Frage im Expertenforum Recht an Nicola Bader:

Nachfrage zum Urlaub im BV

Frage: Nachfrage zum Urlaub im BV

mipaule

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Hallo Frau Bader, Danke für Ihre Antwort zu meiner Frage bzgl Urlaub während des BV. Ihre Antwort war, dass Urlaub als genommen gilt, sobald der Antrag genehmigt ist. Hier liegt mein Problem. Der Antrag war an dem Tag, an dem ich das BV eingereicht habe noch nicht genehmigt. Mein Chef hat meinen Antrag selbst korrigiert, da ich meinem Teamleiter sagte ich werde den Antrag nicht stellen, da ich ein BV habe. Zusätzlich hat mein Chef die "Genehmigung " einfach rückdatiert. Das ist doch nicht rechtens, oder? Viele Grüße!


mipaule

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Ja es war ein Kollege anwesend als das besprochen wurde. Und ich habe eine Kopie des nicht genehmigten Antrags, welchen ich hätte korrigieren sollen mit nach Hause genommen. Mein Teamleiter meinte noch scherzhaft als "Andenken". Sehr schade, das heißt wohl dass ich im Notfall meinen Rechtsschutz einschalten muss...?


ALF0709

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Dein Kollege wird wohl nicht GEGEN seinen Arbeitgeber und FÜR dich aussagen. Die logische Folge kann sich ja wohl jeder denken - er wird seinen Job verlieren.


Behnke

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Es ist doch unerheblich, ob der Urlaub genehmigt war7ist oder nicht. Der Urlaub bleibt Dir grundsätzlich erhalten. Leider wird sich bzgl. der Genehmigung auf ein sehr altes Urteil gestützt, welches nicht mehr gültig ist: Durch die inhaltliche Neubesetzung des § 17 MuSchG wird klargestellt, dass Ausfallzeiten wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote (hierzu gehören außer den Schutzfristen auch alle Zeiten sonstiger Beschäftigungsverbote) als Beschäftigungszeiten gelten und somit keine Minderung des Erholungsurlaubs rechtfertigen. Insbesondere der Teil der Entscheidung des BAG ist überholt, dass „nach der bereits erteilter Erholungsurlaub, der wegen der Schutzfristen nicht mehr genommen werden kann, verfällt. Unter „Urlaub erhalten“ i.S.v. § 17 Satz 2 MuSchG ist zu verstehen, dass die Arbeitnehmerin tatsächlich bezahlten Erholungsurlaub in Anspruch nehmen konnte und nicht nur, dass der Arbeitgeber ihn bewilligt hatte.“ (vgl. Tillmanns, Christoph S. 815; aus Bundesurlaubsgesetz: Der aktuelle Praxiskommentar zum Bundesurlaubsgesetz. 2014: 3. Auflage) Das bisher stets bemühte Urteil des Bundesarbeitsgerichtes BAG Urteil vom 09.08.1994 - 9 AZR 384/92 datiert auf einen Zeitpunkt zu dem der §17 MuSchG noch gar nicht gesetzt war. Die Argumentation, dass man § 17 MuSchuG nicht als eine Parallelnorm zu § 9 BUrlG betrachten kann, die entsprechend zur Krankheit die Nichtanrechnung der Beschäftigungsverbotstage auf den Jahresurlaub regelt, entspricht der Argumentation des genannten Urteils des BAG. Bei Rz. 40 wird darauf verwiesen, dass „alle urlaubsstörende Ereignisse als Teil des persönlichen Lebensschicksals in den Risikobereichs des AN fallen. Nur soweit der Gesetzgeber oder die Tarifparteien besondere urlaubsrechtliche Normen wie § 9 BUrlG setzen … kommt die Anwendung der allgemeinen Gefahrtragungsvorschriften nicht in Betrag.“ Vor dem Hintergrund, dass zum Zeitpunkt dieses Urteils eine entsprechende Norm (also § 17 MuSchG) nicht vorhanden war, war dies soweit zutreffend. Mit Neufassung des § 17 MuSchG (13.03.2002/ Bundestags-Dr. 14/8525) hat der Gesetzgeber aber genau dies getan und „eine neue urlaubsrechtliche Sondervorschrift für schwangere Frauen und Mütter geschaffen“. (vgl Düwel; Awkr-ar; 2. Auflage 2010,§ 7 BurlG; Rz 80, S. 2535). Insbesondere Prof. Franz Josef Düwell argumentiert hier explizit gegen die fortbestehende Gültigkeit des BAG Urteils von 1994: Nach § 17 (1) MuSchG gelten demnach die Ausfallzeiten der Beschäftigungsverbote als Beschäftigungszeiten. „Daraus wird geschlossen, dass der Gesetzgeber den … Untergang des Urlaubsanspruches bei allen mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverboten ausschließen und so die Anwendung des Leistungsstörungsrechtes in der Rechtsprechung des BAG auf Schwangere und geschützte Mütter korrigieren will“ (vgl. ebenda; Rz 81 ff.). Prof. Franz Josef Düwell war Vors. Richter am Bundesarbeitsgericht, dem Gericht an dem das damalige Urteil gesprochen wurde. Diese Sichtweise, dass das damalige Urteil des BAG mit Neufassung des § 17 MuschG überholt ist, wird auch von Küttner geteilt (vgl. Handbuch Personal von 2007) sowie Breier/Dassau , im Kommentar zum TVöD und im Münchner Kommentar zum Arbeitsrecht steht hierzu: „Mit der Bestimmung der Urlaubszeit, also der Festlegung des Beginns und des Endes des Urlaubs, hat der Arbeitgeber die für die Erfüllung des Urlaubsanspruchs erforderliche Leistungshandlung vorgenommen. Die Leistung ist bewirkt, wenn der Leistungserfolg eingetreten ist, also der Arbeitnehmer den Urlaub erhalten hat.“ Hierzu wird auf die neuere Rechtsprechung des EuGH verwiesen, nach der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit haben muss, den Urlaub auch zu nehmen (EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Rn. 42, Slg. 2009, I-179


