Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Hört das Nuckeln auf?

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Hört das Nuckeln auf?

MintyFreshDrop

Hallo liebes Still-Team, Meine Tochter ist 14 Monate alt. Sie trinkt und nuckelt m.E. ziemlich viel an der Brust. Ich wollte und möchte so gern nach Bedarf stillen und dachte, das wird mit der Beikost kontinuierlich weniger. Dem ist nicht so. Sie isst unregelmäßig, wohl auch, weil sie noch viel trinkt. Was mich stört, ist, dass sie ohne Brust nicht einschlafen und auch nicht durchschlafen kann. Sobald sie nachts wach wird, liege ich neben ihr. Tagsüber ist es allerdings schlimmer, da sie ohne mich nur max 20 Minuten schläft. Danach kann ich nicht mehr aufstehen, ihr Schlaf scheint zu leicht zu sein. Nun habe ich gelesen, dass sich die Schlaf-Nuckel Assoziation nicht von alleine auflöse. Ist das so? Ich habe bereits probiert meine Tochter immer wieder von der Brust zu lösen und das Kinn zu halten. Mit vielen Anläufen klappt das besonders abends. Dass sich dadurch grundsätzlich etwas verändert, merke ich jedoch nicht. Wenn ich ihr nachts die Brust gebe, schlafe ich häufig dabei ein. Ich wache also wieder auf und sie hat die Brust im Mund. Kann sich dann überhaupt etwas verändern? Dazu kommt, dass sich so viele um mich herum Sorgen machen. Ich sei so dünn (habe ca 7 Kilo weniger als vor der Geburt), meine Tochter müsse mehr essen, sie sei zu sehr an mich gebunden und die Eingewöhnung kommt in 5 Monaten auf uns zu... Nicht zu vergessen ist, dass wir gern ein zweites Kind wollen, was wohl durch das Stillen schwieriger wird. Ich bin so verunsichert und habe schon viele Beratungen in Anspruch genommen. Damit bin ich nie wirklich zufrieden und lasse es dann doch so weiterlaufen. Denn mir ist eigentlich wichtig, dass sich das Stillen durch die Entwicklung meiner Tochter verändert und nicht, weil ich es ihr aufzwinge. Wird das kommen oder liege ich da falsch? Ich danke sehr für den Rat! Herzliche Grüße


Biggi Welter

Biggi Welter

Liebe MintyFreshDrop, das lange Stillen führt definitiv nicht zu einer verspäteten Loslösungsphase, aber dein Kind spürt jetzt deine Unsicherheit und das ist etwas, was Kinder extrem schlecht vertragen. Kinder brauchen Klarheit und Zweifel sowie Unsicherheit der Eltern verwirren sie und beeinflussen ihr Verhalten, so dass sie z.B. besonders klammern oder eben sehr lange und häufig an der Brust trinken. Das Problem ist nicht das Stillen - das in diesem Alter außerdem noch vollkommen normal ist, denn statistisch gesehen findet ein selbstbestimmtes Abstillen meist irgendwann zwischen dem zweiten und dem vierten Geburtstag statt - sondern der Druck, der von außen auf dir lastet.




 Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen.

Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. 


 Auch ich war damals verunsichert und wurde als Glucke und sonst was bezeichnet ;-). Heute sind meine Kinder meine größten Stützen und ich weiß, dass Achtsamkeit nichts mit Verwöhnen zu tun hat.
Ist dir schon einmal aufgefallen, dass niemand fragt „Wann muss das Kind selbstständig atmen lernen" oder „Wann muss das Kind frei laufen können"? Beim ersteren geht jeder davon aus, dass dies eine Fähigkeit ist, die ein gesundes Kind selbstverständlich beherrscht und bei zweiten wird eine große Zeitspanne von vorneherein als normal angenommen. Nur beim Stillen, da wird dem Kind nicht die Kompetenz zugestanden, dass es auch diese Fähigkeit selbst und in dem für es passenden Tempo entwickeln wird. Da wird immer wieder behauptet, dass die Eltern das Kind entsprechend „trainieren" müssen.

 Jedes Kind hat seinen eigenen Rhythmus und braucht eine gewisse Reife, um länger schlafen zu können, leider lässt sich das schlecht forcieren. Sicherlich kannst du aber versuchen, einen gewissen Tagesablauf zu sichern, in dem Dein Baby sich auskennt und langsam lernt, wann Ruhezeiten sind. Auch Rituale helfen sehr, das Baby kann sich an Strukturen gewöhnen und kennt den Alltag irgendwann genau. Mach dir den Alltag so einfach wie möglich, meist hilft es eher, wenn man versucht, das Drumherum zu ändern und nicht das Baby ;-). Es gibt also keinen Grund, dass du etwas daran ändern musst, dass du dein Baby nach Bedarf stillst und auch in den Schlaf stillst, es sei denn DICH persönlich stört etwas daran. Auch die immer wieder geäußerten Argumente, das Baby würde auf diese Weise verwöhnt oder es würde so nie lernen alleine einzuschlafen bzw. nie wieder aus dem Elternbett ausziehen, sind nicht stichhaltig. Babys in diesem Alter können noch nicht verwöhnt werden und Kinder, die sich den Platz im Elternbett nicht erkämpfen oder ertrotzen mussten, ziehen von selbst aus dem Elternbett aus, sobald sie reif genug dafür sind. Im Gegensatz dazu wollen viele Kinder, die als Babys alleine schlafen mussten noch lange ins Elternbett, weil ihr Bedürfnis (noch) nicht gestillt wurde. Sobald ein Baby die nötige Reife hat, lernt es alleine (ein)zuschlafen und wird auch längere Schlafphasen haben. Falls du bei all diesen Anforderungen, die dein Kind zur Zeit an dich stellt, noch zum Lesen kommst, möchte ich dir "Das 24 Stunden Baby" von Dr. William Sears empfehlen. Die Lektüre dieses Buches wird aus deinem Kind nicht automatisch ein ruhigeres Baby machen, doch du findest Erklärungen und sicher den einen oder anderen Hinweis, wie euer Alltag wieder leichter werden kann. Zusätzlich kann ich dir nur wärmstens den Besuch einer Stillgruppe nahelegen. Im Austausch mit den anderen Müttern dort, wirst Du erleben, dass dein Kind nicht das einzige Baby auf der Welt ist, dass so viel Zuneigung und Kraft von seinen Eltern braucht und allein das Wissen "es geht nicht nur uns so" kann enorm viel helfen. Ich wünsche euch allen baldmöglichst ruhigere Tage und Nächte und dir viel Kraft und Menschen, die bereit sind, dir jetzt mit praktischer Hilfe beizustehen. Liebe Grüße Biggi


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