Die Luft ist raus - Köpfchen noch nicht im Becken

Liebe Grüße von der Februarhaltestelle.

Ich bin 1.63cm groß. Meine Tochter hatte keinen Platz und ist trotzdem erst in der 39. SSW ins Becken gerutscht.

Ich werbe auch dafür, es ruhig angehen zu lassen und lasse mal eine Geschichte da:

Als wir aufs Land zogen, sagte mir die seit 30 Jahren tätige Landhebamme über den baufälligen Gartenzaun hinweg, die Babys kommen nicht, wenn sie einem Sportprogramm ausgesetzt werden. Ich bin damals in der 38. SSW umgezogen und bin 5 Treppen gelaufen, mitten im Sommer, dann runter vom Umzugswagen, rauf auf'n Hügel und rein ins Haus. Und habe mich gewundert, weil nichts passierte. Ich habe schon halb damit gerechnet, das Kind kommt durch die körperliche Anstrengung, und ich muss zwischen demontierten Möbeln, Bauschutt und Umzugskisten entbinden. Klar, ich hatte einen harten Bauch und Wassereinlagerungen, aber sonst ist nichts passiert. Ich hatte auch wahnsinnig viel Energie, so, wie ich es unschwanger von mir nicht kannte.

Sie lachte ganz herzlich und meinte, die "modernen" Frauen würden immer versuchen, die Babys "herauszuturnen" und belasten sich in den letzten Wochen extrem. Und es würde nie funktionieren.

Dann hielt sie mir den "Landfrauen-Vortrag": Sie meinte, die wenn körperlich hart arbeitende Frauen auf ihre Kinder warteten, dann hörten sie auf, zu arbeiten und legten die Beine hoch. Sie sagte, die Babys tanken vor der Geburt nochmal Kraft, sie füllen ihre Energiespeicher in der winzigen Leber und nehmen sich, was sie kriegen können. Wenn Stresshormone durch die Plazenta rauschen, dann sei dies eher ein Signal für: "Hey, Mama rennt schon wieder vorm Mammut davon, es passt grad nicht."

Sie meinte, auf diese Art und Weise bestimmen die Landfrauen ihren Geburtstermin. Sie nehmen sich eine Pause, legen sich hin, ruhen sich aus, geben dem Baby Ruhe und Zeit, alles zusammenzupacken. Das sei das Signal, dass es losgehen könne.

Ich so: "Jaja..." und habe freundlich gewunken. Sie war nicht meine Hebamme, und ich wollte keine archaische Hausgeburt, bäh, nee, bloß nicht. Herausbeamen oder durch den Storch bringen lassen, ja. Aber lasst mich mit der Geburt in Ruhe. Igitt. Damit wollte ich mich nicht befassen. Also, je länger die Schwangerschaft ging, umso besser.

Naja. Zwei Wochen später war das meiste vom Umzug her erledigt. Das, was ich noch in Kisten hatte, wollte ich in meiner laaaaaangen Elternzeit machen, wenn das Baby den gaaaaaanzen Tag schläft und ich davon genug habe, mit dem Kinderwagen im Café zu sitzen, mit dem Kinderwagen am Strand ein Buch zu lesen, mit dem Kinderwagen die Shoppingtouren beendet zu haben.


Immerhin, ich war ja Erstgebärende; ich würde eh 2 Wochen über den Termin gehen. Also hey, machen wir das Beste draus. Also habe ich in SSW 40 Kinokarten gekauft, Restaurants reserviert, einen Spa-Tag gebucht, eine kleine Liste gemacht, was ich alles noch tun wollte in den zwei "freien" Wochen.

Aber erstmal musste ich mich tatsächlich ausruhen. Es war Mittwoch, am Donnerstag (am ET) wollte ich ins Kino. Ich war lange in der Wanne, lag auf der Couch, habe Serien geschaut. Am nächsten Tag war ich früh beim CTG, hatte ein bisschen Bauchgrimmen, was ich für Verdauungsbeschwerden hielt, bin vom CTG zurück, niemand hat mir etwas Aufregendes gesagt. Ich bin wieder in die Wanne, mich abkühlen, da es die heißesten Tage im Jahr waren. Dann wieder aufs Sofa.

Ins Kino kam ich an dem Tag nicht mehr. Meine Tochter kam eine halbe Stunde vor Ablauf des ET, ohne irgendwelche Vorzeichen. Nach 1.5 Tagen auf dem Sofa.


Denke ich, dass unsere Landhebamme Recht hatte? Mittlerweile glaube ich ganz fest daran. Auch, wenn Koinzidenz keine Korrelation sein muss.

Ich wünsche dir entspannte letzte Wochen. Nimm dir Zeit für dich und für all das, was nach der Geburt nicht mehr geht. Ich war nie mit dem Kinderwagen irgendwo, in keinem Café und an keinem Strand. Ich war nie eine von den entspannten Müttern, die ihre schlafenden Babys vor sich herschieben und ihren Sommer genießen. Ich hatte ein High Need Baby, das 10 Monate lang im Tuch an mit geklebt hat, lange Schreiphasen und schwierige Nächte hatte. Wir sind nach dieser Zeit auf dem Zahnfleisch gegangen. Damit hätten wir nie gerechnet.

Meine Tochter ist heute eines der unkompliziertesten, pflegeleichteste Kinder, das ich mit vorstellen kann. Es wurde leichter, mit der Zeit.