Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Einschlafen und nachts weiterschlafen auch ohne Mama und ohne Brust

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Einschlafen und nachts weiterschlafen auch ohne Mama und ohne Brust

Nina0988

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Hallo Frau Welter, mein Sohn ist 20 Monate alt und wird noch gestillt, vor allem beim Einschlafen. Sowohl beim Mittagsschlaf als auch abends und nachts (er wacht noch mehrmals in der Nacht auf) einschlafstille ich ihn noch – sprich: Das Schlafen läuft vollkommen über mich. Um nach knapp zwei Jahren jedoch wieder etwas mehr Flexibilität zu erhalten, möchte ich gerne das Stillen und das Schlafen voneinander Trennen – zumindest tageweise. Also so, dass er schon noch bei mir an der Brust einschlafen kann, das Einschlafen aber auch ohne mich bei einer anderen Bezugsperson funktioniert. Auch dass er nachts öfter aufwacht und die Brust fordert stört mich an sich nicht – er schläft bei uns im Bett und ich stille ihn im Liegen und er schläft in der Regel gleich wieder weiter. Problematisch ist allerdings, wenn nicht ich, sondern mein Mann nachts zu ihm ins Zimmer kommt, er richtig schreit bzw. vollkommen ausrastet. Eigentlich haben mein Mann und mein Sohn ein sehr gutes Verhältnis, die beiden verbringen viel Zeit miteinander und tagsüber klappt es mit den beiden sehr gut, auch wenn ich nicht dabei bin. Aber wenn es ums Schlafen geht, funktioniert es eben überhaupt nicht. Weder dass er bei seinem Papa einschläft (mittags / abends) noch dass er sich nachts von ihm trösten lässt. Wobei ich auch dazu sagen muss, dass er nachts bei mir auch schreien würde, wenn ich ihm nicht die Brust geben würde. Ich weiß nun nicht, wie wir am besten vorgehen können, damit er Einschlafen auch mal ohne Mama / Brust akzeptiert. Wichtig ist mir, dass ich NOCH NICHT abstillen möchte, denn ich genieße das Stillen nach wie vor. Aber ist es überhaupt möglich/sinnvoll, dass ich ihn generell noch einschlafstille, aber an Abenden oder Mittagen, an denen ich z.B. mal nicht da bin, er dann bei Papa ohne Brust einschläft? Oder sollte man es dann besser konsequent handhaben und gar nicht mehr einschlafstillen / nur noch von Papa (anderen Bezugspersonen) ins Bett, damit es für ihn klarer ist (was ich aber sehr schade fände). Können Sie mir hierzu ein sanftes Vorgehen raten? Gibt es hierfür sanfte "Methoden"? Schon mal vielen Dank und viele Grüße!  


