Meine beiden großen Kinder (heute 25 und 23 Jahre) gehören zur Generation "Baumwollwindeln" und "Kinderkrippe in der DDR".
Es war einfach üblich, die Babys - sobald sie selbständig sitzen konnten, regelmäßig auf das Töpfchen zu setzen. Mit einem Jahr kamen sie dann in die Kinderkrippe und auch dort gab es zunächst regelmäßge Gruppen-Topf-Zeiten (ich habe da noch ein Bild, da sitzten alle Kinder nebeneinander auf den Töpfchen) dann wurden tagsüber die Windeln einfach weggelassen, damit das Kind "merkt wenn es pullert". So waren meine Tochter mit 1 Jahr und 3 Monaten und mein Sohn mit 1 Jahr und 6 Monaten tagsüber sauber.
Danach ging man an die "Sauberkeitserziehung" in der Nacht - indem man das Kind zunächst 22 Uhr (also meist wenn die Eltern ins Bett gingen) im Halbschlaf nochmal auf das Töpfchen setzte. usw.
Ich weiss jetzt nicht mehr genau, wann meine beiden dann auch nachts sauber waren, länger als bis zum 2. Geburstag hat es aber auf keinen Fall gedauert.
Laut meiner Mutter, lief unsere Sauberkeitserziehung auch nicht anders ab.
Später (also nach der Wende - Generation "Pampers") sah man (für mich plötzlich) immer mehr Babys/Kinder MIT Windeln - hat mich aber nicht wirklich weiter interessiert - es betraf mich ja nicht. Dachte nur manchmal: "wie faul".
Nun lese ich hier und anderswo immer wieder, dass die Babys/Kinder so früh noch gar nicht sauber werden können, dass man die Kinder erst aufs Töpfchen setzen soll, wenn sie es wollen usw.
Habe ich und Tausende andere Mütter unsere Kinder überfordert?
Nun habe ich noch einen Nachzügler (er wird bald 9 Monate) bekommen und frage mich, was ist nun richtig? Frühe Sauberkeitserziehung - oder nicht?
Schadet es dem Kind, wenn es regelmäßig auf das Töpfchen (z.B. wenn die Mama auf die Toilette geht) gesetzt wird?
von
bectab
am 15.08.2011, 15:35
Antwort auf:
Sauberkeitserziehung - etwas verwirrt bin
Hallo bectab
Bevor man wußte, dass die Kleinen ihre Blasen- und Darmtätigkeit erst mit ca. 2 Jahren kontrollieren können, wurde ihnen das Benutzen vom Töpfchen geradezu antrainiert. Sie wurden mehr oder weniger stark unter Druck gesetzt und zu blindem Gehorsam "gezwungen", während heute viel früher und viel mehr ein selbstständiges, kritisches Denken und Handeln geradezu notwendig ist.
Früher machte "man Das so, weil es eben so gemacht wurde" heute gehen die Kleinen aus Einsicht auf den Topf um dort zu pieseln und ihr großes Geschäft zu machen.
Ohne jeglichen Druck können Sie ihr Kind selbstverständlich auch heute noch auf den Topf setzen, der aber mehr als Spielzeug angesehen wird.
Früher wie heute lernen die Kleinen ganz von allein trocken zu werden, wenn auf ihr individuelles Entwicklungstempo Rücksicht genommen wird und wenn sie sich am Verhalten ihrer vertrauten Bezugspersonen orientieren können.
Liebe Grüße und: bis bald?
von
Christiane Schuster
am 15.08.2011
Antwort auf:
Sauberkeitserziehung - etwas verwirrt bin
Leider sind mir keine jüngeren Daten bekannt. Frau Schuster, sind Ihnen noch neuere Studien bekannt??
Siehe folgenden Link: www.kispi.uzh.ch/Kinderspital/Medizin/Medizin/AWE/Publikationen/Artikel_3.pdf , besonders die Grafik auf S. 54.
Töpfchentraining hat weder positive noch negative Auswirkungen (sprich man kann es lassen und warten, bis das Kind älter ist bzw. es selbst will).
Die Autoren schreiben: "Zwischen 12 und 24 Monaten waren etwas mehr Kinder der ersten [Töpfchentraining mit ca.1 Jahr] als der zweiten Studie [Töpfchentraining mit knapp 3 Jahren] tagsüber trocken. Das frühere und intensivere Training in der ersten Studie wirkte sich scheinbar positiv aus. Die "trockenen" Kinder machten aber nur deshalb nicht mehr in die Windeln, weil sie von ihren Miittern bis zu zehnmal pro Tag auf den Topf gesetzt wurden. Mit 36 Monaten waren die Resultate umgekehrt. Es waren nun mehr Kinder der zweiten als der ersten Studie trocken. Das ausgedehnte Training der ersten Studie scheint sich nun verzögernd auf die Entwicklung der Blasenkontrollea ausgewirkt zu haben. Mit 48 und 60 Monaten waren etwa gleichviele Kinder in den beiden Studien tagsüber trocken. Eine statistische Analyse ergab, dass weder ein signifikant positiver noch negativer Trainingseffekt nachzuweisen war (Largo et al. 1996)"
Viele Grüße
von
björg
am 16.08.2011, 13:38