Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Kindergarten

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Kindergarten

Cymbeline81

Sehr geehrter Dr Nohr, unser Sohn ist 3 und geht seit August in den Kindergarten. Nachdem die ersten Tage super waren, gab es eine Zeit, in der er nicht wollte. Die Erzieherin hatte meinen Mann, der die Eingewöhnung gemacht hat, weg geschickt, bevor unser Sohn dazu bereit war. Nun geht er zwar hin, hat dort auch laut Aussage der Erzieherin keine Probleme. Er spielt und weint nicht, aber wenn ich ihn abhole, sagt er immer, dass es nicht schön war und er weinen musste, weil er zu Mama und Papa wollte. Er ist schon immer sehr sensibel gewesen und seit dem Tod seiner kleinen Schwester besonders sensibel für Lärm. Ich bin auch wieder schwanger, was ihn zumindest die ersten Monate sehr irritiert hat. Daher versuchen wir sehr darauf zu achten, wie es ihm geht, da er die Trauer ja mit voller Wucht mitbekommen hat. Nun weiß ich nicht, wie ich diese konträren Aussagen von Erzieherin und ihm deuten soll. Er sagt auch manchmal in Situationen, in denen ich dabei bin und sehe, dass es ihm Spaß macht hinterher, dass es nicht schön war. Das hat mich schon beruhigt, dass es dann wohl doch nicht ganz so schlimm ist. Das macht er aber erst, seitdem er im Kiga ist. Ist das normal, dass Kinder das machen? Weiß langsam nicht mehr, was ich davon ernst nehmen kann und muss. Mit einzelnen Kindern kann er super spielen, im Gruppenkontext scheint es ihm schwer zu fallen, einen passenden Spielpartner zu finden. Herzlichen Dank für Ihre Arbeit.


Hallo, für mich hört es sich so an, als sei Ihr Sohn in seiner Grundstimmung verunsichert, was nach einem solchen familiären Schock gut verständlich wäre. Das würde heißen, dass er zwar spielen und sich freuen kann, wenn aber die Ablenkung vorbei ist, macht sich diese Verunsicherung wieder bemerkbar und das Traurige kommt zum Vorschein. Das ist also kein Widerspruch und selbstverständlich können Sie ihm glauben, denn Beides stimmt. Im Umgang mit ihm bedeutet das, dass er Zeit und Raum braucht, seine Fragen und Unsicherheiten (ein neues Kind, stirbt das vielleicht auch?, warum sterben Kinder? usw.) zum Ausdruck zu bringen. In ruhigen Momenten kann man das auch ansprechen, was er über Leben und Tod denkt. Hatte er den Platz, mit seiner Trauer und Verunsicherung umzugehen, anzukommen. Hat er das Gefühl, Sie oder den Vater als Leidtragende damit belasten zu können? Gerade sensible Kinder werden durch solche Erfahrungen (Schock in der ganzen Familie) oft sehr belastet und brauchen genügend Platz und Zeit, das einigermaßen zu integrieren. Nehmen und geben Sie sich und ihm diese Zeit. Dr.Ludger Nohr


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