel Ruhe wie möglich. Jetzt ist nicht die Zeit für blitzende Fußböden und spiegelnde Fenster. Lassen Sie den Haushalt auf Sparflamme laufen. Wenn die Fenster erst in einem halben Jahr wieder geputzt werden, dann schadet das niemandem und Tiefkühlgemüse ist nicht so schlecht und muss nicht geputzt werden. Nicht alles muss gebügelt werden. Machen Sie den Tragetest. Bügeln Sie etwas und tragen Sie es für zehn Minuten. Das nächste Mal bügeln Sie es nicht und tragen es für zehn Minuten. Dann vergleichen Sie ist der Unterschied nach der kurzen Tragezeit wirklich so deutlich, dass das Bügeln sich gelohnt hat? Viel Bügelarbeit lässt sich sparen, wenn die Wäsche sorgfältig aufgehängt wurde bzw. nicht lange im Trockner liegen bleibt, wenn der Trockner fertig ist. Es ist nicht viel mehr Arbeit, die doppelte Menge von zum Beispiel Nudelsauce zu kochen. Sie können dann eine Hälfte einfrieren und haben damit schnelle eine Mahlzeit, wenn ein Tag mal wieder sehr hektisch war. Nehmen Sie ALLE Hilfe an, die Sie bekommen können. Möglicherweise kann Ihnen auch Ihre Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, den Bügelkorb leer bügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für die Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Sie in die sich hinlegen, spazieren gehen oder sonst etwas für sich tun ... Vielleicht finden Sie einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit dem älteren Kind oder dem Baby zu spielen oder spazieren zu gehen. In dieser Zeit sollten Sie dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder sich mit dem größeren Kind beschäftigen oder SICH etwas Gutes tun. Achten Sie darauf, dass Sie genügend essen und trinken. Sie müssen keine perfekten Menus kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparen Sie sich auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar. Schauen Sie nach vorne. Die anstrengende Zeit wird vorübergehen. Auch Ihre beiden werden älter und reifer werden und nicht mehr soooo viel Aufmerksamkeit brauchen. Kurz: beschränken Sie viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Sie auf diese Weise mehr Zeit für sich bekommen. Diese "gewonnene" Zeit können Sie dann dazu nutzen, sich wieder zu erholen, neue Energie zu tanken. Vergessen Sie sich selbst nicht: Gönnen SIE SICH etwas Gutes, dann lassen sich so anstrengende Phasen leichter überstehen. Ich wünsche Ihnen bald wieder ruhigere Zeiten. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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