Frage im Expertenforum Recht an Nicola Bader:

Elterngeldberechnung bei vorheriger angestellten UND freiberuflichen Tätigkeit

Nicola Bader

 Nicola Bader
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht

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Frage: Elterngeldberechnung bei vorheriger angestellten UND freiberuflichen Tätigkeit

KaWi

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Liebe Frau Bader, am 9.12.2017 ist unser Sohn geboren und ich würde gerne Elterngeld beantragen. Ich habe folgende vorherige Einkommenssituation: Januar-Mai 2016: 30 Stunden/Woche angestellt Juni-Dezember 2016: 35 Stunden/Woche angestellt Januar-Dezember 2017: 35 Stunden/Woche angestellt +(Lohnerhöhung ab Nov) Juni-November 2017: 5 Stunden/Woche freiberuflich Es ist ja so, dass bei selbständiger Tätigkeit das vorherige Kalenderjahr, also bei mir 2016, veranschlagt wird. In meinem Fall ist dies aber nachteilig, da ich 1. 2016 in meinem Angestelltenverhältnis weniger verdient habe als in den letzten 12 Monaten vor Geburt und 2. ja 2016 noch keine Einkünfte aus Selbständigkeit hatte. Ich weiß, dass das Gesetz das letzte volle Kalenderjahr vorsieht und habe auch schon bei der zuständigen Elterngeldstelle angefragt. Die Dame konnte oder wollte aber nicht auf die Problematik eingehen und hat nur gesagt: Das ist egal, für Sie gilt 2016, tragen Sie 0 Stunden und 0 € aus Selbständigkeit ein. Sie dürfen die Selbständigkeit nicht verheimlichen... Damit möchte ich mich nicht abfinden. Ich sehe nicht ein, dass ich, weil ich 2017 mehr verdient habe, weniger Elterngeld bekommen soll. Der Sinn des Elterngeldes ist es doch, Verdienstausfall wegen eines Kindes zu kompensieren. Der obige Bemessenszeitraum ist doch widersinnig. Deshalb meine Fragen: Gibt es schon einen ähnlichen Präzedenzfall der evtl. gerichtlich geklärt wurde? Wieviel Spielraum hat die Elterngeldstelle bei Anerkennung des Bemessenszeitraum zur Elterngeld-Berechnung? Viele Grüße KaWi


Nicola Bader, Rechtsanwältin

Nicola Bader, Rechtsanwältin

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Hallo, da gibt es verscheidene Entscheidungen zu - da hat man leider keine Chance. Liebe Grüße NB


Dojii

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Ja tatsächlich gibt es schon mehrere Präzedenzfälle, die bis vor das Bundessozialgericht getragen wurden und diese wurden alle im Sinne des Gesetzes und gegen den Selbstständigen entschieden. So gesehen wirst du da wenig bis keine Handhabe haben, das das höchste deutsche Sozialgericht bereit mehrfach in exakt diesem Sachverhalt die Gesetzeslage ausnahmslos bestätigt hat. Das BSG hat zudem entschieden, dass die Elterngeldstellen keinen Spielraum bei der Anerkennung des Bemessungszeitraumes haben, da das Elterngeldgesetz in diesem Fall kein Ermessen vorsieht sondern die Regelung eindeutig vorgibt. Aktuellste Beispiele sind: Urteil vom 21.6.2016, B 10 EG 8/15 R Urteil vom 27.10.2016, B 10 EG 4/15 R


KaWi

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Hallo Dojii, vielen Dank für die schnelle und kompetente Antwort! Dann muss ich wohl damit leben. Wenn ich die Urteilsbegründung richtig verstehe, wurde es abgewiesen wegen des unzumutbaren Verwaltungsaufwandes der Berechnung. Das ist vielleicht noch nachzuvollziehen. In dem Sinne kann ich akzeptieren, dass die freiberufliche Tätigkeit nicht angerechnet wird. Das diese dann allerdings nicht einfach ignoriert werden kann, sondern sogar nachteilhaft ist, finde ich mit dem Urteil nicht begründbar.


Dojii

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Im Urteil vom 21.06.2016 wird noch folgendes gesagt: "Die damit in atypischen Fällen wie dem der Klägerin verbundenen Härten ließen sich nicht vermeiden, ohne dass ua maßgeblich mit § 2b BEEG verfolgte Konzept der Verwaltungsvereinfachung weitgehend aufzugeben." Aussage dahinter ist die, dass eine Prüfung, ob das Hinzuziehen der selbstständigen Tätigkeit überhaupt erst zu einer Verschlechterung des Elterngeldes führt schon zu viel Aufwand bedeuten würde, um diese Vorprüfung überhaupt zu rechtfertigen. Sprich man kann die Selbstständigkeit nur ignorieren wenn man weiß, dass sie zu einer Schlechterstellung führen würde. Das kann man wiederum nur durch eine Vorprüfung herausfinden. Und schon diese Vorprüfung empfindet das Gericht als unzumutbaren Verwaltungsaufwand und schließt es deshalb ohne Ausnahme aus.


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