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Liebe Nina098, wenn du nicht mehr ständig stillen möchtest, wird es am besten sein, wenn du schrittweise vorgehst, z.B. in dem du zunächst eine gewisse stillfreie Zeit in der Nacht einführst.  Dazu kannst du wie folgt vorgehen: Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich in der Nacht ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst du trinken") und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird). So wird die Nacht allmählich stillfrei. Wenn sich dein Kind dann in der Nacht beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch Weinen oder Schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann. Natürlich kannst du ihm während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird. Dein Baby wird vermutlich schreien, toben, treten oder dich gar schlagen wollen. Ist das schlimm? Nein, es ist völlig normal, denn es ist die einzige Art, wie es in diesem zarten Alter seinen Frust ausdrücken kann. Wie kannst du damit umgehen? Lass es zu. Lass dich nicht verunsichern, denn es geht deinem Kind ja trotzdem gut, es bekommt kein Trauma fürs Leben, wird nicht an deiner Liebe zweifeln. Dein Baby ist sauer, und das wird auch wieder vergehen. Bleibe bei ihm und sei du ruhig und klar, so dass dein Kind sich an dir orientieren kann. Vielleicht wirst du es ein wenig ablenken wollen (falls es sich ablenken lässt), vielleicht bleibst du auch einfach nur in seiner Nähe und versicherst ihm, dass alles ok ist.  Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass die ersten Nächte zwangsläufig sehr unruhig sein werden. Doch in der Regel akzeptieren Kinder relativ schnell die neuen "Spielregeln", und je älter sie sind, desto einfacher. Nur wenn sich dein Kind über mehrere Tage hinweg gegen diese stillfreie Zeit sperrt, oder gar tagsüber extrem anhänglich bzw. weinerlich wird, oder gar eine Hautreaktion zeigt, dann weißt du, dass es noch zu früh ist und du vielleicht einfach noch ein paar Wochen warten und durchhalten solltest. Dieser Vorschlag stammt von Elizabeth Pantley, Autorin des Buchs "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte",das ich wärmstens empfehlen kann.  Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht. Überlege dir evtl. auch einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast du sogar das Glück so wie ich vor Jahren dass du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten. Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Ich hänge dir auch noch einen Artikel an, der dich sicherlich trösten wird.  Ich hoffe, diese lange Antwort hilft euch ein wenig weiter, und drück die Daumen, dass die Nächte bald wieder ruhiger werden.  Liebe Grüße Biggi     Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen   Prim. Dr. Franz Paky, Leiter der Schreiambulanz (Ambulanz für Schreien und Schlafstörungen) der Kinderabteilung des LKH Mödling    Schlafen, Alleinsein, Finsternis   Für ein Kind gibt es nichts Schlimmeres, als den Schutz und die elterliche Geborgenheit zu verlieren. Mit der Finsternis der Nacht reißt die Gewißheit ab, dass der elterliche Schutz gegeben ist. Nichts ist leichter verständlich, als dass sowohl das Einschlafen als auch das nächtliche Aufwachen für ein Kind mit Angst verbunden ist. Es ist ebensowenig verwunderlich, dass viele Methoden entwickelt wurden, den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf für das Kind zu erleichtern. All diesen Riten ist gemeinsam, dass sie die elterliche Gegenwart in den Schlaf hinein zu erhalten suchen (Wiegenlied, Gute Nacht Geschichte, Gute Nacht Kuß, Kuscheltier als Übergangsobjekt usw.).   Schlafen Loslassen   Nicht nur für das Kind ist mit dem Einschlafen eine Trennung von den Eltern verbunden. In ähnlicher Weise erleben die Eltern das Einschlafen des Kindes als Trennung. Insgeheim stellt sich die Frage: Wird das Kind ohne unsere Hilfe einschlafen? Wird sich das Kind ohne weiteres (?) von mir trennen? Wird es auch wieder von selbst wach?   Zwei Arten von guten Schläfern die echten und die resignativen   Nicht alle Kinder, die unkompliziert einschlafen und durchschlafen, sind zu beneiden. Wenn Babys spüren, dass ihr Schreien in der Nacht die Eltern unter keinen Umständen auf den Plan rufen kann, geben sie auf und schlafen den Schlaf der Resignation. Auf diesem Mechanismus beruht der scheinbare Erfolg der älteren Generation, ein Kind beim Einschlafen unbegrenzt schreien zu lassen.   Die Entwicklung des Babys und das  Schlafproblem   Um das sechste Lebensmonat erweitern Babys ihren sozialen Horizont beträchtlich. Sie lernen zwischen ihren vertrauten Eltern und fremden Menschen zu unterscheiden ("Fremdeln"). Die Angst, die damit einhergeht ("Achtmonatsangst"), führt nicht selten zu einer Störung des Schlafes. Kinder, die in den ersten Lebensmonaten zur Freude ihrer Eltern bereits durchgeschlafen haben, beginnen dann nachts mehrmals wach zu werden. Oft brauchen sie nicht mehr als die Versicherung, dass alles in Ordnung ist. Ein kurzes Nuckeln an der Brust oder allein der Zuspruch einer vertrauten Stimme genügen, dass das Kind weiterschläft. Häufig führt aber die Schlafstörung zur Sorge der Mutter, dass das schon größer gewordene Kind mit ihrer Milch nicht mehr genug hat. Dann erhält das Kind an Stelle des Trostes, den es braucht, mehrere Mahlzeiten, die eigentlich überflüssig sind. Welcher Erwachsene, der gut schlafen will, würde sich absichtlich zu diesem Zweck den Bauch voll schlagen?   Das Schlafparadoxon   Wenn wir den Schlaf dringend herbeisehnen, stellt er sich am zögerndsten ein. Eine ganz ähnliche Erfahrung machen wir mit unseren Kindern. Wenn wir am wenigsten darauf angewiesen sind, schläft unser Kind am leichtesten ein. Brauchen wir dagegen unseren eigenen Schlaf dringend, weil wir am nächsten Tag früh aufstehen müssen oder einen schwierigen Termin haben, dann spielt das Kind nicht mit. Es will und will nicht einschlafen. Und noch weniger gönnt es uns einen ununterbrochenen Schlaf. Man gewinnt fast den Eindruck, als würden wir das Kind mit unserer Aura des Schlafzwanges am Schlaf hindern.   Wenn sich ein Vater, der sein Kind mit allergrößten Mühen zum Einschlafen gebracht hat, auf leisesten Sohlen vom Bett fortschleicht, weckt er das Kind mit seiner Angst, dass es wieder wach werden könnte, tatsächlich auf. Dieses Phänomen zwingt uns dazu, über den eigenen Schatten zu springen. Wir müssen uns nach dem Rhythmus des Kindes richten und aufhören, ihm unsere Bedürfnisse aufzuzwingen.      Individueller Schlafbedarf   Jedes Kind braucht wie übrigens erwachsene Menschen auch eine individuelle Zahl von Schlafstunden. Die Spannbreite liegt bei Kindern im zweiten Lebenshalbjahr bei 9 bis 14 Stunden (Largo Kinderjahre 1999, S. 27).   Behinderung der Selbstregulation   Groß ist die Gefahr, dass sich Eltern in guter Absicht in Vorgänge einmischen, über deren Ablauf das Kind selbst bestimmen soll. Als Beispiele seien das Essen und das Trinken, die Kleidung und die Kontrolle von Stuhl und Harnausscheidung genannt. Die Selbstregulation über diese Vorgänge wird vom Kind im Lauf seiner normalen Entwicklung übernommen. Greifen die Eltern allerdings in diese Entwicklung ein, wird die Selbständigkeit nicht erreicht. Den Eltern bleibt damit die Bürde der Kontrolle erhalten, und das Kind bleibt in Abhängigkeit.   In typischer Weise tritt dieser Mechanismus beim Schlaf auf. In der Meinung, dass die Eltern die volle Verantwortung für die Tiefe und die Dauer des Schlafes ihres Kindes tragen, wird dem Kind seine Selbständigkeit verwehrt und die Eltern zerbrechen an der Bürde der Kontrolle, die sie selbst nicht abgeben können.   Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen   Auf übermüdete und erschöpfte Eltern wirkt es vermutlich zynisch, wenn ich davon spreche, dass es bei der Kunst, sein Kind schlafen zu lassen, um die eigene Gelassenheit und das Loslassen des Kindes geht. Nach allem, was man schon versucht hat, sollte es gerade mit dem Loslassen funktionieren, wo man doch weiß, dass nichts schwerer ist im Leben als das Loslassen.  Vertrauen in die Selbstregulation des Kindes ist der Schlüssel zum Loslassen und damit auch zum Schlafenlassen des Kindes. Wenn man dieses Vertrauen erwirbt, wird man sich vom Kind für die Zeit des Schlafes trennen können, ohne den Kontakt ganz zu verlieren. Das Kind wird auch in einer unruhigen Umgebung und ohne großes Geschrei einschlafen können. Vor allem wird es möglich sein, das Kind im Elternbett schlafen zu lassen und auf diese Weise das Stillen nach dem natürlichen Bedarf von Mutter und Kind beizubehalten.   Jedes Kind kann schlafen lernen   Weil es schwierig ist, diese Zusammenhänge bewußt zu machen, erfreuen sich Bücher, die sich auf ein Training bzw. auf eine Dressur des kindlichen Verhaltens beschränken, großer Beliebtheit.   Am populärsten sind zur Zeit wohl Methoden der dosierten Frustration. Anstatt bei sich selber anzufangen, läßt man das Kind etwas länger schreien, so lange, bis es davon überzeugt ist, dass man als Nachtwächter oder Tröster nicht in Frage kommt. Der Erfolg stellt sich scheinbar ein, indem das Kind den Schlaf der Resignation schläft. Die Chance, dass sowohl die Eltern als auch das Kind aus dem Problem des gestörten Schlafes etwas lernen und auch für sich gewinnen, wird damit aber vertan.   Wir sollten die Chance wahrnehmen, die darin liegt, die Kunst zu erwerben, sein Kind schlafen zu lassen        


