Frage:
Einschlafen nur an der Brust
Hallo Frau Welter,
da ich nicht weiß, an wen ich mich wenden soll und da ich viel von Ihren Meinungen halte, richte ich mich heute an Sie.
Meine Tochter ist 6 Monate alt, wir haben vor einem Monat mit der Beikost angefangen. Zudem beginnen wir, einen Tagesrhythmus zu etablieren, was oft auch relativ gut klappt. Das besonders Anstrengende aber ist, dass meine Tochter wirklich nur an der Brust einschläft. Ich kenne Ihre Ausführungen dazu, dass es nur natürlich ist und womöglich nicht in unsere Zeit passt, grundsätzlich aber sehr wohltuend für das Baby ist. Mir aber wird es zuviel. Mein Mann kann sie nicht ins Bett bringen, ich möchte ab September wieder Abendseminare besuchen und unsere Tochter nimmt weder Flasche noch Schnuller, noch trinkt sie Muttermilch aus einem Becher (das macht ihr Spaß, aber es landet nichts im Magen). Dazu kommt, dass sie - so wie gerade - in den Mittagsschlaf gestillt wird, 1,5 Stunden schläft und sich dann meldet. Sie ist noch müde und will schlafen, weint aber bei allem, was ich ihr anbiete. Schließlich gebe ich ihr die Brust und sie trinkt nochmal, bevor sie wieder einschläft. Entsprechend kommt ebenfalls unser ganzer Tagesrhythmus durcheinander, weil ich auf diese Weise immer wieder ein bisschen stille und eigentlich aber nach dem Schlaf ihr Brei an der Reihe wäre. Von dem isst sie - egal ob mittags oder abends, ob 3 Stunden seit der letzten Mahlzeit vergangen sind oder weniger - in etwa 40 gramm, wir kommen also auch nicht dazu, mal eine Mahlzeit vollständig zu ersetzen.
Ich stille eigentlich sehr gern, bin aber im Moment fast verzweifelt, weil ich das Gefühl habe, dass wir uns im Kreise drehen und ich aber ein Fortkommen brauche. Ich sehe keine Lösung, ich weiß nicht, wie es anders gehen soll, weil sie bei allen anderen Einschlafversuchen nur weint. Ich besitze auch bereits beide von Ihnen vorgeschlagene Bücher (Schlafen u. Wachen; Schlafen statt Schreien) und bin dennoch ratlos.
Es wäre schön, etwas von Ihnen dazu zu lesen.
Dankeschön.
Diana
p.s. Im Übrigen merke ich, dass ich ungeduldig werde, was mir für meine kleine Tochter unendlich leid tut, aber wenn sie beim Versuch einzuschlafen zum x-ten Male andockt, bin ich inzwischen wirklich sehr angestrengt.
von
DiKa81
am 06.08.2012, 14:05
Antwort auf:
Einschlafen nur an der Brust
Liebe Diana,
danke für das Vertrauen!!
Ich verstehe deine Ungeduld vollkommen, ich kenne das Gefühl selbst nur allzu gut, und dennoch: Was können unsere Kinder dafür, dass wir Erwartungshaltungen haben, die nicht ihrer Natur entsprechen? Oder, um es mit den Worten meiner jetzt 10-jährigen zu sagen: Es war unsere Entscheidung, Mutter zu werden, und jetzt müssen wir da durch. :-)
Das hat auch nicht zwangsläufig mit dem Stillen zu tun, es ist gut möglich, dass dein Kleiner auch nach dem Abstillen mehr an dir hängt als am Papa, und mehrmals nachts wach wird und Mamas Nähe braucht.
Klar ist es dein gutes Recht, abzustillen, und ich möchte dir das auch nicht ausreden. Wenn du es machen möchtest, dann tu es. Vielleicht erst in der Nacht, eben mit der Stillfreien Zeit und dem Pantley-Programm.
