Ist Zwiemilch das Ende vom Stillen?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Ist Zwiemilch das Ende vom Stillen?

Hallo, meine Tochter ist 9 Wochen alt und ich stille bislang noch voll + kleinere Ausnahmen (dazu später mehr). Ich werde an für sich sehr gut von meiner Hebamme betreut. Zum Thema Stillen benötige ich allerdings eine zweite Meinung und hoffe, dass Sie mir weiterhelfen können. Meine Tochter hatte in ihren ersten 5 Lebenswochen täglichen Stuhlgang und trank ca. 10 Minuten an jeder Brustseite ungefähr jede Stunde/ nachts alle 2-2,5 Stunden. Die Milch kam regelrecht aus meiner Brust herausgeschossen, sodass sie sich häufig verschluckte. Sie hat überaus gut zugenommen. Seit der 5./6. Lebenswoche bis heute hat sie nur alle 7-10 Tage Stuhlgang und häufig auch nur mit Unterstützung ( Kümmelzäpfchen oder kleines Fläschchen Pre-Nahrung von der Hebamme, Einlauf vom Kinderarzt). Sie trinkt tagsüber jede Brustseite nur 2-3 Minuten, dafür jede Stunde oder kürzer. Immer wenn ich ihr die Brust anbiete, weil ich meine sie hätte Hunger, nimmt sie diese auch an. Selbst wenn sie nur 1-2 Minuten trinkt. Die Hungeranzeichen sind nicht mehr so eindeutig wie anfangs. Nachts trinkt sie 10-15 Minuten häufig mit einem 2-Stunden Abstand. Die Tage kurz nach dem Stuhlgang trinkt sie etwas besser; nach 7-10 Tagen ohne Stuhlgang spuckt sie auch wieder vermehrt die Milch aus. Nun läuft meine Brust, an der sie gerade nicht saugt, zunehmend mehr aus. Meine Stilleinlagen muss ich mehrfach am Tag wechseln. Die Gewichtszunahme schwankt. Eine Woche waren es nur 30 Gramm/Woche, aktuell 120 Gramm/Woche. Nun zu meiner Frage bzw. meinem Problem. Meine Hebamme meint, dass ich trotz der herauslaufenden Milch nicht genügend Milch habe und meine Tochter nicht satt wird. Dafür würde die wenige Gewichtszunahme und der ausbleibende Stuhlgang sprechen. Ebenso, dass sie die Brust immer wieder zum Trinken annimmt. Sie vermutet, dass sie immer nur kleine Häppchen trinkt und lediglich neue Milch auf alte Milch kommt. Sie beschreibt es als eine Art „Schlacke“, die im Magen so rumliegt und lediglich stinkende Blähungen hervorbringt. Sie möchte, dass wir nun eine Zwiemilch Ernährung einführen. Unabhängig davon, dass meine Tochter die Flasche nicht gerne annimmt, befürchte ich dann das ungewollte Ausbleiben bzw. Zurückging meiner Milch. Habe ich wirklich zu wenig Milch? Nach meinem Gefühl eher nicht, deshalb bin ich verunsichert. Wie oft und wann sollte ich dann was genau anbieten? Vielen Dank im Voraus! Viele Grüße

von JenniferS123 am 08.06.2021, 18:27



Antwort auf: Ist Zwiemilch das Ende vom Stillen?

Liebe JenniferS123, es ist völlig normal, dass ein Baby unregelmäßig trinkt, kleine Pausen einlegt und dann weiter trinkt, Muttermilch ist in 90 Minuten verdaut. Es ist also nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Wird in dieser Situation zugefüttert, wird der Brust kein erhöhter Bedarf signalisiert und die Milchmenge kann sich auch nicht auf den erhöhten Bedarf einstellen. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wird gestört und es kann der Beginn eines unfreiwilligen Abstillens sein. Darum raten wir erst dann zur Gabe von künstlicher Milch, wenn keine andere Maßnahme geholfen hat - oder das Kind deutlich zu wenig zugenommen hat! Die Vorstellung, dass die Brust (ähnlich wie eine Flasche) nach dem Stillen leer ist und erst wieder aufgefüllt werden muss, ist so nicht richtig. Zwar wird zwischen den Stillmahlzeiten Milch produziert, der Hauptanteil der Milch wird jedoch erst während des Stillens gebildet. Das Saugen des Kindes gibt das entsprechende Signal zur Milchbildung, der Milchspendereflex wird dann ausgelöst. Deshalb ist es auch falsch zwischen den Stillmahlzeiten eine längere Pause einzulegen, damit sich die Milch in der Brust sammelt, sondern es muss häufiger angelegt werden, um die Milchmenge zu steigern. Je mehr Du nun also zufütterst, um so weniger Bedarf wird gemeldet und die Milchmenge geht weiter zurück. Stillexperten empfehlen das Stillen nach Bedarf ohne Mindestabstand. Wurde denn das Saugverhalten Deines Babys einmal überprüft? Trinkt es korrekt und effektiv? Manchmal ist es so, dass ein Baby, welches oft die Flasche bekommt, nicht richtig an der Brust trinkt und deshalb die Milchmenge nicht gesteigert wird. Es wäre deshalb gut, wenn Du Dich an eine Beraterin vor Ort wenden könntest, die Euch sehen kann und so sieht, ob Dein Baby evtl. ein Saugproblem hat. Besprich auch mit dem Arzt, ob er zum Zufüttern rät oder ob abgewartet werden kann. Wenn Du zufüttern sollst, wähle bitte eine alternative Fürerungsmethode, eine Kollegin vor Ort kann Dir das zeigen! Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Viele Beraterinnen machen auch Videoberatung. Lieben Gruß Biggi