Nina0988

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Hallo Biggi, vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Das sind vor allem sehr hilfreiche Tipps, wenn ich nachts abstillen oder nachts weniger stillen möchte. Das Buch habe ich mir bestellt und werde es mir direkt einmal durchlesen. Auch werde ich mal schauen, ob es bei mir in der Nähe eine Stillgruppe gibt. Allerdings geht es mir momentan gar nicht so sehr darum, (nachts) nicht mehr so oft zu stillen, sondern vielmehr, dass das Ein- und Weiterschlafen auch mal mit Papa funktioniert - also in dem Fall ohne Brust.  Oder auch dass der Papa oder eine andere Bezugsperson den Kleinen ins Bett bringen kann (auch wenn ich da bin) und er es in diesen Fällen ohne Brust akzeptiert - ohne dass ich gleich abstillen oder weniger stillen muss. Oder habe ich die Antwort falsch verstanden und das funktioniert nur, indem ich generell weniger stille / nachts abstille? Wie gesagt stört mich das Stillen nicht. Ich würde mir nur etwas mehr Flexibilität wünschen, dass ich auch mal abends oder bei seinem Mittagsschlaf unterwegs sein kann, ohne dass es gleich in völligem Geschrei ausartet. Perspektivisch auch, wenn er mal in die Kita und dort seinen Mittagsschlaf machen muss. Liebe Grüße und danke nochmal :)


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