Oder stell in Frage, ob ein Baby wirklich einen vorgegebenen Rhythmus und Tagesablauf braucht, wie wir ihn gern vorgeben. Was ist schlimm daran, wenn der Brei nicht um 4 sondern um 5 oder gar schon um 3 gegessen wird, oder mal gar nicht? Warum gehen wir davon aus, das Kind muss um 7 oder 8 oder 6 Uhr abends ins Bett? Warum muss das Kind schlafen, wenn wir Mütter abends ohne Baby etwas unternehmen möchten? Kann der Papa nicht auch mit einem wachen Kind etwas anfangen, wird es nicht dann doch schlafen, wenn es müde ist, auch ohne Brust?
Was ich damit sagen will: Oft entspannt sich die Situation ganz deutlich, wenn wir "loslassen", wenn wir nicht verlangen, das Kind müsse so oder so sein bzw. reagieren, sondern wir uns dem anpassen, was eben unsere Realität ist.
Hilft dir dieser Ansatz ein bisschen weiter?
LIeben Gruß,
Kristina
von
Kristina Wrede
am 07.08.2012
Antwort auf:
Einschlafen nur an der Brust
Hallo Kristina,
ja, das hilft mir durchaus sehr. Allerdings bin ich etwas irritiert darüber, dass die Lockerheit im Umgang mit meiner Kleinen so völlig okay sein soll - hab ich doch nun schon so oft (u.a. bei Pantley) gelesen, dass strukturgebende Tagesabläufe so wichtig für Babys seien?! Ist dem nicht so?
Was den grundsätzlichen Ansatz des Stillens betrifft: Abstillen war gar nicht so sehr mein Thema, vielmehr das abendliche Einschlafstillen. Ich habe gestern Abend mit meinem Mann entschlossen, es so zu machen, wie Du es beschreibst: Ich lasse das Brei-Programm vorerst sein, ich stille voll. Ich habe das Gefühl, dass ich mich und die Kleine unter Druck setze mit der Zufütterei und es deshalb nicht gut läuft - das ist nun das Letzte, was ich will. Ich habe entschlossen, sie weiter in den Schlaf zu stillen, da sie es offenbar braucht und ich glaube, es geht mir gut mit dieser Entscheidung.
Das Einzige, was ich aber dennoch versuchen möchte, ist ihr Muttermilch über eine Trinklernflasche anzubieten. Die hat sie gestern nämlich erfreut angenommen und überhaupt zum ersten Mal an irgendetwas anderem gesaugt als an der Brust. Vielleicht ist das eine Möglichkeit, auch mal meinen Mann füttern zu lassen.
Ich fürchte, ich hab mich von Rahmenbedingungen und der vorherrschenden Meinung, dass ab einem halben Jahr nicht mehr in den Schlaf gestillt werden sollte, stressen lassen. Ich hab drei Tage gebraucht, um mich zu entscheiden, wieder nur auf mein Kind zu achten.
Vielen Dank!
Diana
von
DiKa81
am 07.08.2012, 12:37
Antwort auf:
Einschlafen nur an der Brust
Liebe Diana,
wenn ich mich recht entsinne, dann schreibt auch Pantley, dass im Grunde alles, was das Kind in diesem jungen Alter vorgibt, ok ist. Die Strukturen und Muster haben wir in erster LInie in unserem Kopf.
Doch, es gibt schon einige - wenige - Kinder, die Strukturen brauchen, und ganz klare Vorgaben, Uhrzeiten etc. Aber, wie gesagt, es sind Ausnahmen. Schau mal, wie Kinder in anderen Ländern aufwachsen... Im Süden dürfen sie herumhüpfen, bis sie von selbst umfallen, und auch das werden tüchtige Erwachsene :-)
Wir sind da mental noch immer gern ein bisschen "preussisch"...
Schön, dass du dich hast freimachen können! :-)
Lieben Gruß,
Kristina
von
Kristina Wrede
am 07.08.2012