von Biggi Welter am 08.06.2021



Antwort auf: Ist Zwiemilch das Ende vom Stillen?

Vielen Dank Frau Welter für diese umfangreiche und sehr informative Antwort! Sie haben mich darin bestärkt, dass das Zufüttern nicht notwendig ist. Solange meine Tochter nicht gravierend abnimmt und ansonsten auch einen guten Gesamteindruck macht. Und das tut sie :-) Wir haben in einigen Tagen einen Termin bei unserem Kinderarzt, sodass ich das Thema dort nochmals besprechen kann. Zu einer Stillberaterin vor Ort habe ich auch nochmal Kontakt aufgenommen. Eine Frage habe ich noch.. Neuerdings nimmt meine Tochter die Faust in den Mund und nuckelt daran. Sie tut dies erst ganz entspannt und ausgiebig. Im Anschluss wird sie unruhiger und weint..kann es auch Müdigkeit sein und eine Art Beruhigung?! Meine Hebamme meinte, dass dies ausschließlich ein Zeichen für Hunger sei? Allerdings habe ich eher das Gefühl, da sie auch einen Schnuller nimmt wegen ihres hohen Saugbedürfnisses, das sie in den Schlaf kommen möchte (womit sie große Probleme hat) ?!

von JenniferS123 am 09.06.2021, 06:36



Antwort auf: Ist Zwiemilch das Ende vom Stillen?

Liebe JenniferS123,, nein, es reicht leider nicht, wenn das Baby nicht abnimmt, es muss zunehmen in diesem Alter! 120 Gramm sind zu wenig und es kann durchaus nötig sein, dass zunächst zugefüttert werden muss, allerdings rate ich da zu einer alternativen Fütterungsmethode. Das Nuckeln an der Faust kann schon ein Hungerzeichen sein , muss es aber nicht. Wie gesagt, wenn das Baby nicht korrekt saugt an der Brust, weil es durch Flasche und Schnuller saugverwirrt ist, dann kann es nicht genug Milch bekommen, deshalb rate ich Dir, Dir schnellstmöglich Hilfe zu holen. Dein Baby braucht ausreichend Nahrung und wenn es nicht ausreichend zunimmt, muss evtl. zugefüttert werden! Lieben Gruß Biggi

von Biggi Welter am 09.06.2021



Antwort auf: Ist Zwiemilch das Ende vom Stillen?

Oh okay. Dann habe ich es doch falsch eingeschätzt und werde mich nun schnell kümmern. Ich habe nun Kontakt zu einer Stillberatung aufgenommen und bespreche zudem nochmal mit dem KiA. Ich danke Ihnen!

von JenniferS123 am 09.06.2021, 07:15



Antwort auf: Ist Zwiemilch das Ende vom Stillen?

Liebe JenniferS123,, ich würde mich freuen, wenn Du mir nach dem Termin schreibst! Alles Gute! Biggi

von Biggi Welter am 09.06.2021



Antwort auf: Ist Zwiemilch das Ende vom Stillen?

Liebe Frau Welter, der Kinderarzt hat vom Zufüttern abgeraten. Das warme Wetter, ein Entwicklungsschub o.ä. können das Trinkverhalten ebenso beeinflussen. Und das Gewicht des Kindes ist absolut in Ordnung. Die Flasche würde sie verwirren und ein vorzeitiges Abstillen provozieren. Ich habe dann konsequent weiter gestillt. Meine Tochter und ich lagen viel Bauch auf Bauch mit Hautkontakt und hatten viel Ruhe und Zeit zu zweit. Sie trank zwar kleine Häppchen jede 30-90 Minuten, doch hatte sie drei aufeinander folgende Tage Stuhlgang und innerhalb einer Woche 200 Gramm zugenommen. Ich habe zusätzlich noch ein Telefonat mit einer LLL- Stillberaterin. Der Austausch war ebenfalls sehr positiv. Vielen Dank auf für Ihre Rückmeldungen. Viele Grüße Jennifer

von JenniferS123 am 17.06.2021, 18:15



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