mipaule

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Wenn ich das richtig verstehe bedeutet dies, entgegen der Rechtsinfo von Frau Bader, dass es egal ist, ob der Urlaub genehmigt war oder nicht? Ich kann ihn nicht nehmen und basta? Oder habe ich das falsch verstanden? Werde scheinbar nicht um meinen Anwalt kommen. Seitens AG ist es seit Tagen sehr still, die schauen gerade wohl auch inwieweit sie sich aus der Affäre ziehen können. Wobei ich die Tatsache der Dokumentenfälschung schon sehr hart finde...


Behnke

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Ja, es ist unerheblich, ob der Urlaub bereits genehmigt ist oder nicht. Der Urlaub darf grundsätzlich nicht verfallen. Leider ist bzgl. des Sachverhaltes noch die alte Sichtweise bei vielen Arbeitgebern und auch einigen Anwälten sehr verbreitet, da dieser Zusammenhang vielfach einfach übersehen wird oder auf das alte BAG Urteil verwiesen wird. Dass es kein neueres Urteil hierzu gibt, liegt auch darin begründet, dass es mit dem nun neugefassten §17 MuSchG wohl nicht mehr erforderlich geworden ist, tatsächlich den Klageweg zu beschreiten. Fakt ist, dass das alte BAG-Urteil aus dem Leistungsstörungsrecht des BGB abgeleitet wurde, da es das MuSchG in dieser Form noch nicht gab. Diese Ableitung ist nun nicht mehr möglich, weil es seit 2002 den neuen §17 gibt und diese Spezialnorm anzuwenden ist. Diese Auslegungen und Sachverhalte zusammenzutragen hat ein gutes Stück Mühe gekostet, aber wir konnten in einem ähnlichen Fall die Rechtsabteilung eines großen Arbeitgebers überzeugen, nicht mehr an der alten Verfahrensweise festzuhalten. Über die Quellenangaben kannst du auch alle gemachten Aussagen in diversen Rechtskommentaren wiederfinden. Viel Erfolg.


mipaule

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Vielen Dank für deine ausführliche Antwort! Dann werde ich das wohl mal so an meinen Anwalt weiterleiten, sollte mein AG tatsächlich diesen Weg beschreiten wollen.


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